Mit der Technik kann die Wirbelsäule besser analysiert werden. (Foto: Interprofessionelles Studienzentrum für Bewegungsforschung)

Kaiserslautern – Rückenleiden gelten gemeinhin als Volkskrankheit. Laut einer Studie der Krankenkasse pronova BKK aus dem vergangenen Jahr leiden nur 12 Prozent der Beschäftigten nie an Rückenschmerzen.

Folglich müssen sich 88 Prozent damit herumplagen. An einem Verfahren, mit dem sich Fehlstellungen und -belastungen des Rückens effizienter beobachten lassen, arbeitet ein Forscherteam der TU Kaiserslautern (TUK), der Universitätsmedizin in Mainz und mehreren Unternehmen. Zum Einsatz kommen hierbei auch Verfahren der Künstlichen Intelligenz (KI), die helfen, die Wirbelsäule individuell zu analysieren.

Zu viel am Rechner sitzen, zu wenig Bewegung, ob im Beruf oder im Privatleben, gerade zu Corona-Zeiten ein häufiges Phänomen. Die Folge: Viele Menschen haben Rückenprobleme. Dabei gibt es viele bewährte Präventionsmaßnahmen, wie zum Beispiel Kurse für Rückengymnastik oder Entspannungsverfahren, die meist auch von den Krankenkassen angeboten und erstattet werden.

„Doch all dies nützt wenig, wenn die Ursache für die Schmerzen nicht klar definiert ist“,

sagt Carlo Dindorf, Wissenschaftler in der Arbeitsgruppe Bewegungs- und Trainingswissenschaft an der TU Kaiserslautern. Genau daran arbeitet das Team der TUK zusammen mit Jürgen Konradi und dem Forschungsteam des Interprofessionellen Studienzentrums für Bewegungsforschung der Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz, dem Medizintechnikunternehmen DIERS International GmbH und weiteren Projektpartnern.

Das interdisziplinäre Team setzt dabei auf eine in der Praxis bereits gut erprobte und verbreitete Diagnosetechnik.

„Wir scannen den Rücken mit einem Projektor und einer Kameraeinheit“,

sagt Dindorf. Dabei wird ein Lichtgitter auf den Rücken projiziert. Mittels der sogenannten Rasterstereographie kann so ein individuelles Modell der Wirbelsäule berechnet werden. Neu bei der Methode ist nun der Einsatz von Verfahren der KI und des maschinellen Lernens.

„Unser System lernt mit Hilfe der gewonnenen Daten dazu“,

erläutert Dindorf.

„Je mehr Wirbelsäulen analysiert werden, desto besser wird das System und somit unser Verständnis der Wirbelsäule.“

Dies kann unter anderem der Medizin künftig helfen, zum Beispiel Fehlstellungen besser aufzuspüren und personalisierte Diagnosen zu treffen, die eine individualisierte Therapie ermöglichen. Die Technologie ist aber auch für den Leistungs- und Breitensport sowie für die Grundlagenforschung generell von Interesse. So entstehen ein wesentlich differenzierteres Bild und ein besserer Einblick in die Funktion der Wirbelsäule. Neueste Erkenntnisse dazu hat das Team um Dindorf im Frühjahr 2021 beim internationalen Kongress „Sports, Medicine and Health Summit“ in Hamburg präsentiert.

Die Offene Digitalisierungsallianz Pfalz ist ebenfalls in das Vorhaben eingebunden.

„Mit der Offenen Digitalisierungsallianz Pfalz arbeiten wir daran, unsere Erkenntnisse in Zusammenarbeit mit anderen Forschern, mit Akteuren aus dem Gesundheitsbereich und mit Unternehmen der Region in die Praxis zu überführen“,

sagt Professor Dr. Michael Fröhlich, Sprecher des Innovationsbereichs Gesundheit und Leiter der Arbeitsgruppe Bewegungs- und Trainingswissenschaft an der TUK.

„Dem Ziel, eine punktgenauere, individuell ansetzende Medizin zu ermöglichen, die ihren Beitrag zur Rückengesundheit leisten kann, kommen wir Schritt für Schritt näher“,

so Fröhlich weiter.