Schufa löscht plötzlich die Daten von einer Viertelmillion Menschen

Symbolbild, Justiz © Daniel Bone on Pixabay.jpg

Wer hätte das gedacht. Die Schufa löscht die Daten von 250.000 Menschen. Ob das so ganz freiwillig passierte ist allerdings sehr fraglich. Es geht wohl darum, ein Geschäftsmodell zu retten und auf Milde zu hoffen. Denn die Sache liegt beim Europäischen Gerichtshof. Juristen, die die Angelegenheit mit Interesse verfolgen, sprechen von einer hohen Wahrscheinlichkeit, dass Schufa & Co verlieren werden.

Ein Mann bringt alles ins Wackeln – Der Prozess

Der Kläger war in die private Insolvenz gegangen. Seine Daten waren längst in öffentlichen Portalen gelöscht. Nur die Schufa hatte seine Daten nicht gelöscht. Dagegen wollte der Mann in Hessen klagen. Das zuständige Gericht ahnte vermutlich die Brisanz und verwies den Vorgang ans BGH. Dort erkannte man, dass europäisches Recht betroffen sei und verwies die Sache an den EuGH.

Dieses Verfahren, welches Juristen als wegweisend bezeichnen, kann der gesamten Auskunfteibranche das Genick brechen.
So hat man sich bei der Schufa wohl eher unter diesem Druck dazu entschlossen, vorsorglich mit dem Löschen der Daten zu beginnen. Denn das Langzeitspeichern von Daten sei illegal, so der Kläger.

Das private Geschäftsmodell

Die Auskunfteien waren jahrelang Herrscher über Leben und Tod – Zumindest in finanzieller Hinsicht.
Wer bspw. in die private Insolvenz ging, dessen Daten wurden jahrelang gespeichert und sorgten für einen sehr schlechten geheim errechneten Punktestand (Scoring).

Damit folgte nach dem finanziellen Zusammenbruch, der private und soziale Abstieg. Dies war den Geschäftsführern solcher Firmen vermutlich eher egal. Betroffene konnten keinen Mietvertrag abschließen. Auch ein Handyvertrag war nicht mehr zu bekommen.

In schlimmen Einzelfällen haben Betroffene Suizid begangen, weil sie keinen Ausweg mehr sahen.

Der Ablauf des Verfahrens

Bevor die Richter sich mit dem Thema befassen, prüft der Generalanwalt die Angelegenheit. Von seiner schriftlichen Stellungsnahme ist auch das Urteil der Richter unter Umständen abhängig. Die Vergangenheit zeigte, dass die Kammer der Stellungsnahme des Generalanwalts in einem hohen Maße folgte. Aus diesem Grund werten Beobachter die vorliegende Stellungnahme als wegweisend für das nun zu erwartende Urteil.

Der Generalanwalt wird deutlich

  1. Die Schufa darf nicht die Daten des Klägers verarbeiten
  2. Die Schufa darf nicht den Score daraus errechnen

Denn diese Daten werden mittels Software und KI-Technik automatisch ausgewertet. Und dies verbietet die DSGVO laut des Generalanwalt.


Maschinen entscheiden über das Wohl und Wehe von Menschen.
Damit verstößt das Scoring gegen EU-Recht. 


Das Geschäftsgeheimnis – Der Score

Wie dieser Score berechnet wird, darüber schweigen die privaten Auskunfteien. Der BGH hatte vor einiger Zeit diese Praxis noch in einem Urteil bestätigt. Alleine schon das Benutzen verschiedenster Daten ist rechtlich sehr umstritten.
Erst werden die Daten analysiert und dann gegen den Einzelnen verwendet.
Der Betroffene muss nun unter Umständen für sehr lange Zeit mit Restriktionen und Maßnahmen bei Banken, Versicherungen, Handy-firmen etc. leben. Denn dies alles hängt von dem geheimen Score ab.

Das ist erst der Beginn einer größeren Aktion?

Die Schufa hat nun vorsorglich die Einträge von rund 250.000 Verbrauchern gelöscht, die eine Privatinsolvenz hinter sich haben. Durch die Verkürzung der Speicherdauer verbessert sich für die meisten Betroffenen die Bonität, was für den Abschluss von Verträgen wie Mietverträgen wichtig ist.

Damit läuft das Scoring aber immer noch weiter.

Es wird düster in der florierenden Auskunfteienbranche

Inzwischen melden sich immer mehr Rechtsanwälte und bestätigen, dass dies der Anfang vom Ende dieser privaten Firmen sein könnte. Denn wird dieses Urteil so kommen, dann gehen die Klagen wegen des Scorings sicherlich weiter. Am Schluss ist die Geschäftsgrundlage dieser Firmen weg, wenn bestätigt wird, dass auch das Scoring an sich schon ein illegaler Vorgang ist.

Das könnte bedeuten, dass der finale Tsunami gegen diese privaten Firmen erst noch anrollt. Denn werden weitere Betroffene klagen, dann fällt das gesamte Konstrukt Schufa & Co mit Drittfirmen komplett in sich zusammen.

Und der EuGH?

Sollten die Richter dem Generalanwalt folgen, wovon die Beobachter ausgehen, bedeutet dies das Ende des Geschäftsmodells „Scoring“.

Wir berichten weiter …


Quelle:

  • Pressemitteilung 49/23, Luxemburg 16. März 2023 – Schlussanträge des Generalanwalts

https://curia.europa.eu/juris/document/document_print.jsf?mode=req&pageIndex=0&docid=271343&part=1&doclang=DE&text&dir&occ=first&cid=2160420