Zukunft des Ärztlichen Bereitschaftsdienstes:

vlnr.: Dr. Arne Vetter (Obmann der Viernheimer Notdienstgemeinschaft), Dr. Christoph Neuberger (Ärztlicher Direktor des St- Josef-Krankenhauses), Gerd Kath (Krankenhaus-Geschäftsführer) und Bürgermeister Matthias Baaß

Ziel: Erhalt des Bereitschaftsdienstes in Viernheim in Kooperation mit Weinheim – Postkarten-Aktion soll Viernheimer Forderungen Nachdruck verleihen – Sie ziehen an einem Strang: Viernheimer Ärzte, St. Josef-Krankenhaus und Stadt Viernheim. Klar formuliert ist das Ziel: Erhalt des Bereitschaftsdienstes in Viernheim durch Kooperation mit dem Bereitschaftsdienst im badischen Weinheim.

Bürgermeister Matthias Baaß will zur Erreichung dieses Zieles gleich drei Schritte verfolgen: Postkartenaktion, Gespräch mit der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) in Frankfurt sowie Schreiben an den Sozialminister und die Landtagsabgeordneten.

Vor allem mit der Postkartenaktion, für die Dr. Arne Vetter (Obmann der Viernheimer Notdienstgemeinschaft), Dr. Christoph Neuberger (Ärztlicher Direktor des St- Josef-Krankenhauses), Gerd Kath (Krankenhaus-Geschäftsführer) und Bürgermeister Matthias Baaß vor dem Krankenhaus-Eingang kräftig die Werbetrommel rührten, will man dem Vorstandsvorsitzenden der KV, Frank Dastych, und dessen Stellvertreter, Dr. Günter Haas, die Forderung nach Rettung des Viernheimer Ärztlichen Bereitschaftsdienstes glasklar verdeutlichen.

Der Text auf der Postkarte hat folgenden Wortlaut, enthält folgende Forderungen:

Erhalt des Bereitschaftsdienstes in Viernheim durch Kooperation mit dem Bereitschaftsdienst im badischen Weinheim!

  • Versorgungsfragen von den Experten vor Ort entscheiden lassen!
  • Kehren Sie zu dieser guten Lösung für Viernheim zurück!
  • Ländergrenzen dürfen in der Metropolregion Rhein-Neckar keine Rolle spielen!

Die Protestkarten liegen seit gestern in allen Arztpraxen (außer Zahnarztpraxen) aus, ebenso in allen Apotheken, im Krankenhaus und im Rathaus-Foyer (Telefonzentrale).

Die Verantwortlichen würden sich freuen, wenn sich möglichst viele Viernheimer Bürgerinnen und Bürger hieran beteiligen könnten. Einfach Absender angeben, mit 45-Cent-Briefmarke frankieren und ab die Post!

Vorige Woche war dieses Thema Gegenstand einer ausführlichen Diskussion im Sozial- und Kulturausschuss. Im Ratssaal drängten sich etliche Besucher, um sich durch die Stellungnahmen von Dr. Arne Vetter (Obmann der Viernheimer Notdienstgemeinschaft), Dr. Christoph Neuberger (Ärztlicher Direktor des St- Josef-Krankenhauses), Gerd Kath (Krankenhaus-Geschäftsführer) und Bürgermeister Matthias Baaß näher informieren zu können.

Zur Information:

Viernheims Bürgermeister Matthias Baaß ist mit der vorgesehenen Neuregelung des Ärztlichen Bereitschaftsdienstes (ÄBD) für Viernheim nicht einverstanden. Die Kassenärztliche Vereinigung Hessen (KV) hat sich leider für eine „rein hessische“ Lösung entschieden (Bereitschaftsdienste in Lampertheim, Heppenheim und Lindenfels) und eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit verschiedener hessischer Dienstbereiche mit dem baden-württembergischen Bereich in Weinheim abgelehnt.

Ursprünglich zog die KV eine Zusammenarbeit über Ländergrenzen hinweg -wie auch von Dr. Arne Vetter, Obmann der Viernheimer Ärzte für die Notdienstzentrale gefordert- als realistische Perspektive in Betracht, lehnt diese neuerdings aber ab. Und dennoch verweist die KV auf den Bereitschaftsdienst in Weinheim, der aus ihrer Sicht von den Viernheimer Bürgern in Anspruch genommen werden könne. Nach Kapazitätsgründen in Weinheim wird allerdings nicht gefragt, heißt es in einer Pressemitteilung der städtischen Presse- und Informationsstelle.

Sowohl Bürgermeister Matthias Baaß als auch der Obmann des Bereitschaftsdienstes in Weinheim, Dr. Volker Pfisterer, verweisen darauf, dass die personelle Besetzung des Bereitschaftsdienstes in Weinheim (GRN-Klinik Weinheim, Röntgendstraße 1) nur für die Patienten aus dem eigentlichen Gebiet ausreichend sei. Dazu zähle –so Baaß- Viernheim aufgrund der Entscheidung der KV Hessen nicht.

Baaß zeigt sich enttäuscht über die geplante Neustruktur des „Ärztlichen Bereitschaftsdienstes Bergstraße“: „Wieder einmal gereicht die geographische Randlage Viernheims zu Baden-Württemberg unserer Stadt zum Nachteil. Leider ist die Kassenärztliche Vereinigung Hessen dem Vorschlag der Experten vor Ort, mit unserer näher liegenden Nachbarstadt Weinheim zu kooperieren, nicht gefolgt. Somit ist die medizinische Versorgung der Bevölkerung Viernheims nach der derzeitigen Entschlusslage nicht sichergestellt. Nicht alle Menschen verfügen über ein Auto, über Geld für ein Taxi. Bei Mitbenutzung des Weinheimer Dienstes wird dieser zusammenbrechen.“

Bereits mit Schreiben vom 28. November 2013 an die KV Hessen forderte Baaß eine Fortführung des Bereitschaftsdienstes in Viernheim. Und auf Antrag der CDU-Fraktion sprach sich die Viernheimer Stadtverordneten-Versammlung am 17. Dezember vorigen Jahre deutlich für den Erhalt des ÄBD in Viernheim aus. Die Parlamentarier forderten die KV Hessen zudem auf, von den geplanten Änderungen Abstand zu nehmen.

Ferner beauftragte das Stadtparlament den Sozial- und Kulturausschuss, gemeinsam mit der Verwaltung eine öffentliche Anhörung der KV-Vertreter hierzu durchzuführen – unter Beteiligung der Viernheimer Ärzte sowie des Gesundheitsnetzes. Die Kassenärztliche Vereinigung war zu dieser Sitzung am 19. Februar eingeladen worden, hatte die Einladung allerdings abgelehnt. An dieser Sitzung nahmen auch Dr. Arne Vetter, Viernheimer Obmann, und Gerhard Kath, Geschäftsführer des St. Josef-Krankenhauses Viernheim (bisheriger Standort des ÄBD), teil.

Am 13. Januar teilte die KV Hessen dem Bürgermeister mit, dass der neue „Ärztliche Bereitschaftsdienst Bergstraße“ (zuständig auch für Viernheim) drei Standorte umfassen wird:

Die ÄBD-Zentrale im Kreiskrankenhaus Heppenheim als Hauptstandort, der auch spätabends und nachts eine ambulante medizinische Versorgung in Kooperation mit einem Notkrankenhaus bietet. Ferner die beiden ÄBD-Zentralen in Lampertheim und Lindenfels, die für den West- bzw. den Ostteil der Region in stärker frequentierten Zeiten –insbesondere an Wochenenden und Feiertagen- zusätzlich geöffnet sind.

In dem KV-Schreiben heißt es weiter: „Wegstrecken von 30 Minuten (Fahrtzeit Pkw, normale Verkehrsverhältnisse) sind Patienten grundsätzlich zuzumuten, andernorts in Hessen sind die Wege zum ÄBD teils deutlich weiter. Da die Bürger von Viernheim zudem auch den ÄBD in Weinheim in Anspruch nehmen können, sehen wir hier keine besondere Belastung, da auch die Wege nach Heppenheim oder Lampertheim deutlich im obengenannten Rahmen bleiben.“

Dies sieht Viernheims Bürgermeister Baaß völlig anders:

„Solche Versorgungsfragen sollten von Experten vor Ort entschieden werden, nicht vom grünen Tisch aus.“

Ganz aktuell hat sich die Kassenärztliche Vereinigung Hessen gegen Koalitionspläne in Berlin bei einem anderen Thema (Aufkauf freiwerdender Arztsitze) gewandt und darauf gepocht, „dass Versorgungsfragen von Experten vor Ort entschieden werden müssen.“