Aktuelle Energiepolitik ist zu stark auf Energiekostenbelastung fixiert

Befragung von 200 Energie-Experten

Einschätzungen zum Fokus der Energiepolitik

Die deutsche Energiepolitik fixiert sich zu stark auf die Frage wie Haushalte und Unternehmen bei den steigenden Energiekosten entlastet werden können. Dabei wären die kosteneffiziente Bereitstellung von Energie sowie die möglichst effiziente Energienutzung die richtigen Ansatzpunkte, um den steigenden Energiekosten entgegenzuwirken und den Klimaschutz voranzutreiben. Zu diesem Ergebnis kommt das ZEW-Energiemarktbarometer, eine halbjährliche
Umfrage des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) unter rund 200 Experten aus der Energiewirtschaft.

Auf die Frage nach den derzeitigen Schwerpunkten der Energiepolitik in Deutschland nennen über 60 Prozent der im Rahmen des ZEWEnergiemarktbarometers befragten Experten die Energiekostenbelastung von Unternehmen. Allerdings hält nicht einmal ein Fünftel der Experten diese Fokussierung für richtig. Auch die derzeit stark diskutierte Energiekostenbelastung insbesondere einkommensschwacher Privathaushalte ist nach Meinung der Experten zwar ein Thema, wird in der derzeitigen energiepolitischen Debatte aber zu stark in den Vordergrund gerückt. 

Anstatt über immer neue Formen der Umverteilung zur finanziellen Entlastung bestimmter Haushalte oder Unternehmen zu sprechen, erinnert sei etwa an die vielen Ausnahmeregelungen bei der Ökostromabgabe, sollte die deutsche Energiepolitik nach Auffassung der Experten ihre Akzente anders setzen. So sind 40 Prozent der
Befragten der Meinung, dass die kosteneffiziente Energiebereitstellung, etwa durch eine marktkonformere Regulierung im Netz- und Kraftwerksbereich, verstärkt in den Blick der Energiepolitik rücken sollte. Der Energieeffizienz kommt nach Ansicht der Experten sogar eine noch größere Bedeutung zu. 60 Prozent von ihnen fordern, dass die Energiepolitik Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz größeres Gewicht geben muss. 

Mit Blick auf einen Erfolg der Energiewende in Deutschland hält Prof. Dr. Andreas Löschel, Leiter des Forschungsbereichs Umwelt am ZEW und Vorsitzender der Expertenkommission zum Monitoring-Prozess „Energie der Zukunft“ der Bundesregierung, das Plädoyer der Experten für eine andere Akzentsetzung in der deutschen Energiepolitik für wichtig. „Langfristig ist die Energiewende nur dann zu schaffen“, so Löschel, „wenn wir die Belastungen durch den Umstieg auf eine nachhaltige Energieversorgung niedrig halten. Eine Steigerung der Energieeffizienz, etwa im Gebäudebereich und in der Energiebereitstellung, durch eine Weiterentwicklung der Erneuerbarenförderung und des Marktdesigns sind dafür die entscheidenden Stellschrauben.“

Nach wie vor unstrittig ist für die Experten im aktuellen Energiemarktbarometer, dass die Versorgungssicherheit ein wichtiges politisches Ziel darstellt. Dass sie im Fokus der Energiepolitik steht und stehen soll, darüber sind sich die vom ZEW befragten Energiemarktexperten weitgehend einig.