Kooperationskindertagesstätte „Muslimischer Kindergarten und städtische Krippe“ unter einem Dach

Bundesweit einzigartiges Projekt in Mannheim gestartet:

Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz eröffnet die Kooperationskita im Beisein von Integrationsministerin Öney, dem türkischen Generalkonsul Aksen und Bürgermeisterin Dr. Ulrike Freundlieb

Mit der Kooperationskindertagesstätte „Muslimischer Kindergarten und Städtische Kinderkrippe Kleestraße“ unter einem Dach hat Mannheim einen bundesweit einzigartigen Weg beschritten. Am 4. Dezember wurden beide Einrichtungen von Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz und Bildungsbürgermeisterin Dr. Ulrike Freundlieb in Anwesenheit des türkischen Generalkonsuls, Serhat Aksen und der Ministerin für Integration des Landes Baden Württemberg, Bilkay Öney feierlich eröffnet.

Bei der gemeinsam genutzten Einrichtung handelt es sich um ein interkulturelles Pilotprojekt zur Förderung von Toleranz und Offenheit in Mannheim, das in dieser Form bundesweit einzigartig ist. Die Stadt Mannheim übernimmt die Betreuung von zwei Krippengruppen, der „Verein zur Gründung und Erhaltung muslimischer Kindergärten“ betreut zwei Kindergartengruppen im Ganztagesbetrieb. Die beiden Einrichtungen haben eine enge fachliche Kooperation vereinbart. Neben der Unterbringung beider Einrichtungen in einem Gebäude teilen sich die Erzieher beider Einrichtungen gemeinsame Personalaufenthaltsräume, um den Austausch untereinander zu vereinfachen. Die Krippen- und Kindergartenkinder nutzen gemeinsam das Außengelände.

„Vielfalt ist immer auch mit Herausforderungen verbunden“, so die Integrationsministerin. Oftmals gebe es sowohl bei Einheimischen als auch bei Zuwanderern Ängste, Vorurteile und Vorbehalte. Deshalb komme Integration ohne gegenseitiges Vertrauen nicht weit. Öney: „Ein muslimischer Kindergarten macht dann integrationspolitisch Sinn, wenn wir durch ihn Eltern und Kinder erreichen, mit denen wir wahrscheinlich erst spät in Kontakt gekommen wären. Frühzeitige Förderung ist die Basis für den weiteren Bildungserfolg.“

Der 2. Mannheimer Bildungsbericht hat noch einmal deutlich gemacht, dass Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund überdurchschnittlich häufig von Bildungsbenachteiligung betroffen sind. Das gilt insbesondere im Stadtteil Neckarstadt-West. Ein wichtiges Ziel des Kooperationsprojektes „Städtische Krippe Kleestraße und Muslimischer Kindergarten“ ist es, durch eine frühe Sprachförderung, der Elternarbeit und das Ganztagesangebot einen Beitrag zum Bildungserfolg junger Mannheimer Muslime zu leisten und gleichzeitig die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu gewährleisten.

„Als Kooperationsprojekt hat es Vorbildcharakter, um ein gutes Miteinander von Anfang an erlebbar zu machen. Die dazu erforderlichen Ideen und Projekte werden gemeinsam mit einem Beirat entwickelt“, erklärt Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz. „Dieser wird das Projekt fachlich begleiten, mit Rat und Tat zur Seite stehen und in der Öffentlichkeit repräsentieren. Die positive Selbstbindung an die Unterstützungsleistung durch den Beirat ist ein wichtiges Signal des Trägervereins, um frühzeitig Missverständnissen oder gesellschaftlichen Fragen durch ein offenes und transparentes Auftreten entgegenzutreten.“

Der Beirat ist überkonfessionell und überparteilich zusammengesetzt. Unter ihnen sind Vertreter aller großen Mannheimer Religionsgemeinschaften, Vertreter der politischen Parteien, Vertreter der Wissenschaft und ausgewiesenen Kenner der islamischen Theologie. Namhafte Mitglieder sind beispielsweise Monika Baldus (Dekanin Hochschule Mannheim), Raif Georges Khoury, (Islamwissenschaftler Heidelberg), Hava Engin (Pädagogische Hochschule Heidelberg) und Günter Vogt (Kommissarische Fachbereichsleitung Jugendamt a.D.).

Beide Seiten sind von der Idee getragen, gemeinsam mit den Eltern bessere Zugänge zum Bildungssystem zu schaffen, durch eine verbindliche und regelmäßige Zusammenarbeit mit anderen Kindergärten, die frühkindliche Bildung in Mannheim zu stärken und in trägerübergreifenden Fachgremien durch den fachlichen Austausch die Subsidiarität in Mannheim zu stärken, um so zur Verwirklichung der strategischen Ziele Mannheims, Bildungsgerechtigkeit, Talentförderung und Integration beizutragen. „Die Teilhabe des Trägervereins am Mannheimer Bildungssystem im Rahmen der Jugendhilfe, die Sprachförderangebote und der geplante muttersprachliche Unterricht sind wichtige Elemente unserer auf Bildung und Partizipation angelegten Integrationsstrategie“, betonte Bürgermeisterin Dr. Ulrike Freundlieb bei der offiziellen Eröffnung. Damit ist Mannheim Vorreiter in der institutionellen Bildungslandschaft im frühkindlichen Bereich.

Die Angebote des Kooperationsprojekts städtische Krippe und muslimischer Kindergarten sind für die gesamte Mannheimer Bevölkerung offen. Die Bewerbung um einen Krippen- oder Kindergartenplatz erfolgt über das Mannheimer Registrierungssystem MeKi.

FAQ’s zum muslimischen Kindergarten:

1. Wie sieht das Konzept des muslimischen Kindergartens aus?

Das Konzept des Kindergartens orientiert sich eng an dem in Baden-Württemberg geltenden Orientierungsplan für Bildung und Erziehung in Kindergärten. Zu den zentralen Inhalten gehören beispielsweise die Themenfelder Körper, Sprache, Denken sowie Gefühl und Mitgefühl. Ein weiteres zentrales Anliegen ist die Bewegungsförderung.

Ein besonderer Schwerpunkt des Kindergartens liegt auf der Förderung der deutschen Sprache. Durch einen geplanten türkischen Ergänzungsunterricht soll die muttersprachliche Kompetenz der türkisch stämmigen Kinder verbessert werden. Wichtiger Bestandteil des Konzeptes ist die intensive Elternarbeit. Das primäre Ziel ist die Stärkung des Bildungsweges der Kinder.

2. Wie groß ist die Kooperationseinrichtung?

In der städtischen Krippe gibt es 20 Plätze in zwei Gruppen.
Im muslimischen Kindergarten gibt es 40 Plätze in zwei Gruppen.

3. Welche Sprache wird im muslimischen Kindergarten gesprochen?

Im muslimischen Kindergarten wird deutsch gesprochen.

4. Wer ist Träger dieses Kindergartens?

Der Träger des muslimischen Kindergartens ist der „Verein zur Gründung und Erhaltung muslimischer Kindergärten“. Der Verein ist multiethnisch zusammengesetzt. Neben zahlreichen deutschen und türkisch stämmigen Mitgliedern sind auch Mitglieder der Bosnischen Gemeinde Mitglied des Vereins und des Vorstandes; weitere Mitglieder stammen aus Tunesien oder dem Irak. Der Träger erkennt die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion e.V. (Ditib) als Dachverband an.

5. Wie sieht die Stadt Mannheim die Beteiligung der Ditib?

Die Stadt Mannheim hat mit der Ditib gute Erfahrungen gemacht. Die der Ditib zugehörige Türkisch Islamische Gemeinde zu Mannheim e.V. ist der Träger der 1995 erbauten Yavuz-Sultan-Selim-Moschee. In Mannheim wird das Prinzip der offenen Moschee gelebt. Deshalb ist die Moschee auch im städtischen Zentrum erbaut worden. Sie ist zu einem Symbol für die Toleranz und Offenheit der Stadt Mannheim. Die Türkisch Islamische Gemeinde ist Mitglied im gesamtstädtischen Arbeitskreis der islamischen Glaubensrichtungen (AKIG). Der AKIG hat sich in Mannheim als wichtige Interessenvertretung der Mannheimer Muslime etabliert und trägt zu einer gelebten Kultur des Miteinanders bei. Die Einrichtung eines Kindergartens, dessen Trägerverein Ditib als Dachverband anerkennt, ist in dieser Kontinuität zu sehen.

6. Wieso hat es vom Beschluss bis zur Errichtung des muslimischen Kindergartens so lange gebraucht?

Der Beschluss zur Gründung und zum Betrieb eines muslimischen Kindergartens wurde am 11.01.2010 durch den Fachausschuss gefasst. Von der Auftragserteilung durch den Gemeinderat bis zur Eröffnung hat es jetzt gut drei Jahre gedauert. Das ist für Neubauprojekte dieser Art keine Seltenheit.
Der Ausschuss beauftragte den Träger und das Jugendamt, einen geeigneten Standort für den muslimischen Kindergarten zu suchen. Von Anfang an war die Verwaltung mit der GBG im Gespräch, ob im Planungsgebiet Neckarstadt–West eine Möglichkeit des Betriebes des muslimischen Kindergartens erschlossen werden kann. Im Rahmen des Krippenausbauprogramms wurde das Objekt in der Kleestraße/Rainweidenstraße als für eine Kooperationslösung geeignet identifiziert.

7. Was bedeutet die Eröffnung eines muslimischen Kindergartens für die Stadt aus integrationspolitischer Sicht?

Aus Sicht der Stadt Mannheim leistet der Kindergarten in muslimischer Trägerschaft einen Beitrag zu den drei strategischen Zielen der Stadt Mannheim, Bildungsgerechtigkeit, Talentförderung und Integration.
Der 2. Mannheimer Bildungsbericht hat noch einmal deutlich gemacht, dass Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund überdurchschnittlich häufig von Bildungsbenachteiligung betroffen sind. Das gilt insbesondere im Stadtteil Neckarstadt-West.
Ein wichtiges Ziel der Kooperationskindertagesstätte „Muslimischer Kindergarten und Städtische Kinderkrippe Kleestraße“ ist es, durch eine frühe Elternarbeit und gezielte Sprachförderung einen Beitrag zum Bildungserfolg junger Mannheimer Muslime zu leisten.
Angesichts des demographischen Wandels und des spürbaren Rückgangs der Bevölkerung ist die Investition in junge Talente ein zentrales Ziel der Stadt Mannheim. Ziel ist es, durch eine frühe Beteiligung der Migranten – Kinder, Eltern, Vereine – eine frühe Beteiligung am kommunalen Bildungssystem zu gewährleisten. Es gilt alle Kinder hinsichtlich ihrer Herkunfts- und Werterfahrungen abzuholen und ihnen die gleichen Chancen in unserem Bildungssystem anzubieten.
Der Muslimische Trägerverein nimmt als Träger der Freien Jugendhilfe aktiv am Bildungssystem der Stadt Mannheim und dem gelebten Prinzip der Subsidiarität teil. Integration durch Bildung und Beteiligung an den gesellschaftlichen Institutionen ist ein Weg, um die Teilhabe aller Mannheimerinnen und Mannheimer muslimischen Glaubens (10 Prozent der Bevölkerung) zu gewährleisten. Die Kooperationskita hat einen Beirat, der die beiden Einrichtungen begleiten wird, um zu überprüfen, wieweit diese strategischen Ziele auch verwirklicht werden.

8. Was sind die Aufgaben des Beirats der Kooperationskindertagesstätte?

Der Beirat ist überkonfessionell und überparteilich zusammengesetzt. Unter Ihnen sind Vertreter aller großen Mannheimer Religionsgemeinschaften Vertreter der politischen Parteien, Vertreter der Wissenschaft und ausgewiesenen Kenner der islamischen Theologie. Der Beirat wird das Projekt fachlich begleiten, mit Rat und Tat zur Seite stehen und in der Öffentlichkeit repräsentieren.
Der Beirat wählt aus seinen Reihen einen Beiratssprecher, der das Gremium nach außen und gegenüber der Verwaltung vertritt.
Der Beirat verfolgt fünf zentrale Ziele: Er erarbeitet ein gemeinsames Leitbild für beide Einrichtungen; er prüft die Sicherung des pädagogischen Konzepts in der Umsetzung; er wird sich die Wirkung der Sprachförderung anschauen; er begleitet die Einrichtungen bei der Vorbereitung der wissenschaftlichen Evaluation und wird dazu beitragen höchstmögliche Transparenz und Offenheit gegenüber der Öffentlichkeit herzustellen.
 

9. Sieht die Stadtverwaltung einen weiteren Bedarf für muslimische Kindergärten in Mannheim?

Grundsätzlich ist anzumerken, dass ein plurales Angebot, das Wahl- und Wunschrecht der Eltern und das Subsidiaritätsprinzip wesentliche Prinzipien des Kinder- und Jugendhilfegesetzes sind. Daher trägt ein muslimischer Kindergarten zur Trägervielfalt und zur Verwirklichung des Wunsch und Wahlrechts der Eltern bei und unterstützt das Erziehungsrecht der Eltern. Die Eltern entscheiden durch ihre Wahl, ob Sie einem Träger das Vertrauen schenken, die eigenen Kinder zu betreuen.
Freie Träger sind in ihrer Entscheidung frei, Kindertagesstätten in Mannheim zu errichten, wenn sie die entsprechenden Konditionen erbringen können. Derzeit gibt es drei Kinderbetreuungseinrichtungen in Muslimischer Trägerschaft. Zwei Einrichtungen der „Kindertagespflege in anderen geeigneten Räumen“ haben in den letzten Jahren ihren Betrieb aufgenommen („Kleine Wunder“ und “Bambini“).
 Es ist absehbar, dass bei einem Bevölkerungsanteil von 10 Prozent an Mannheimern muslimischen Glaubens, von denen sicherlich nicht alle einen konfessionellen Träger suchen, der Bedarf an Einrichtungen in muslimischer Trägerschaft übersichtlich sein wird. Wichtig ist es aber zu berücksichtigen, dass die Stadt Mannheim auf die Freien Träger angewiesen ist, um eine ausreichende Betreuungsdichte bei der Kinderbetreuung sicherzustellen.