Selbstverteidigung mit Ju-Jutsu-Meister

Selbstverteidigungskurs in der "Turnhalle Plus X"

Ein dick gepolstertes Schild schützt die junge Frau vor den prasselnden Schlägen und Boxhieben der Angreiferin. Vier weitere Frauen sehen gespannt zu, eine geht ganz unwillkürlich selbst in die Angriffsposition. Die Situation spielt sich im Mannheimer Stadtteil Jungbusch ab – genauer: in der Turnhalle Plus X.

Die Übung ist Teil eines Selbstbehauptungskurses, den der mehrfache Deutsche Meister und zwölfmalige Landesmeister im Ju-Jutsu, Harald Born, leitet. Im Hauptberuf ist Born Leiter des Kommunalen Ordnungsdiensts und der Politessen in Mannheim. „Viele sonst sehr zurückhaltende Frauen sind hier einmal so richtig aus sich herausgegangen, haben laut geschrien und sind mit Fäusten und Füßen auf einen gepolsterten ‚Angreifer‘ losgegangen“, berichtet Born. „Das ist genau das, was wir den Frauen in dem Selbstbehauptungskurs vermitteln wollen: Bei einer Attacke nicht einfach passiv die Opferrolle einnehmen, sondern laut sein, andere Menschen in die Situation einbeziehen und dem Täter Contra geben.“

Mit dabei ist Nina Aleric. Die 30ährige Mitarbeiterin des Gemeinschaftszentrums Jungbusch hat die beiden Kurse koordiniert und ist nach eigener Auskunft „kein Angsthase“. Sie interessierte sich für den Kurs, weil sie einmal selbst eingeschritten ist, als eine Frau in der Innenstadt von einem alkoholisierten Mann verbal belästigt wurde. „Wenn es da zu Handgreiflichkeiten gekommen wäre, hätte ich nicht gewusst, was ich hätte tun sollen – vielleicht wäre ich dann sogar in eine Art ‚Schreckstarre‘ verfallen“, sagt Aleric. Jetzt weiß sie, welche Reaktion erfolgversprechend ist: „Wichtig ist es, bestimmt und selbstbewusst aufzutreten – auch wenn man es in dem Moment vielleicht gar nicht ist“, berichtet sie.

„Die kostenfreien Selbstverteidigungskurse sind ein Teilergebnis unserer Sicherheitsdialoge in den Stadtteilen“, berichtet Erster Bürgermeister und Sicherheitsdezernent Christian Specht. „Leider können wir die Nachfrage aus der Bevölkerung trotz des großen Angebots der Mannheimer Polizei und unserer eigenen Angebote nicht komplett befriedigen.“ Die Kurse mit Ju-Jutsu-Meister Born fanden an vier Abenden mit jeweils eineinhalb Stunden statt. Dabei diskutierten die Frauen nicht nur theoretisch, wie sie auftreten sollen und wie man sich am besten von einem Angreifer losreißen kann. Auch praktische Übungen kamen in den zwei Gruppen mit jeweils sechs bis acht Teilnehmerinnen zwischen elf und 50 Jahren nicht zu kurz.

„Ich habe jetzt ein noch sichereres Gefühl als vorher“, fasst Aleric ihre Erfahrungen aus dem gerade zu Ende gegangenen Kurs zusammen.