EVG fordert neue Prioritäten

Der EVG Ortsverband Neustadt/Weinstraße ehrte in Lambrecht seine Jubilare.

Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) fordert von der neuen Bundesregierung eine deutlich andere Schwerpunktsetzung in der Verkehrspolitik. Das machte Walter Greiner, Leiter der EVG-Geschäftsstelle Karlsruhe bei der Jubilarenehrung in Lambrecht für den EVG Ortsverband Neustadt/Weinstraße deutlich. Im Rahmen dieser Veranstaltung ehrte er zahlreiche Mitglieder für langjährige Zugehörigkeit zur EVG.

„Die Weichen müssen neu gestellt werden, wir brauchen dringend einen Masterplan Verkehr“, so Greiner. Dabei komme es darauf an, jeden Verkehrsträger entsprechend seiner Stärken zu fördern. „Bislang habe sich die Frage der Ökologie zu sehr den Forderungen nach Ökonomie unterordnen müssen“, kritisierte Greiner. „Wir wollen eine nachhaltige Verkehrspolitik, die in ihren Entscheidungen beispielsweise auch den Flächenverbrauch, den Schadstoffausstoß und die Kosten, die die Gesellschaft beispielsweise für die Folgen von Verkehrsunfällen eines jeden Verkehrsträgers aufbringen muss, berücksichtigt. Vor diesen wichtigen Faktoren verschließe die Politik immer wieder die Augen. Derzeit werde immer stärker auf die Straße gesetzt und die Eisenbahn zunehmend benachteiligt, kritisierte Greiner. Ein Beispiel dafür sei die zunehmende Forderung nach einem Mehr an Elektromobilität. Während die beim Auto noch in den Kinderschuhen stecke, fahre die Bahn schon seit langem überwiegend elektrisch. Durch das EEG-Gesetz kämen auf den Verkehrsträger Schiene nun finanzielle Belastungen zu, die auf der Straße nicht zu Buche schlagen. Außerdem müsse berücksichtigt werden, dass in den nächsten zehn Jahren rund 70 % der Bediensteten in den Ruhestand gehen. „Mainz ist überall“ sagte er. Es gelte, 2014 rund 7.000 neue Stellen zu schaffen, denn es herrsche in absoluter Fachkräftemangel. Außerdem gelte es, die Zwangsdividenden an den Bund abzuschaffen.

Beim Güterverkehr, bei dem mit jedem Cent gerechnet werde, käme es zu deutlichen Benachteiligungen zu Ungunsten der Schiene. Das, so Walter Greiner, müsse endlich ein Ende haben. Es sei nicht länger hinnehmbar, dass ausgerechnet der ökologischste aller Verkehrsträger, die Schiene, durch Steuern und Abgaben belastet werde, die für den Straßen- und Luftverkehr nicht anfallen. Zugleich forderte Greiner nachhaltige Investitionen ins Schienennetz. Die zunehmenden Warenströme, die prognostiziert würden, könnten nur bewältigt werden, wenn eine ausreichende Infrastruktur vorhanden sei. Im Netz werde aber „auf Verschleiß gefahren“. Viele Brücken seien sanierungsbedürftig, zahlreiche „Langsamfahrstellen“ behinderten den Schienenverkehr. „Hier muss in den nächsten Jahren dringend investiert werden“, machte Greiner deutlich. Als „Transitland“ dürfe Deutschland nicht zum „Nadelöhr in Europa“ werden. Kritik gab es auch zum Thema Busverkehr in Neustadt. 

Eine intakte Infrastruktur sei insbesondere auch im Hinblick auf einen leistungsfähigen öffentlichen Personennahverkehr  von Nöten. „Heute müssen die Weichen dafür gestellt werden, dass ältere Menschen auch in Zukunft mobil bleiben“, stellte Greiner fest. Streckenstilllegungen und der Rückzug aus der Fläche drohten, wenn die Prioritäten falsch gesetzt würden. Auch in dieser Frage müsste der von der EVG geforderte „Masterplan Verkehr“ die notwendigen politische Leitlinien setzen. Deutlich mehr Engagement für den Verkehrsträger Schiene sei aber nicht nur in Deutschland notwendig, wir müssen auch in Europa deutlich machen, wie Eisenbahn bei uns funktioniert“, stellte der Leiter der EVG-Geschäftsstelle fest. Dass von EU-Verkehrskommissar Kallas forcierte, so genannte 4. Eisenbahnpaket, sehe eine faktische Zerschlagung des Unternehmens Deutsche Bahn vor. Dies habe zum einen für die Beschäftigten gravierende Folgen. 

Zum anderen hätten auch Bahnreisende gravierende Nachteile zu befürchten. Durch eine völlige Liberalisierung der Verkehrsleistungen, für die künftig nur noch der Wettbewerb maßgeblich sein soll, bestehe die Gefahr, dass sich Eisenbahnverkehrsunternehmen nur noch auf so genannte „Rennstrecken“ konzentrieren und Randlagen nicht mehr bedient werden. „Wer in ländlichen Regionen wohnt, steht dann möglicherweise bald ohne Eisenbahn da“, so Walter Greiner. Die EVG fordere, die berechtigten Interessen der Menschen wieder in den Mittelpunkt zu stellen. Dies gelte insbesondere für die Personalplanung bei den Eisenbahnen. Jahrelang seien die Warnungen der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft ignoriert worden; das Desaster von Mainz habe schlagartig deutlich gemacht, wie angespannt die personelle Situation bei der DB AG tatsächlich sei. Und das nicht nur im Bereich der Fahrdienstleiter, auch in den Werkstätten, bei den Zugbegleitern und Lokführern, im Service, selbst in den Büros klagten die Kolleginnen und Kollegen über eine enorme Arbeitsverdichtung und offenkundige Lücken in der Personalausstattung. 

Deshalb müsse jetzt die Personalplanung in allen Bereichen der Deutschen Bahn überprüft werden. „Wir haben dabei nur ein Ziel“, so Greiner.  Die DB AG muss so viele neue Mitarbeiter einstellen, dass die unzähligen Überstunden, die es im Unternehmen gibt, endlich abgebaut und bislang nicht genommener Urlaube endlich gewährt werden. Alle geplanten Schichten sind künftig zu besetzen und Mehrleistung müsse auf ein Minimum reduziert werden. Nur so könne die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gewährleistet werden, das sei der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft ein ganz wichtiges Anliegen. Von einem regen Leben in der Seniorenabteilung sprach Alois Friko, bei der Frauengruppe wünschte sich Elvira Dickmann etwas mehr Mitarbeit.