Zukunft des Ärztlichen Bereitschaftsdienstes: Bürgermeister: Versorgungsfragen sollten von Experten vor Ort entschieden werden

Baaß: „Medizinische Versorgung der Viernheimer Bürger mit vorgesehener Neuregelung nicht sichergestellt!“

Künftig will die Kassenärztliche Vereinigung drei Dienste zur Verfügung stehen: in Lampertheim, Heppenheim und Lindenfels. Viernheims Bürgermeister Matthias Baaß ist mit der vorgesehenen Neuregelung des Ärztlichen Bereitschaftsdienstes (ÄBD) für Viernheim nicht einverstanden. Die Kassenärztliche Vereinigung Hessen (KV) hat sich leider für eine „rein hessische“ Lösung entschieden (Bereitschaftsdienste in Lampertheim, Heppenheim und Lindenfels) und eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit verschiedener hessischer Dienstbereiche mit dem baden-württembergischen Bereich in Weinheim abgelehnt.

Ursprünglich zog die KV eine Zusammenarbeit über Ländergrenzen hinweg -wie auch von Dr. Arne Vetter, Obmann der Viernheimer Ärzte für die Notdienstzentrale gefordert- als realistische Perspektive in Betracht, lehnt diese neuerdings aber ab. Und dennoch verweist die KV auf den Bereitschaftsdienst in Weinheim, der aus ihrer Sicht von den Viernheimer Bürgern in Anspruch genommen werden könne. Nach Kapazitätsgründen in Weinheim wird allerdings nicht gefragt, heißt es in einer Pressemitteilung der städtischen Presse- und Informationsstelle.

Sowohl Bürgermeister Matthias Baaß als auch der Obmann des Bereitschaftsdienstes in Weinheim, Dr. Volker Pfisterer, verweisen darauf, dass die personelle Besetzung des Bereitschaftsdienstes in Weinheim (GRN-Klinik Weinheim, Röntgendstraße 1) nur für die Patienten aus dem eigentlichen Gebiet ausreichend sei. Dazu zähle –so Baaß- Viernheim aufgrund der Entscheidung der KV Hessen nicht.

Baaß zeigt sich enttäuscht über die geplante Neustruktur des „Ärztlichen Bereitschaftsdienstes Bergstraße“: „Wieder einmal gereicht die geographische Randlage Viernheims zu Baden-Württemberg unserer Stadt zum Nachteil. Leider ist die Kassenärztliche Vereinigung Hessen dem Vorschlag der Experten vor Ort, mit unserer näher liegenden Nachbarstadt Weinheim zu kooperieren, nicht gefolgt. Somit ist die medizinische Versorgung der Bevölkerung Viernheims nach der derzeitigen Entschlusslage nicht sichergestellt. Nicht alle Menschen verfügen über ein Auto, über Geld für ein Taxi. Bei Mitbenutzung des Weinheimer Dienstes wird dieser zusammenbrechen.“

Bereits mit Schreiben vom 28. November 2013 an die KV Hessen forderte Baaß eine Fortführung des Bereitschaftsdienstes in Viernheim. Und auf Antrag der CDU-Fraktion sprach sich die Viernheimer Stadtverordneten-Versammlung am 17. Dezember vorigen Jahre deutlich für den Erhalt des ÄBD in Viernheim aus. Die Parlamentarier forderten die KV Hessen zudem auf, von den geplanten Änderungen Abstand zu nehmen.

Ferner beauftragte das Stadtparlament den Sozial- und Kulturausschuss, gemeinsam mit der Verwaltung eine öffentliche Anhörung der KV-Vertreter hierzu durchzuführen – unter Beteiligung der Viernheimer Ärzte sowie des Gesundheitsnetzes. Die Kassenärztliche Vereinigung ist zu dieser Sitzung am 19. Februar eingeladen worden, an der auch Dr. Arne Vetter, Viernheimer Obmann, und Gerhard Kath, Geschäftsführer des St. Josef-Krankenhauses Viernheim (bisheriger Standort des ÄBD), teilnehmen werden.

Am 13. Januar teilte die KV Hessen dem Bürgermeister mit, dass der neue „Ärztliche Bereitschaftsdienst Bergstraße“ (zuständig auch für Viernheim) drei Standorte umfassen wird:

Die ÄBD-Zentrale im Kreiskrankenhaus Heppenheim als Hauptstandort, der auch spätabends und nachts eine ambulante medizinische Versorgung in Kooperation mit einem Notkrankenhaus bietet. Ferner die beiden ÄBD-Zentralen in Lampertheim und Lindenfels, die für den West- bzw. den Ostteil der Region in stärker frequentierten Zeiten –insbesondere an Wochenenden und Feiertagen- zusätzlich geöffnet sind.

In dem KV-Schreiben heißt es weiter: „Wegstrecken von 30 Minuten (Fahrtzeit Pkw, normale Verkehrsverhältnisse) sind Patienten grundsätzlich zuzumuten, andernorts in Hessen sind die Wege zum ÄBD teils deutlich weiter. Da die Bürger von Viernheim zudem auch den ÄBD in Weinheim in Anspruch nehmen können, sehen wir hier keine besondere Belastung, da auch die Wege nach Heppenheim oder Lampertheim deutlich im obengenannten Rahmen bleiben.“

Dies sieht Viernheims Bürgermeister Baaß völlig anders: „Solche Versorgungsfragen sollten von Experten vor Ort entschieden werden, nicht vom grünen Tisch aus.“ Ganz aktuell hat sich die Kassenärztliche Vereinigung Hessen gegen Koalitionspläne in Berlin bei einem anderen Thema (Aufkauf freiwerdender Arztsitze) gewandt und darauf gepocht, „das Versorgungsfragen von Experten vor Ort entschieden werden müssen.“