Konsequentes Vorgehen gegen Vermummung bei Fußballeinsätzen – Gewaltexzesse nicht hinnehmbar

Konzept zur polizeilichen Gefahrenabwehr

v.l.: Staatsanwalt Christian Schröder, Leitender Oberstaatsanwalt Dr. Udo Gehring, Polizeipräsident Wolfgang Erfurt, Polizeidirektor Franz-Josef Brandt

Kaiserslautern – Am 28.01.2015 informierten Polizei und Staatsanwaltschaft über das Vorgehen gegen Gewalttäter bei Bundesligafußballspielen, die immer öfter vermummt auftreten.

"Fußball ist Volkssport. Es wird vor und nach den Spielen und aus den Trainingslagern von den Medien berichtet. Fußball gehört zu Deutschland",

so Polizeipräsident Wolfgang Erfurt zu Beginn der Pressekonferenz. Gewalt diene immer öfter zur Konfliktlösung , verbal und physisch. Fußball und Gewalt haben jedoch nichts miteinander zu tun. 

Im Februar 2013 kam es rund ums Fußballspiel FCK gegen Dynamo Dresden zu einem Gewaltausbruch. Dresdener Fans hatten in Kaiserslautern Busse angegriffen, in denen Familien mit Kindern saßen.

Am 04.10.2014 wurde beim Spiel FCK gegen KSC das Kapitel "Gewalt" neu geschrieben: Vor und nach dem Spiel kam es zu Gewaltexzessen und -ausbrüchen. "Das war uns neu", so Polizeipräsident Erfurt. Erschreckend war besonders die Brutalität. Das Sportgericht des Deutschen Fußball-Bundes hat die beiden Fußballvereine zu Geldstrafen, Auflagen und Zuschauer-Teilausschlüssen auf Bewährung verurteilt.

"Wer bei einem Fußballspiel sein Gesicht verdeckt, tut es nicht aus Interesse am Fußball, sondern weil er anderes vor hat", sagte der Polizeipräsident.

Durch die Vermummung seien die Täter nicht eindeutig identifizierbar, was jedoch Voraussetzung für eine Strafverfolgung sei. 

Nicht jedes Fußballspiel ist gleich

Polizeidirektor Franz-Josef Brandt, Leiter der Polizeidirektion Kaiserslautern und operativer Gesamtverantwortlicher bei der Einsatzlage Fußball, teilt die Fußballspiele in drei Kategorien (Grünspiele, Gelbspiele und Rotspiele) ein. Im Jahr 2014 hatten die Beamten der Landespolizei (Polizeipräsidium und Bereitschaftspolizei) ca. 30.000 Einsatzstunden, inkl. Vor- und Nachbereitung der Einsätze.

Bei 8 Fußballspielen wurden 24 Straftaten polizeilich registriert, darunter Körperverletzungen, Pyrotechnik, Sachbeschädigungen und Beleidigungen. 23 Menschen wurden verletzt. Bei den Festnahmen wurden Identitäten festgestellt, die Täter wurden erkennungsdienstlich behandelt und Stadionverbote beim Veranstalter, dem 1. FCK, angeregt.

Polizeibeamte mit Blut- und Fäkalienbeutel beworfen 

Beim Spiel FCK gegen den KSC kam es zu massiver Form der Gewalt. Im Stadion wurde die Tribüne gestürmt, am Löwenburgkreisel wurde gezielt Pyrotechnik auf Menschen abgefeuert, Polizeibeamte wurden mit Blut- und Fäkalienbeuteln beworfen. Einsatzunerfahrene Polizisten, die zum 1. Oktober zur neuen Dienststelle in der Westpfalz kamen, wurden in der "ersten Reihe" mit der Gewalt konfrontiert. 

"Im Stadion ist der Veranstalter für die Sicherheit verantwortlich", so Franz-Josef Brandt.

Als das Spiel FCK : KSC zu Ende war, war die Polizei bereits auf den Weg, um die heimkehrenden Fans zum Hauptbahnhof zu begleiten. Dabei kam es im Stadion zu einer Eskalation. Die Polizei hat nach eigenen Angaben 12 Minuten benötigt, um wieder ins Stadion zurück zu bekommen, mit Kräften, die dort nicht eingeplant waren. 

"Für eine Strafverfolgung muss jede Tat personenbezogen nachgewiesen sein", so der Polizeidirektor. "Eine Lagebereinigung (Gefahrenabwehr) geht oft zu Lasten der strafrechtlichen Beweissicherung".

Das konsequente Vorgehen gegen Vermummte ist die neue Linie der westpfälzischen Polizei. Die Gewaltexzesse seien für Polizei und Staatsanwaltschaft nicht hinnehmbar. Allerdings stellt die neue Vorgehensweise die Polizei vor Herausforderungen, denen sie begegnen will. Die Lagebereinigungen werden mehr in den Hintergrund gestellt, vermummte Straftäter (laut Polizei nur 1 % der Besucher) werden gezielt herausgegriffen. Dies sei eine Gradwanderung, der Polizeiführer entscheidet nach der Lage.

Phänomen "Gruppenvermummung"

Leitender Oberstaatsanwalt Dr. Udo Gehring, Leiter der Staatsanwaltschaft Kaiserslautern, erläuterte, dass das Phänomen "Gruppenvermummung" zugenommen habe. Diese sieht gefählich aus. Es sei auch eine Herausforderung für die Justiz. Vermummungen seien keine Bagatellen, sondern ein Angriff auf die öffentliche Sicherheit.

Staatsanwalt Christian Schröder, der die Ermittlungsgruppe bestehend aus Polizei und Staatsanwaltschaft leitet, sagte, dass es etliches Videomaterial gibt, das ausgewertet wird. Im Strafrecht muss jede Straftat einer Person zugewiesen werden, das mache es so schwierig. Mit einer Identitätsfeststellung und darauf folgenden Meldeauflagen gibt es die Hoffnung, dass dies zu einer Verringerung von Straftaten führe.

250 Ermittlungsverfahren werden erwartet

Derzeit sind 75 Ermittlungsverfahren vom FCK-KSC-Spiel, die der mittleren Kriminalität zugewiesen werden, anhängig. 37 Täter sind noch unbekannt, 38 Personen sind identifiziert. 250 Ermittlungsverfahren werden erwartet. Die Auswertung ist zeitintensiv, Videomaterial über mehrere 100 Stunden ist vorhanden.

"Die Vermummung in der Gruppe hat eine neue Dimension erreicht", so Christian Schröder.

Durch ein konsequentes Vorgehen soll zukünftigen Vermummungen (Straftat gem. §27 Versammlungsgesetz) entgegengewirkt werden.