Der Kinderkrippe „Weschnitzpiraten“ in Birkenau droht das Aus

Durch jahrelanges Verzögern und Taktieren seitens der Gemeindevertreter und der Verwaltung droht im Odenwald-Örtchen Birkenau die Schließung einer Krippe für unter dreijährige Kinder. Zehn Kinder werden dort derzeit betreut, die Warteliste ist voll.

Dieses Szenario dürfte einmalig im Kreis Bergstraße, in Hessen ja wahrscheinlich in ganz Deutschland sein: Während überall der gesetzlich geforderte Ausbau von sogenannten U-3-Plätzen forciert wird, steht in Birkenau die Krippe „Weschnitzpiraten“ (ein Projekt der Elterninitiative „Birkenauer Sonnenkinder e. V.“) vor dem Aus. 

„Wir sind seit dem Start 2006 ausgelastet, wir sind fester Bestandteil der kommunalen Bedarfsplanung, wir arbeiten verlässlich und wirtschaftlich“, so der Vorsitzende Uwe Detken. Trotzdem schaffen es die Gemeindevertreter seit Jahren nicht, ein zukunftsfähiges Konzept für diese Betreuungseinrichtung  zu beschließen. Seit Jahren kämpft der ehrenamtlich geführte Verein für neue Räume. Verschärft wurde die Situation, als 2013 im bislang genutzten Gebäude massiver Schimmelbefall festgestellt wurde. Die „Weschnitzpiraten“ mussten in Container in den Ortsteil Reisen umziehen, die dafür ausgestellte befristete Betriebserlaubnis der zuständigen Behörde läuft zum Juli aus.  Deshalb drängt die Zeit. Sollte es in der Sitzung der Gemeindevertreter am 8. April kein klares Bekenntnis für den Fortbestand der Betreuungseinrichtung geben, gehen bei den „Weschnitzpiraten“ die Lichter aus.

Gemeinde gibt Fördermittel zurück

Schon vor zwei Jahren hatte die Elterninitiative genehmigungsreife Pläne für einen Neubau vorgelegt. Diese wurden jedoch nicht umgesetzt. Bereits bewilligte Fördermittel in Höhe von 175.000 Euro gab die Gemeinde damals wieder zurück.
„Wir haben uns an den Bürgermeister, an die Gemeindevertreter und den Landrat gewandt und gefragt, wie es sein kann, dass eine Gemeinde erst Fördergelder wieder zurückschickt und jetzt über zu hohe Kosten eines notwendigen Neubaus debattiert“, so Detken. 

Doch damit nicht genug: Seit Bestehen der Krippe hat die Gemeinde über 250.000 Euro an Landesfördermitteln erhalten. Sollte die Betreuungseinrichtung nun geschlossen werden, muss die Gemeinde dem Land Hessen diese zweckgebundenen Gelder in Teilen sehr wahrscheinlich zurückerstatten. In einem offenen Brief hat Detken darauf und auf weitere ungeklärte Fragen hingewiesen. Eine klare Antwort hat er nie bekommen – weder von der Gemeindeverwaltung noch von den politischen Fraktionen.

Weitere Verzögerungen bedeuten die Schließung

„Für uns bedeuten alle weiteren Verzögerungen die zwangläufige Schließung der Einrichtung“, macht Detken klar.  In einem Gespräch mit Bürgermeister Helmut Morr  Anfang der Woche hat er eine klare Stellungnahme der Gemeindeverwaltung eingefordert.  In dem Gespräch habe der Bürgermeister bestätigt, dass auch die Verwaltung keine Alternative zu einem Anbau an den Kindergarten Reisen sieht. Alle anderen von der Politik neu aufgebrachten Varianten werden von den beteiligten Experten als nicht sinnvoll angesehen.  „Der Eindruck drängt sich auf, dass hier Animositäten zwischen den Fraktionen und parteipolitisches Taktieren im Vordergrund stehen und nicht das Wohl der Kinder“, so Detken.

Der Vereinsvorsitzende sieht bei der Sitzung am 8. April zunächst den Bürgermeister in der Pflicht: „Die Verwaltung muss Verantwortung übernehmen und die derzeitige Situation, die bestehenden Möglichkeiten und deren Konsequenzen bei der Sitzung der Gemeindevertretung unmissverständlich klar machen“, fordert Detken. „Der Bürgermeister muss die Kommunalpolitiker auf den drohenden Schaden für die Gemeinde hinweisen.“

„Einen weiteren Verweis in Ausschüsse oder anderweitiges politisches Taktieren können wir nur als Ablehnung unserer Arbeit ansehen.“ Dies hätte zwangläufigen die Schließung der Einrichtung zur Folge, so Detken. „Es liegt nun an den Entscheidungsgremien der Gemeinde, sich ihrer sozialen Verantwortung bewusst zu werden und zum Wohl der Kinder, ihrer Eltern und einer zukunftsfähigen Gemeinde Birkenau zu entscheiden.“ 

Weitere Informationen:

Der Verein Birkenauer Sonnenkinder e. V. wurde 2005 als Elterninitiative gegründet, weil es in Birkenau keine Betreuungsplätze für unter dreijährige Kinder gab.
Mit mehreren hundert Arbeitsstunden wurde ein Nebengebäude des Rathauses kindgerecht umgebaut, 2006 wurde der Betrieb aufgenommen.
Der Verein beschäftigt fünf Erzieherinnen. Seit 2006 haben bereits mehr als 60 Kinder das Angebot wahrgenommen.