Das Team um Max Carlsson (rechts), Erstautor der Studie, und Philipp Demuth (Co-Autor der Studie) hat den Mechanismus aufgedeckt. (TUK/view)

Kaiserslautern – Der Naturstoff Methyleugenol kommt in verschiedenen Gewürzpflanzen vor und gelangt über die Nahrung in unseren Körper.

In der Leber wird er durch den Fremdstoffwechsel aktiviert und kann so bekanntermaßen dort Erbgutschäden verursachen. Einem Forscherteam der Technischen Universität Kaiserslautern (TUK) um Professor Jörg Fahrer ist es nun gelungen, den durch die Erbgutschäden ausgelösten Zelltodmechanismus aufzuklären. Eine zentrale Rolle spielt hierbei das Protein p53, das maßgeblich das Zelltodprogramm aktiviert und so das Überleben von stark geschädigten Leberzellen verhindert. Die Forschungsergebnisse sind kürzlich in der renommierten Fachzeitschrift Cell Death & Disease veröffentlicht worden.

Leberkrebs gehört zu den häufigsten Tumorerkrankungen und ist kausal mit Virusinfektionen der Leber, Fettleber-Erkrankungen, chronischem Alkoholkonsum und Schimmelpilzgiften in der Nahrung verknüpft. Darüber hinaus stehen pflanzliche Toxine im Verdacht, zur Entstehung von Leberkrebs beizutragen. Zu diesen Substanzen zählt das Methyleugenol, das natürlicherweise in vielen Kräutern und Gewürzen, wie Basilikum, Estragon und Fenchel, vorkommt und über die Nahrung in unseren Körper gelangt.

„Bisher war bekannt, dass Methyleugenol durch bestimmte Enzyme der Leber verstoffwechselt wird und infolgedessen Erbgutschäden, sogenannte DNA-Addukte, auslösen kann“,

sagt Professor Jörg Fahrer aus der Fachrichtung Lebensmittelchemie und Toxikologie an der TUK.

Um nun herauszufinden, wie Zellen auf diese Methyleugenol-abgeleiteten Erbgutschäden reagieren, hat ein Team um Professor Fahrer verschiedene biochemische, zellbiologische und bioanalytische Verfahren eingesetzt. Aus der Fachrichtung waren zudem die Arbeitsgruppen von Professorin Elke Richling und dem ehemaligen Juniorprofessor Alexander Cartus beteiligt. Darüber hinaus haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universitätsmedizin Mainz und der Justus-Liebig-Universität Gießen an der Studie mitgewirkt, die im Rahmen eines Drittmittelprojekts von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert wird.

Das Forscherteam hat zunächst mit Hilfe einer sogenannten massenspektrometrischen Methode die Bildung von DNA-Addukten in Leberzellen sowie anderen Zellmodellen aufgezeigt und quantifiziert. Weiterhin hat es erstmalig nachgewiesen, dass die Schäden den Verdopplungsvorgang der DNA blockieren. Dieser wird als DNA-Replikation bezeichnet und ist essentiell für die korrekte Weitergabe des Erbguts bei der Zellteilung. Durch den Einsatz hochauflösender konfokaler Mikroskopie und proteinbiochemischen Analysen hat das Team die Aktivierung der DNA-Schadensantwort charakterisiert.

„Dieses zelluläre Schutzprogramm führte in den Leberzellen unter anderem zur Aktivierung des Tumorsuppressorproteins p53“,

wie Max Carlsson, Doktorand in der Arbeitsgruppe Fahrer und Erstautor der Studie, ergänzt. Zusammen mit Dr. Anastasia Vollmer, die ebenfalls in der Arbeitsgruppe zu diesem Themenkomplex promovierte, hat er die wesentlichen Versuche der Studie durchgeführt.

Im Folgenden hat sich das Forschungsteam auf die Toxizität der Erbgutschäden konzentriert. Die weiteren Untersuchungen haben gezeigt, dass ein hohes Level an DNA-Addukten eine programmierte Form des Zelltods, die sogenannte Apoptose, auslöst und hierbei den Mitochondrien eine zentrale Bedeutung zukommt.

„Bei den Mitochondrien handelt es sich um die Kraftwerke unserer Zellen, die auch an Zelltodprozessen beteiligt sind“,

erläutert Professor Fahrer. Durch Kombination von molekularbiologischen Methoden und sogenannter konfokaler Mikroskopie haben die Forschenden nachgewiesen, dass durch die DNA-Schädigung bestimmte Zelltod-Gene hochreguliert werden und dies zur Aktivierung von Bax führt.

„Dies ist ein pro-apoptotisches Protein, das nach Aktivierung an die Außenseite der Mitochondrien wandert und dort Poren bildet“,

erläutert Max Carlsson.

Um schließlich die Rolle von p53 im ausgelösten Zelltodprogramm zu klären, wurde dieses durch pharmakologische Inhibitoren und genetischer Ansätze in verschiedenen Zellmodellen ausgeschaltet. So haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler demonstriert, dass der Verlust von p53 die Aktivierung von Bax unterdrückt und die Einleitung des Zelltods in den Leberzellen gehemmt wird.

„Zusammengenommen zeigen unsere Befunde, dass in Zellen mit starker DNA-Schädigung durch Methyleugenol der mitochondriale, p53-vermittelte Zelltodweg ausgelöst wird“,

so Professor Fahrer. Dies könnte als tumorsuppressiver Mechanismus dazu beitragen, dass stark geschädigten Zellen eliminiert werden und so keine permanenten Erbgutveränderungen entstehen.