Heidelberg: „Belfast“ im Gloria-Kino

Ein Kommentar von Hannes Blank

Heidelberg – „Belfast“ ist ein Film des britischen Regisseurs und Schauspielers Kenneth Branagh („Murder on the Orient Express“ 2017, „Thor“ 2011 oder „Mary Shelley’s Frankenstein“ 1994), der noch vor dem zeitgleich laufenden „Death on the nile“ (2022), ebenfalls von Branagh, in den bundesdeutschen Kinos gezeigt wurde – und nun im Programm des Heidelberger Gloria-Kinos ausläuft.

Was anfängt wie ein Werbefilm der nordirischen Tourismus-Behörde (und in seiner Seelenlosigkeit auch ähnlich abschreckend für ein Kinopublikum) ist ein halb-biographisches Werk des Regisseurs.

„Belfast“ nimmt die Perspektive des neunjährigen Buddy (Jude Hill) ein, der eine Welt wahrnimmt, die 1969 in der nordirischen Stadt zunehmend vom dem gewalttätigen Konflikt zwischen Protestanten und Katholiken geprägt ist. Barrikaden und gewaltsame Demonstrationen gehören zum Straßenbild und verändern Buddys Alltag, wenn auch eher indirekt: Die Eltern denken darüber nach auszuwandern. Es ist ein Kampf zwischen Gefühl (Heimatverbundenheit) und Verstand (praktisch überall bessere Arbeits- und Umweltbedingungen als in Belfast), den der junge Buddy mitbekommt. Branagh flicht auch einige irische Folksongs in die Handlung ein (das bekannte „Danny Boy“ wird allerdings nur gegrölt), was aber etwas unbeholfen und unpassend wirkt. Wirklich besser gelingt dem Regisseur die Verbindungen von Buddys Leidenschaft für Filme mit dem tatsächlichen Geschehen auf der Straße zu verbinden. Zu den besten Szenen des Films zählt ein Duell zwischen Buddys Vater und dessen Widersacher inmitten zweier Phalanx von Polizisten und fliegenden Steinen. Dazu kombiniert Branagh die Musik aus Fred Zinnemanns „High Noon (deutsch „Zwölf Uhr mittags“) von 1952 – ein herrlicher Anblick.

Der Regisseur entzieht sich auch weitgehend der Versuchung, Buddy allzu oft Plappereien á la „Kindermund tut Wahrheit kund“ zu äu0ern. Sehr viele Text-Zeilen hat Jung-Mime Jude Hill ohnehin nicht, dafür reden seine Film-Großeltern Pop (Ciaran Hinds) und Granny (Judy Dench) umso mehr, und man hört ihnen bei ihren schrulligen Weisheiten gerne zu.

Fazit: Ein weitaus besserer Film als manch autobiographisches Werk anderer Regisseure, Kenneth Branagh ist es gelungen, genug Distanz zu diesem für ihn sehr persönlichen Thema aufzubauen, was dem Film sichtlich gut tut.

Das Gloria-Kino macht übrigens derzeit von seinem Hausrecht Gebrauch und erklärt das Tragen eines medizinischen Mund-Nasenschutz zur Pflicht bei Besuch der Vorstellungen.