Wiesbaden sagt Nein zum Wildschutzzaun

L 3111 zwischen Hüttenfeld und Viernheim

Staatsminister Tarek Al-Wazir sagt Nein zur Errichtung eines Wildschutzzaunes. Das hat er in einem Brief an den Magistrat vor einigen Tagen deutlich zum Ausdruck gebracht. Hessen-Mobil, der zuständige Baulastträger, habe die von der Stadt Viernheim für notwendig befundenen verkehrsrechtlichen Maßnahmen (Beschilderung sowie Geschwindigkeitsreduzierung von 80 auf 60 km/h) umgesetzt und den Bau eines Wildschutzzaunes wegen fehlender gesetzlicher Grundlage zu Recht abgelehnt. Eine darüber hinaus gehende Verpflichtung zu weiteren Maßnahmen bestehe nicht.

Auch aus sachlichen Gründen – so der Staatsminister – sei der von der Stadt geforderte Wildschutzzaun nicht sinnvoll. „Ein Wildschutzzaun entfaltet nur dann seine Wirkung, wenn dieser ohne viele Durchbrechungen errichtet werden kann. Die häufigen Einmündungen von Straßen sowie von land- und forstwirtschaftlichen Wegen wie in dem besagten Abschnitt der L 3111 verhindern eine lückenlose Errichtung eines Wildschutzzaunes. Des Weiteren ist aus ökologischen Gründen eine Fragmentierung und Isolation von Lebensräumen durch Wildschutzzäune im engmaschigen Straßennetz zu vermeiden, um den Austausch der Wildtiere und deren genetische Durchmischung nicht zusätzlich einzuschränken,“ heißt es in dem Brief aus Wiesbaden.

Der Landesbetrieb Hessen Forst hat angeboten, für die von ihm bewirtschafteten Staatswaldflächen beiderseits der Straße zu prüfen, inwieweit eine Anpassung oder Intensivierung der Jagd in diesem Bereich möglich und zielführend ist. Diesen Vorschlag hält der Minister für vernüftig, da der Anstieg von Wildunfällen auch durch verstärkten Maisanbau sowie regelmäßige Bucheckern- und Eichelmasten in diesem Gebiet lokal verursacht sein könne. Gleichzeitig bittet er um Verständnis dafür, dass das Land der Forderung nach einem Wildschutzzaun aus den genannten rechtlichen und sachlichen Gründen nicht nachkommen kann, auch kein Präzedenzfall für die Stadt Viernheim geschaffen werden kann.

Staatsminister Tarek Al-Wazir hofft, dass durch die bereits veranlassten Maßnahmen wie die Beschilderung und die Geschwindigkeitsbeschränkung die Verkehrsteilnehmer ihre Fahrweise der Gefahrenlage so anpassen, dass weitere Wildunfälle möglichst vermieden werden können. „Zudem erwarte ich, dass sich durch eine Anpassung oder Intensivierung der Jagd in diesem Bereich die Gefahrenlage verringern lässt.“

1. Stadtrat Jens Bolze ist enttäuscht.

„Ich bedaure diese negative Entscheidung zu Lasten einer gesteigerten Verkehrssicherheit sehr. Der Mensch steht im Vordergrund, nicht die Wanderbewegung des Wildes! Über Details in der Ausgestaltung eines mittlerweile ja auch von Hessen Forst favorisierten Wildschutzzaunes hätte man sicherlich noch reden müssen. Ich hoffe inständig, dass diese Entscheidung des Landes Hessen gegen einen Schutzzaun nicht irgendwann einem Verkehrsteilnehmer zum Nachteil gereicht und wir erneut Personenschäden oder gar einen Todesfall zu beklagen haben. Für den Moment danke ich Hessen Forst bzw. dem Forstamt Lampertheim für den bevorstehenden Einsatz in Form einer Treibjagd.“ 

Und Bolze weiter:

„Insgesamt wird die Stadt Viernheim die Entwicklung weiterhin aufmerksam verfolgen, in der Hoffnung, dass die von uns angeordnete Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h nachts nachhaltig Wirkung zeigt. Ich appelliere daher nochmals an alle Verkehrsteilnehmer, aus gutem Grund und zur eigenen Sicherheit das eigene Fahrverhalten dort an die zugelassene Höchstgeschwindigkeit anzupassen!“

Zur Information:

Angesichts der Steigerung von Wildunfällen an der L 3111 zwischen Hüttenfeld und Viernheim hat die Stadt Viernheim Ende Juli einen Wildschutzzaun auf einer Strecke von ca. 4,5 km durch Hessen Forst bzw. Hessen Mobil gefordert und dabei auf den Anstieg von Wildunfällen an der L 3111, davon tragischer Weise zwei mit tödlichem Ausgang, verwiesen.

Die alleinige Zuständigkeit für die Entscheidung, ob in dem betroffenen Abschnitt der L 3111 ein Wildschutzzaun unter Abwägung wildbiologischer Aspekte mit den Belangen des Schutzes der Verkehrsteilnehmer zu errichten ist, liegt beim Straßenbaulastträger, vertreten durch Hessen Mobil. Für Hessen Forst ergibt sich hier keine Sicherungs- und Haftungsverpflichtung gegenüber den Verkehrsteilnehmern, da frei lebende Wildtiere gemäß § 960 Abs. 1, 2 BGB herrenlos sind.