OVG RLP: Eilanträge gegen nächtliche Ausgangsbeschränkungen im Landkreis Bad Dürkheim und im Rhein-Hunsrück-Kreis erfolglos

Neustadt an der Weisntraße – Die Eilanträge eines Bewohners im Landkreis Bad Dürkheim und des Landrats des Rhein-Hunsrück-Kreises gegen die für das jeweilige Kreisgebiet verfügten Ausgangs­beschränkungen in der Zeit von 21.00 bis 5.00 Uhr bleiben ohne Erfolg. Dies entschied das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in Koblenz.

Nach einem Anstieg der Infektionszahlen im Kreisgebiet erließen der Landkreis Bad Dürkheim und der Rhein-Hunsrück am 17. bzw. 7. April 2021 befristet bis zum 25. April 2021 eine auf die aktuelle 18. Corona-Bekämpfungsverordnung Rheinland-Pfalz gestützte Allgemeinverfügung, mit der sie das Verlassen von Wohnungen und Unterkünften in den genannten Nachtstunden grundsätzlich untersagten und nur noch in Ausnahmefällen erlaubten.

Die gegen diese Allgemeinverfügungen gestellten Anträge eines Bewohners im Land­kreis Bad Dürkheim und des Landrats als Privatperson im Rhein-Hunsrück-Kreis auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes lehnten die Verwaltungsgerichte Neustadt/Weinstr. bzw. Koblenz ab. Das Oberverwaltungsgericht wies die hiergegen eingelegten Beschwerden der Antragsteller zurück.

Das Verwaltungsgericht sei zutreffend davon ausgegangen, dass die Erfolgsaussichten der in der Hauptsache anhängigen Widersprüche der Antragsteller gegen die in den Allgemeinverfügungen der Antragsgegner angeordneten Ausgangs- und Aufenthalts­beschränkungen als offen anzusehen seien. Es lasse sich auch unter Berücksichtigung des am heutigen 23. April 2021 in Kraft getretenen Bun­desgesetzes, welches eine bußgeldbewährte Ausgangsbeschränkung vorsehe (vgl. §§ 28b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 73 Abs. 1a Nr. 11c Infektionsschutzgesetz – IfSG –), weder die offensichtliche Recht­mäßigkeit noch die offensichtliche Rechtswidrigkeit der durch die Antragsgegner ange­ordneten Ausgangs- und Aufenthaltsbeschränkungen feststel­len. Grundsätzlich führe die nunmehr in § 28b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 IfSG geregelte Aus­gangsbeschränkung dazu, dass in Fallkonstellationen wie der Vorliegenden durch die Verwaltungsgerichte nur zu prüfen sei, ob die vom Bundesgesetzgeber normierten Voraussetzungen vorlägen. Eine fachgerichtliche Normverwerfungskompetenz bestehe hingegen nicht.

Allerdings seien die hier streitigen und noch bis zum 25. April 2021 geltenden Allgemeinverfügungen der Antragsgegner gegenüber dem Bundesgesetz strenger. So gelte etwa die darin geregelte Ausgangs- und Aufenthaltsbeschränkung bereits von 21:00 Uhr und nicht, wie in § 28b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Halbs. 1 IfSG normiert, von 22:00 Uhr bis 5:00 Uhr. Ferner sehe sie, anders als § 28b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Halbs. 2 g) IfSG, zwischen 22:00 und 24:00 Uhr keine Ausnahme für im Freien stattfindende, allein ausgeübte körperliche Bewegung vor. In dem gegenüber § 28b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 IfSG weitergehenden Regelungsumfang verbleibe es in Bezug auf die angegriffenen Ausgangs- und Aufenthaltsbeschränkungen auch nach Inkrafttreten der bundesgesetz­lichen Regelung der Ausgangsbeschränkung bei einer verwaltungsgerichtlichen Verwerfungskompetenz.

Das Land Rheinland-Pfalz habe indes bereits angekündigt, die Corona-Bekämpfungs­verordnung – einschließlich der von den Landkreisen und kreisfreien Städte zu erlas­senden Muster-Allgemeinverfügungen – an die bundesgesetzliche Regelung anzupas­sen. Vor dem Hintergrund der daher bereits eingetretenen und mit hinreichender Sicherheit unmittelbar bevorstehenden grundlegenden weiteren Änderung der zu prüfenden Rechtslage, welche den angegriffenen Allgemeinverfügungen der Antrags­gegner zugrunde liege, verbleibe lediglich ein sehr kurzer Zeitraum für rechtlich rele­vante Auswirkungen der von den Antragstellern angesprochenen Rechts- und Tat­sachenfragen. Deren Beantwortung erweise sich – wie auch die unterschiedliche Rechtsprechung hierzu zeige – als schwierig und sei bei dem im vorliegenden Eil­verfahren verbleibenden kurzen Zeitrahmen nicht abschließend möglich. Dies betreffe insbesondere das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzung, wonach die Anordnung einer Ausgangsbeschränkung nur zulässig sei, soweit auch bei Berücksichtigung aller bisher getroffenen anderen Schutzmaßnahmen eine wirksame Eindämmung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 erheblich gefährdet wäre. Insofern bedürfe der Umstand einer vertiefenden Würdigung, dass die (Muster‑)Allgemeinverfügung, aber auch die daneben bestehenden Schutzmaß­nahmen der aktuellen Corona-Bekämpfungsverordnung Rheinland-Pfalz – anders als in anderen Bundesländern – keine verbindlichen Kontaktbeschränkungen auch im privaten Raum vorsehe, deren Durchsetzung die streitige Ausgangs- und Aufenthalts­beschränkung des Antragsgegners aber in erster Linie dienen solle.

Die bei somit offenen Erfolgsaussichten gebotene Interessenabwägung führe zu einem Überwiegen des öffentlichen Vollzugsinteresses gegenüber dem Aussetzungsinteresse des Antragstellers. Blieben die Allgemeinverfügungen sofort vollziehbar, erwiesen sich aber im Hauptsacheverfahren als rechtswidrig, so entstünden bei den Antragstellern schon im Hinblick auf den voraussichtlich allenfalls nur noch kurzen Anwendungs­zeitraum keine dauerhaften Beeinträchtigungen ihrer Rechte.