Zuchterfolg bei den hochbedrohten Roloway-Meerkatzen

Große Freude im Zoo Heidelberg

Bei den Roloway-Meerkatzen gab es gesunden Nachwuchs.

Die winzige Roloway-Meerkatze ist erst fünf Tage alt und unternimmt bereits erste selbstständige Krabbelversuche.

Natürlich freut man sich im Zoo Heidelberg über jedes gesunde Jungtier, doch der erneute Zuchterfolg bei den hochbedrohten Roloway-Meerkatzen ist nicht nur für die Zoomitarbeiter etwas ganz Besonderes. Die Geburt der kleinen Meerkatze, deren Geschlecht zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht feststeht, ist ein großer Erfolg für das Europäische Erhaltungszuchtprogramm dieser schönen, aber leider fast ausgerotteten Affenart aus Westafrika.

In der Kleinfamilie geht es harmonisch zu. Bereits wenige Stunden nach der Geburt „zeigte“ Mutter Manou ihren jüngsten Nachwuchs den Besuchern, was immer darauf hindeutet, dass sich die junge Familie entspannt und sicher fühlt. In den ersten Wochen klammert sich das Jungtier fast ausschließlich an den Bauch der Mutter, bevor es dann alleine seine Umgebung erkundet und Zoobesucher durch kecke Spielversuche begeistert. Roloway-Meerkatzen sind tagaktive Baumbewohner und leben in Haremsgruppen, die aus einem dominanten Männchen, mehreren Weibchen und deren Nachwuchs bestehen.

Die kleine Roloway-Meerkatze, die am 24. Februar geboren wurde, zählt zu den seltensten Tieren in menschlicher Obhut weltweit. Sie stehen durch Bejagung und Rodung riesiger Flächen der Regenwälder am Rande des Aussterbens. Die schönen, eleganten Tiere mit ihren langen, weißen Bärten, dem schwarz-braun glänzenden Fell und flinken Bewegungen kommen nur noch im Regenwald der östlichen Elfenbeinküste und dem westlichen Ghana vor. In den sumpfigen Waldresten im Grenzgebiet beider Länder konnte in den letzten Jahren mit Hilfe vom Zoo Heidelberg und dem Artenschutzprojekt WAPCA ein kleiner Bestand nachgewiesen werden. Es ist wahrscheinlich die größte Restpopulation dieser faszinierenden Affenart auf der Welt. So zählt die Roloway-Meerkatze zu den 25 bedrohtesten Affenarten der Welt. Eine Jury der bedeutendsten Primatologen und Naturschützer hat sie schon zum vierten Mal auf diese von „Conservation International“ herausgegebene Liste gewählt – ein zweifelhafter Ruhm. 

Kein Zoo in Nordamerika, Asien oder Australien hält diese hochbedrohte Tierart. Der Zoo Heidelberg züchtete in den letzten zehn Jahren 13 Tiere nach und ist damit die bedeutendste Zuchtstätte weltweit. In Heidelberg leben zwei Gruppen Roloway-Meerkatzen. Eine Gruppe mit vier Tieren lebt im kleinen Affenhaus, die andere Gruppe mit dem jüngsten Nachwuchs bewohnt ein Gehege im Menschenaffenhaus.

„An wohl keiner anderen Tierart lässt sich so gut verdeutlichen, wie wichtig der Zoo für den Arten- und Naturschutz ist“, resümiert Zoodirektor Dr. Klaus Wünnemann. „Mit den Roloway-Meerkatzen als Flaggschiff wollen wir durch unsere Arbeit ihren Lebensraum schützen, der zu den artenreichsten Regionen der Erde zählt. Sind wir beim Schutz der Roloway-Meerkatze erfolgreich, können hunderte von Arten vor der Ausrottung bewahrt werden“.

Infokasten Artenschutzprojekt WAPCA

Um ein endgültiges Aussterben wildlebender Populationen zu verhindern, wurde bereits im Jahre 2001 vom Zoo Heidelberg das Artenschutzprogramm „West African Primate Conservation Action“ (WAPCA) ins Leben gerufen, das sich ganz dem Schutz der Primatenarten dieses sensiblen Lebensraums verschrieben hat. WAPCA wird vom Zoo Heidelberg aus koordiniert. Mit Spenden und festen Beiträgen der WAPCA Mitgliedzoos wird unter anderem das Primatenzentrum „Endangered Primate Breeding Centre“ in Accra, der Hauptstadt Ghanas finanziert. Hier werden illegal gehaltene und beschlagnahmte bedrohte Affenarten aufgenommen und auch nachgezüchtet.

Das Engagement von WAPCA ist langfristig angelegt. An dem Projekt beteiligen sich neben dem Zoo Heidelberg elf weitere europäische Zoos sowie die Zoologische Gesellschaft für Arten- und Populationsschutz (ZGAP). Das WAPCA-Projekt vereinigt verschiedene Herangehensweisen zum Schutz der bedrohten Primaten. So gehören zu den wichtigsten Aufgaben die Durchführung von Tierbestandaufnahmen, Ausbildung und Bezahlung von Wildhütern, Förderung von organisiertem Ökotourismus, Einrichtung von Schutzgebieten, Aufklärung der lokalen Bevölkerung über den Schutz der Affen und das Betreiben des Primatenzentrums für beschlagnahmte Affen im Zoo in Accra, das für die Öffentlichkeitsarbeit genutzt wird. Schulklassen besuchen die Affengehege und übernehmen Patenschaften für die Tiere, dadurch bekommen sie einen anderen Bezug zu den einheimischen Affen, die sie bisher nur als Fleischangebot auf den Märkten kannten. Sie erfahren etwas über die Lebensweise der einheimischen Tierarten, ihre Bedrohung und was nachhaltige Nutzung der Ressourcen im Land bedeutet. Aber auch für die erwachsene lokale Bevölkerung stellt das Primatenzentrum mittlerweile ein lohnenswertes und informatives Ausflugsziel dar.