
Mannheim – Die Freunde des Stadtarchivs Mannheim – ISG ehren am 11. Februar 2015 Prof. Dr. Carl-Heinrich Esser mit dem Mannheimer Pfennig und würdigen so sein großes Engagement für den Verein und das Stadtarchiv.
Prof. Dr. Carl-Heinrich Esser, 1938 in Heidelberg geboren, absolvierte das Karl-Friedrich-Gymnasium in Mannheim, er studierte nach einer Banklehre bei der Deutschen Bank in Mannheim Rechts- und Wirtschaftswissenschaften und promovierte 1966 zum Dr. jur. Nach zwei Jahren bei einer Mannheimer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft trat er 1968 in die Dresdner Bank in Mannheim ein, in der er – zwischendurch in führender Position in Heidelberg – bis zu seinem Ruhestand 2003, zuletzt als Mitglied der Geschäftsleitung der Region Südwest, wirkte. Geld ist für ihn kein Abstraktum, sondern immer verbunden mit dem Menschen, der Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur. Daher wirkt der Ehrensenator der Universitäten Heidelberg und Mannheim seit Jahrzehnten auf vielen Ebenen vor allem sozial und kulturell in die Gesellschaft. Exemplarisch seien sein Wirken als Vorstand der Heinrich-Vetter-Stiftung von 2003 bis 2011 und die Errichtung der Karin & Carl-Heinrich Esser Stiftung 2009 genannt. Er engagiert sich in vielen Ehrenämtern; bis 2010 war er der Zweite Vorsitzende der ISG-Freunde.
Die ISG-Freunde verleihen Prof. Dr. Esser eine Nachprägung des historischen Mannheimer Pfennigs, mit der an jene Münzwährung erinnert wird, die Ende des 14. Jahrhunderts auf der Zollburg Eichelsheim bei Mannheim geprägt wurde und damit auf die mittelalterlichen Grundlagen unserer Stadtgründung verweist. Traditionell wird der Mannheimer Pfennig Mitte Februar vergeben in Erinnerung an den Geburtstag des in Mannheim geborenen Ehrenbürgers und Mäzens Carl Reiß am 15. Februar 1843.
Carl Reiß und seine Schwester Anna Reiß stehen denn auch im Mittelpunkt des Festvortrags, den Andreas Krock von den Reiss-Engelhorn-Museen anlässlich der Preisverleihung im Museum Zeughaus hält: „Der türkische Konsul und die ungekrönte Großherzogin: Carl und Anna Reiß – Eine Mannheimer Erfolgsgeschichte im Deutschen Kaiserreich“.
Dr. Ulrich Nieß eröffnet als Leiter des Stadtarchivs den Festakt, in dem der Vorsitzende der ISG-Freunde Dr. Udo Bieller die Laudatio auf Prof. Dr. Esser hält. Mit Stücken von Brahms und Schumann trägt Minae Kim am Piano zur musikalischen Umrahmung der Veranstaltung bei. Dass die ISG-Freunde im Anschluss an das offizielle Programm zu Umtrunk und Imbiss einladen, ist gute Tradition und bietet Gelegenheit den Abend, mit anregenden Gesprächen ausklingen zu lassen.
Prof. Dr. Carl-Heinrich Esser ist nach Dr. h.c. Heinrich Vetter (†), Horst Hoffmeister, Bernd Jansen, Dr. Günter Arheit, Richard Grimminger, Dr. Grit Arnscheidt, Susanne Räuchle, Rechtsanwalt Gerhard Widder und Hans Freiländer der zehnte Träger des Mannheimer Pfennigs.
Festvortrag von Andreas Krock, Reiss-Engelhorn-Museen, anlässlich der Verleihung des Mannheimer Pfennigs an Prof. Dr. Carl-Heinrich Esser am 11.2.2015, 18 Uhr, Museum Zeughaus, C 5, Florian-Waldeck-Saal
Der türkische Konsul und die ungekrönte Großherzogin
Carl und Anna Reiß – Eine Mannheimer Erfolgsgeschichte im Deutschen Kaiserreich
Mannheim in der Belle Époque war geprägt von einem großen wirtschaftlichen Aufschwung, wie er typischer kaum sein konnte für die Zeit dieser sogenannten Gründerjahre. Im Zuge dieser Entwicklung sowie einer fortschreitenden Industrialisierung entstand die sogenannte Mannheimer Society. Aufgrund ihrer enormen Finanzkraft erwarb sie zwar Besitz und Vermögen, verstand es aber aufgrund ihres damaligen Ethos ebenso, das städtische Gemeinwohl an ihrem wirtschaftlichen Erfolg teilhaben zu lassen und entsprechende Maßnahmen zu fördern wie zu unterstützen. Bezeichnenderweise erfolgten die meisten der für Mannheim ungewöhnlich umfangreichen sozialen wie kulturellen Stiftungen gerade in dieser Epoche.
Das „heimliche Regentenpaar“ von Mannheims High Society stellten die Geschwister Reiß, insbesondere der jüngste männliche Spross Carl Reiß (1843-1914) und seine Schwester Anna Reiß (1836-1915) dar. Gesellschaftlich maßgebend, bestimmten der dynamische Finanzmann, Politiker und Mäzen sowie seine musische, aber nicht minder durchsetzungsfähige Schwester auf angenehme Weise das gesellschaftliche Leben der Stadt. Zu ihren vordringlichen Maximen im Geschäftsleben zählten Ausdauer, Fleiß und Durchsetzungsvermögen, die darüber hinaus aber auch mit einer gehörigen Portion Menschenverstand und Aufgeschlossenheit für die Sorgen und Nöte der Stadt gepaart waren. Als unmittelbare Nutznießer ihres finanziellen Erbes bedachten die beiden kinderlos gebliebenen Geschwister daher auch Mannheim und seine Bevölkerung. Diesen vermachten sie das damals auf rund sechs Millionen Reichsmark geschätzte beachtliche Vermögen und begründeten damit die bis heute währende Tradition namhafter Stifterpersönlichkeiten in der Geschichte Mannheims.