Eilanträge der von der kommunalen Gebietsreform betroffenen Verbandsgemeinden Manderscheid und Enkenbach-Alsenborn erfolglos

Kommunal- und Verwaltungsreform

Die Anträge der von der kommunalen Gebietsreform betroffenen Verbandsgemeinden Manderscheid und Enkenbach-Alsenborn auf Erlass einer einstweiligen Anordnung noch vor den anstehenden Kommunalwahlen haben keinen Erfolg. Dies entschied der Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz in Koblenz.

Im Zuge der Kommunal- und Verwaltungsreform werden durch Landesgesetz zum 1. Juli 2014 die Verbandsgemeinde Manderscheid in die Verbandgemeinde Wittlich-Land und die Verbandsgemeinde Hochspeyer in die Verbandsgemeinde Enkenbach-Alsenborn eingegliedert. Das Gesetz regelt zudem, dass der Verbandsgemeinderat und der Bürgermeister der jeweils umgebildeten Verbandsgemeinde am Tag der allgemeinen Kommunalwahlen, d.h. am 25. Mai 2014, gewählt werden. Gegen die Eingliederungen haben die Verbandsgemeinden Manderscheid und Enkenbach-Alsenborn jeweils einen Normenkontrollantrag beim Verfassungsgerichtshof gestellt, da sie sich in ihrem Recht auf kommunale Selbstverwaltung verletzt sehen.

Beide Verbandsgemeinden stellten zudem beim Verfassungsgerichtshof einen Eilantrag mit dem Ziel, den Vollzug der Eingliederungsgesetze vorläufig bis zu einer Entscheidung über ihre Normenkontrollanträge auszusetzen. Außerdem regten sie an, den umgebildeten Verbandsgemeinden so genannte „Wohlverhaltensanordnungen“ aufzugeben. Mit diesen Anordnungen sollen die umgebildeten Verbandsgemeinden etwa verpflichtet werden, keine aufschiebbaren Maßnahmen oder Entscheidungen zu treffen, die den Antragstellerinnen im Falle ihres Obsiegens in der Hauptsache die Wiederherstellung ihrer Selbstständigkeit unzumutbar erschweren oder nicht wiedergutzumachende Nachteile einbringen würden.

Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Anträge in vollem Umfang ab. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, ein Gesetz könne nur dann vorläufig außer Vollzug gesetzt werden, wenn dies aus schwerwiegenden Gründen dringend geboten sei. Nach der bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens – wie hier – gebotenen Folgeabwägung lägen derartige Gründe hier nicht vor.

Erginge eine derartige Anordnung, erwiese sich aber der Normenkontrollantrag der Antragstellerinnen später als unbegründet, würde für die Dauer des Hauptsacheverfahrens die Eingliederung der Verbandsgemeinden verzögert. Damit würde der demokratisch legitimierte Gesetzgeber vorübergehend an der Verwirklichung seines Konzepts einer kommunalen Gebietsreform gehindert, die er unter Hinweis auf die Gründe des Wohles der Allgemeinheit für geboten erachte.

Erginge hingegen die einstweilige Anordnung nicht, stelle sich aber später die Verfassungswidrigkeit des Eingliederungsgesetzes heraus, so seien die damit verbundenen Nachteile angesichts der dargelegten strengen Anforderungen an die Vollzugsaussetzung eines förmlichen Gesetzes weniger gewichtig. Insbesondere stünden die von den Antragstellerinnen befürchteten Kosten, die mit der Eingliederung einhergingen, einer etwaigen Rückgängigmachung der Gebietsänderung nicht entgegen. Entsprechendes gelte für die Verlegung der Verbandsgemeindeverwaltungen.

Auch die Wahl des Verbandsgemeinderats und des Bürgermeisters der umgebildeten Verbandsgemeinde am 25. Mai 2014 bringe keine schweren Nachteile mit sich. Die Gefahr einer Wahlwiederholung bestehe im Fall einer kommunalen Neugliederung grundsätzlich sowohl bei Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung als auch bei deren Ablehnung. In einer derartigen Situation sei eine einstweilige Anordnung nicht geboten. Hinzu komme hier Folgendes: Würde es zu einer vorläufigen Vollzugsaussetzung der Eingliederungsgesetze und damit verbunden der Vorschriften zu den Kommunalwahlen kommen, müssten die Wahlen an sich in den bisherigen Strukturen, d.h. auf der Grundlage der jetzigen Verbandsgemeindegrenzen durchgeführt werden. Hierfür seien allerdings keinerlei Vorkehrungen getroffen worden und könnten auch nicht mehr getroffen werden. Dies hätte zur Folge, dass die Wahlen faktisch nicht durchgeführt werden könnten. Damit werde jedoch ein Rechtszustand geschaffen, der schlechterdings nicht hinnehmbar wäre.

Auch eine Verschiebung des Wahltermins bis zur Entscheidung über die Hauptsache komme hier nicht in Betracht. Die Vorbereitungen der Wahlen hätten bereits jetzt ein Stadium erreicht und einen finanziellen Aufwand erfordert, der selbst durch den Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht mehr gemindert oder rückgängig gemacht werden könne. Die amtierenden Gemeinderäte seien zudem nur auf die Dauer von fünf Jahren gewählt. In der Verschiebung des Wahltermins und Verlängerung der Wahlzeit und Mandatszeit im Wege der einstweiligen Anordnung läge daher ein Eingriff in demokratische Rechte von erheblicher Tragweite. Die Durchführung der Kommunalwahlen schaffe im Übrigen keine vollendeten Tatsachen, die in ihrem politischen und rechtlichen Gewicht nicht mehr rückgängig gemacht werden könnten.

Ebenfalls nicht geboten, sei der Erlass der beantragten Wohlverhaltensanordnungen. Es sei weder vorgetragen, noch bestünden bereits zum jetzigen Zeitpunkt konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die umgebildeten Verbandsgemeinden vor Abschluss des Hauptsachverfahrens aufschiebbare Maßnahmen oder Entscheidungen treffen würden, die zu nicht mehr rückgängig zu machenden schwerwiegenden Folgen für die Antragstellerinnen im Falle ihres Obsiegens führen würden. Abgesehen davon gehe der Verfassungsgerichtshof davon aus, dass derartige Maßnahmen mit Rücksicht auf das Normenkontrollverfahren und seinen offenen Ausgang unterblieben. Ergäben sich gleichwohl zukünftig konkrete Anhaltspunkte dafür, dass derartige Maßnahmen drohten, so hätten die Antragstellerinnen die Möglichkeit, erneut beim Verfassungsgerichtshof um Rechtsschutz nachzusuchen.

Beschlüsse vom 23. Mai 2014, Aktenzeichen: VGH A 26/14 und VGH A 28/14