Gemeinsam Schwerverletzte optimal versorgen

TraumaNetzwerk Kurpfalz

Noch enger und effizienter zusammenarbeiten, damit Unfallopfer und Schwerverletzte innerhalb kürzester Zeit die bestmögliche Behandlung erhalten – je nach Verletzung in einer passenden Klinik: Mit diesem Ziel haben sich fünf Krankenhäuser und Kliniken der Region zum Traumanetzwerk Kurpfalz zusammengeschlossen.

Die teilnehmenden Kliniken unterzogen sich zuvor einer strengen Prüfung nach den Vorgaben der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU) und erfüllen – je nach vorhandener Kapazität und Ausrüstung – die Kriterien für höchste Qualität in der Versorgung von Unfallopfern. Am Freitag, 17. Oktober 2014, nimmt das Traumanetzwerk Kurpfalz offiziell seine Arbeit auf. Bei einer Intiierungsveranstaltung um 15.30 Uhr im Zentrum für Orthopädie, Unfallchirurgie und Paraplegiologie, Schlierbacher Landstr. 200a, 69118 Heidelberg, nehmen Vertreter der beteiligten Häuser die Zertifikate der DGU entgegen.

Dem Traumanetzwerk Kurpfalz gehören das Universitätsklinikum Heidelberg, die Universitätsmedizin Mannheim, die GRN-Klinik Sinsheim, das Kreiskrankenhaus Bergstraße in Heppenheim sowie der Standort Buchen der Neckar-Odenwald-Kliniken an. Das Amt des Traumanetzwerk-Sprechers übernimmt Professor Dr. Gerhard Schmidmaier, stellvertretender Direktor der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie innerhalb des Zentrums für Orthopädie, Unfallchirurgie und Paraplegiologie am Universitätsklinikum Heidelberg. Der stellvertretende Traumanetzwerk-Sprecher ist Professor Dr. Udo Obertacke, stellvertretender Direktor des Orthopädisch-Unfallchirurgischen Zentrums der Universitätsmedizin Mannheim.

Überall in Deutschland die gleichen Chancen auf bestmögliche Diagnose und Therapie

Derzeit gibt es deutschlandweit 47 TraumaNetzwerke mit 625 nach den Richtlinien der DGU geprüften und zertifizierten Traumazentren. Ihnen haben sich an den Landesgrenzen auch belgische, holländische, luxemburgische, schweizerische und österreichische Unfallkliniken angeschlossen. "Ein solches flächendeckendes und grenzüberschreitendes Netzwerk aus Behandlungszentren, die sich denselben Qualitätsstandards in der Versorgung von Verletzten verpflichten, ist derzeit weltweit einzigartig", erklärt Professor Schmidmaier. Ziel ist es, den jährlich weit mehr als 550.000 verletzten Unfallopfern, darunter rund 35.000 Schwerstverletzten, in Deutschland rund um die Uhr und an jedem Ort die gleichen Chancen auf bestmögliche Diagnose und Therapie und damit Überlebenschancen zu sichern. Aus diesem Grund muss jeder schwerverletzte Patient per Rettungswagen oder -hubschrauber innerhalb von 30 Minuten zu einer Klinik gebracht werden können, die über entsprechende Ausstattung und Expertise für die Behandlung seiner Verletzungen verfügt.

Zur klaren Orientierung für Notarzt, Rettungsdienste und Meldestellen werden die teilnehmenden Traumazentren in drei Versorgungsstufen mit unterschiedlichen Anforderungen eingeteilt: Kreiskrankenhäuser und kleinere Kliniken stellen als schnell erreichbare lokale Traumazentren die Basisversorgung sicher und übernehmen die Behandlung häufiger Einzelverletzungen wie Brüche, Schnittwunden oder Verrenkungen und Verstauchungen. Die größeren regionalen Traumazentren sind auf die Behandlung komplexerer Verletzungen eingestellt. Schwerstverletzte, insbesondere mit komplizierten und lebensgefährlichen Mehrfachverletzungen, sind Fälle für die überregionalen Traumazentren mit hoch spezialisierten und interdisziplinären Notfall-Teams. Im neuen Traumanetzwerk Kurpfalz sind dies die Universitätskliniken in Heidelberg und Mannheim.

Klar geregelte Wege und Abläufe sparen Zeit

Indem sich die verschiedenen Traumazentren einer Region zu einem Netzwerk zusammenschließen, ist für alle Arten von Verletzungen vorgesorgt und gleichzeitig sind kurze Kommunikations- und Entscheidungswege garantiert. Eine besondere Verantwortung übernehmen die überregionalen Zentren: Anders als bisher sind sie nun verpflichtet, ohne Wartezeit sämtliche Patienten aufzunehmen, deren Behandlung die kleineren Zentren abgeben. Sie müssen daher immer eine entsprechende Anzahl Betten vorhalten. Damit entfällt die aufwändige und oftmals zeitintensive Suche nach einem freien Behandlungsplatz. "Die Wege sind nun klar geregelt. Selbst wenn ein Patient zunächst in einem unserer lokalen Traumazentren landet, weil Notarzt und Rettungsdienst seine Verletzungen vor Ort weniger schwer einschätzen, kann er innerhalb kürzester Zeit weiterverlegt und angemessen behandelt werden", sagt Professor Schmidmaier. "In jedem Fall sparen wir Zeit – das ist ein großer Gewinn für unsere Patienten. Denn die schnelle und kompetente Behandlung kann im Ernstfall über Leben und Tod entscheiden." Denkbar ist beispielsweise, dass erst eine Computertomographie im Kreiskrankenhaus Bergstraße Verletzungen ergibt, die eine interdisziplinäre Behandlung erfordern, wie sie nur an großen Universitätskliniken geleistet werden kann. Dann geht es für den Patienten sofort weiter nach Heidelberg oder Mannheim, egal an welchem Tag und zu welcher Uhrzeit.

Damit deutschlandweit eine einheitlich hohe Behandlungsqualität erreicht wird, müssen die Kliniken einen Kriterienkatalog des Arbeitskreises Umsetzung Weissbuch / TraumaNetzwerk in der DGU (AKUT) erfüllen: Er enthält Vorgaben zu personellen, räumlichen und technischen Ausstattung, zu Transport und Aufnahme der Patienten, standardisierten Behandlungsabläufen sowie der frühen Verlegung von Schwerverletzten in andere Kliniken. AKUT fordert weiterhin die regelmäßige Teilnahme an Qualitätszirkeln zur Aufarbeitung möglicher Fehler und gemeinsame Fort- und Weiterbildungen für die Teams der einzelnen Netzwerke. "Speziell durch die gemeinsamen Fortbildungen, aber auch die Umsetzung der anderen Kriterien, kann jede Klinik ihre Versorgungsqualität in der Unfallchirurgie noch steigern: Davon profitieren alle Teilnehmer unabhängig von der Größe des Krankenhauses und an erster Stelle die Patienten", sagt Dr. Ulf Brunnemer, der am Universitätsklinikum Heidelberg die Umsetzung der Vorgaben mitbetreut. Sind alle Vorgaben erfüllt, steht der Zertifizierung zum Traumazentrum der DGU nichts mehr im Weg.

Weitere Kliniken der Umgebung können sich noch anschließen

Noch haben sich nicht alle Kliniken im Umkreis zertifizieren lassen.

"Der Grund sind vermutlich die hohen Anforderungen an Räumlichkeiten und technische Ausstattung. Dazu müssten die Kliniken zum Teil aufrüsten oder umbauen und das ist nicht zuletzt ein erheblicher finanzieller Aufwand", sagt Schmidmaier. Das Traumanetzwerk ist ein offenes System, Nachzertifizierungen sind jederzeit möglich. "Wir hoffen auf weiteren Zuwachs", so der renommierte Unfallchirurg.