Der Bondaffe: EZB Zinsentscheid am 21.07.2022 – „Ist das Carry-Trade-Spiel jetzt vorbei?“

Der Bondaffe - Bildquelle: Pixabay - PIX1861 / Bearb. Red.
Der Bondaffe - Bildquelle: Pixabay - PIX1861 / Bearb. Red.

Wir alle haben diese Woche die folgende Meldung in den Nachrichten gelesen und uns gewundert. Wieder so eine EZB-Meldung. Hat Frau Lagarde vielleicht doch nicht so unwissend gehandelt?
Was seiner Meinung nach dahintersteckt erklärt uns „Der Bondaffe“.


Stärker als erwartet 0,5 Prozent! EZB erhöht erstmals seit elf Jahren Leitzinsen
https://www.focus.de/finanzen/news/erstmals-seit-elf-jahren-auf-0-5-prozent-europaeische-zentralbank-erhoeht-leitzinsen_id_120602190.html


Der Bondaffe meint:

 

Das Spiel

Ganz in Vergessenheit geraten ist ein Spielchen an der Zins- und Renditefront. Es lohnt sich gerade in Zeiten steigender Zinsen für die Anleger- und Spekulanten-Schar auf jeden Fall.

Geld verdienen mit „Carry Trades“, so genannten „Zinsdifferenzspekulationen“

Das kann jedermann verstehen. Man nimmt einen kurzfristigen Kredit mit niedrigen Kreditzinsen, z.B. in japanischen Yen auf und legt dieses Geld in einer anderen Währung mit höheren Zinsen wieder an – bevorzugt in US-Dollar. Interessant ist das bei gleicher Laufzeit des Kredits und der Geldanlage.

Der Einmonatszinssatz für Geldanlagen in den USA beträgt aktuell plus +2,19%
Der Einmonatszinssatz für Geldanlagen in Japan beträgt minus -0,15%.
Wenn man eine „gewisse Spanne“ zwischen Guthaben- und Kreditzins einberechnet, dürfte es in Japan in bestimmten Laufzeitenbereichen Geld als Kredit zum Nulltarif geben.

Japanisches Geld ist billig

Es ist schwierig, die genauen Sätze für kurzfristige (Geldmarkt-)Kredite aus Japan zu recherchieren. Allerdings ist und bleibt japanisches Geld äußerst billig. Die Welt wird überschwemmt mit japanischen Yen. Denn um die Realwirtschaft in Japan ist es aufgrund der bekannten Umstände, wie Corona und den hohen Energiepreisen, nicht gut bestellt. Regierung und Zentralbank steuern mit massiven Hilfen und Gelddrucken dagegen. Das geht bereits viele Jahre, wenn nicht Jahrzehnte so. Japan ist schon lange ein Sorgenkind.

Sinn und Zweck eines Carry-Trades ist es:

a) nimm einen Kredit in einer Währung/Land auf, in der die Kreditzinsen sehr niedrig sind.
b) Lege das Geld aus dem Kredit in einer Währung/Land an, in dem die Guthabenzinsen höher sind als die Kreditzinsen.
c) Streiche die Zinsdifferenz als Profit ein.

Hier wird es natürlich äußerst interessant, denn als „Kreditwährungen“ waren in den letzten Monaten Währungen wie der japanische Yen, der Schweizer Franken und der EURO besonders günstig.

Es gab und gibt Länder (wie auf der Seite (https://www.investing.com/rates-bonds/world-government-bonds ersichtlich), wo die Anlagezinsen viel höher waren. Besonders die USA achteten immer darauf Null- und Negativzinsen zu vermeiden. So dürfte dieses Spiel in den vergangenen Jahren eher unspektakulär, aber profitabel gelaufen sein.

Corona und die Investoren

Dann kam die Corona-Krise, später die Inflationskrise und brachten die Zinsen sowie die Renditen der internationalen Staatsanleihen zum Ansteigen. Für den cleveren und erfahrenen Investor wieder ein überschaubares Spiel, da man weiß, wie man sich in einem Zins-/Renditeanstieg verhalten muß.

Es gibt jedoch ein Risiko, nämlich die Wechselkursentwicklung. Wenn man beispielsweise einen Kredit in japanischen Yen aufnimmt, darf die aufgenommene Währung in der Anlagezeit nicht teurer werden, im Vergleich zu der Währung in der das Geld angelegt ist.

Was soll man noch sagen? Es hat sich für die internationalen Spekulanten noch einmal gelohnt.

Die Währungskursgewinne

Wer japanische Yen als Kredit in US-Dollar als Anlage tauschte, konnte einen erfreulichen Währungskursgewinn auf seiner Seite verbuchen. Der japanische Yen wertete ab und der US-Dollar stieg im Vergleich.
Das heißt: man erhält beim Ablauf des Geschäfts mehr japanische Yen für einen US-Dollar als bei Anlageabschluß.

Beispiel:
Mitte des Jahres 2020 nimmt ein Investor einen japanischen Kredit in Yen bei 103 Yen zum US-Dollar auf und bekommt jetzt für einen US-Dollar 137 Yen zurück. Der Anstieg war kein Währungskursrisiko, sondern ein unglaublicher Währungskursgewinn. Der aufgenommene Kredit ist sozusagen billiger geworden. Man zahlt 103 Yen zurück und 34 Yen Währungskursgewinn bleiben übrig.

Natürlich hat das auch mit anderen Währungen, wie dem EURO funktioniert

Wer einen EURO-Kredit aufgenommen hat und das Geld in US-Dollar angelegt hat, der freute sich jetzt über einen angenehmen Währungsgewinn.

In den Jahren 2020 und 2021 waren noch EURO-Kurse über 1,20 USD für einen EURO üblich. Jetzt hat der EURO satt abgewertet. Wer als Spekulant den Kredit jetzt zurückzahlt, muß 20 US-Cent weniger pro EURO zurückzahlen als bei Aufnahme. Wenn man eine Spanne von 0,20 USD pro EURO veranschlagt.

Die inszenierte Corona-Krise und die Zinsdifferenzgeschäfte

Zusammengefaßt lässt sich festhalten, dass im Zinsanstieg während der letzten zwei Jahre (die inszenierte Corona-Krise hat das überhaupt erst möglich gemacht), schon allein mit Zinsdifferenzgeschäften ein gutes Geschäft zu machen war.

Aber die Währungskursgewinne waren viel erträglicher. Um die ging es. Die Spekulanten mussten keine Währungskursabsicherungsgeschäfte abschließen (welche die Zinsdifferenzen aufgefressen hätten). Das war der Kick.

Das Spielchen hat sogar ab dem Jahr 2020 in Schweizer Franken funktioniert. Schweizer-Franken-Kredit aufnehmen, in US-Dollar anlegen und Währungsgewinn einstreichen.

Für den CHF-Kredit zahlte man 0,92 CHF für einen US-Dollar in 2020 und bekommt bei Umtausch für einen US-Dollar 0,97 CHF zurück. Nicht ganz so viel, aber recht anschaulich.

Das Vorab-Wissen ist entscheidend

Carry-Trades sind ein beliebtes „Spielchen“. Zumindest theoretisch und die guten, praktisch veranlagten Spekulanten/Investoren bekommen das schon hin. Vor allem diejenigen, die bereits vorher mehr wissen.

Besonders beliebt als Kreditwährung waren schon immer japanische Yen und Schweizer Franken. Aber die Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank hat auch den EURO für derlei Art von Geschäften attraktiv gemacht.

Mit den Kreditvolumen aus den Carry-Trades dürften die EZB und Ihre Chefin Lagarde ein Problem haben. Das sagen sie natürlich nicht laut und in der Öffentlichkeit.

Die Spekulanten wurden während der letzten Zeit nicht enttäuscht, Frau Lagarde hat abgewartet und hinausgezögert. Zum Wohl der Spekulanten, denn die dürften schon geahnt und gar gewusst haben, dass ein zeitlicher Zinsentscheid erst dann kommen wird, wenn die Währungsparität 1:1 bei EUR/USD erreicht ist.

Es war sogar noch besser, denn der Zinsentscheidtermin Juli 2022 stand schon lange vorher im Raum, also im ersten Quartal 2022. Die internationalen Spekulanten konnten sich darauf verlassen die Eins-zu-Eins-Parität zu erreichen. Was auch eingetreten ist. Dieses Spiel lief bis zum 21. Juli. Dann war diese Runde vorbei.

Geldbereicherungsmaschinerie: Jetzt geht es in die nächste Runde

Japanische Yen und EURO haben stark gegenüber dem USD abgewertet. Was jetzt? Die Spekulanten erwarten Signale von den Zentralbanken. Diese denken zwar strategisch, aber doch phantasielos.
Und so könnten EURO-USD-Kurse von 0,90 erreicht werden und der japanische Yen könnte noch auf 160 Yen pro USD steigen.
Schließlich muß immer ein „Peak“, eine Übertreibung im Kursverlauf erreicht werden. Erst die Übertreibung macht eine „Normalisierung“ möglich. Denn erst dann schreiten die Zentralbanken (strategisch denkend) ein.

Allerdings werden die strategischen Ziele der „nächsten Runde“ schon kommuniziert, unter den Stichwörtern „Fragmentierung des Währungsraums“ und „Transmission Protection Instrument (TPI)“.
Klingt geheimnisvoll! Wir werden bald sehen, welche Geldbereicherungsmaschinerie sich hinter diesen undurchschaubaren Phrasen verbirgt.

Schon das ganze „volkswirtschaftliche Mainstream- und Meinungsgehacke“ auf Christine Lagarde und ihre Zinsentscheidung in den vergangenen Monaten war ein großes Ablenkungsmanöver. Denn Frau Lagarde hat andere Ziele.

Offensichtlich hat sie eine gute Schauspielschule besucht.

Es ist wie beim Amtseid des Bundeskanzlers der BRD-Verwaltung.
In der Eidformel heißt es:

„Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde. So wahr mir Gott helfe.“

Ähnliches kann man auch bei Zentralbänkern verwenden:

„Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle der internationalen Spekulanten- und Bankerschar widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, die verborgenen Gesetze wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit für unsere Ziele gegen die Menschheit üben werde. So wahr mir L…… helfe.“

Putin der Gewinner

Auf einem Nebenkriegsschauplatz gibt es übrigens einen großen Gewinner. Es ist der russische Präsident Wladimir Putin. Er hat in den letzten Monaten seine heimische Währung erfolgreich verteidigt.

Mit seinen Maßnahmen hat er verhindert, dass der russische Rubel zum Ziel der Carry-Trade-Spekulanten wird. Denn auch da hätten sich lukrative Möglichkeiten für die internationale Spekulantenschar entwickelt.

 


22.07.2022 / 12:50 MEZ
DER BONDAFFE
https://t.me/derbondaffe


https://www.investing.com/rates-bonds/world-government-bonds

https://www.finanzen.net/devisen/us_dollar-schweizer_franken-kurs

https://www.faz.net/aktuell/finanzen/bank-von-japan-spezialkredite-fuer-kleine-und-mittlere-unternehmen-16781131.html

https://www.finanzen.net/devisen/us_dollar-yen-kurs

https://www.finanzen.net/devisen/dollarkurs

https://de.wikipedia.org/wiki/Amtseid