Ehemalige studentische Initiative Rhein-Neckar Akademie kämpft für bessere Bildungschancen sozial benachteiligter Kinder und Jugendlicher

Von Idealismus getragen

Teilnehmer des Pressegesprächs

Ludwigshafen – Eine Gruppe von zehn Studierenden der Hochschule Ludwigshafen am Rhein hat es sich im Sommer 2013 zum Ziel gesetzt, die Zukunftsaussichten sozial benachteiligter Kinder und Jugendlicher in der Metropolregion Rhein-Neckar zu verbessern und hat ehrenamtlich das soziale Bildungsprojekt „Rhein-Neckar Akademie“ auf die Beine gestellt. Getragen von einem europäischen Fond und Mitteln des Bildungs- und Teilhabepakets der Bundesregierung, bietet der gemeinnützige Verein kostenfreie Lernförderung an für alle, die sich Nachhilfe normalerweise finanziell nicht erlauben können. Dazu zählen neben Familien, die Arbeitslosengeld, Sozialhilfe, Wohngeld oder Kinderzuschlag erhalten, auch Flüchtlingsfamilien.

Der Gedanke dahinter: Durch rechtzeitige Förderung wird Kindern und Jugendlichen der Zugang zu Bildung ermöglicht und ihnen damit bessere Chancen auf einen guten Schulabschluss und auf einen geglückten Berufseinstieg eingeräumt. Doch das Angebot umfasst weit mehr als gewöhnliche Nachhilfe: Das derzeit rund 75-köpfige Team um Iman Ghobadi, den Mitbegründer und aktuellen Vorstand der Rhein-Neckar Akademie, bietet neben umfangreicher Beratung der betroffenen Familien im Vorfeld, auch Unterstützung bei der Antragstellung und Behördengängen an, arbeitet eng mit Fachlehrern, Familienhelfern, Schulen, Behörden und Kommunen zusammen, bietet Infomaterialien in über 15 Sprachen und vermittelt daneben auch kostenfreie Sportangebote wie beispielsweise das Fechtprogramm „En garde“.

Möglich wird dies nur durch ein gut funktionierendes Netzwerk und die Nutzung vorhandener Ressourcen. Iman Ghobadi, der neben seiner Arbeit als Vorstand der Akademie, auch ein Master-Studium an der Hochschule Ludwigshafen absolviert, erklärt:

„Unser Ziel war es von Anfang an, ein fortlaufendes Programm auf die Beine zu stellen, das kontinuierlich und personenunabhängig hilft. Die Nachhilfedozenten, Dolmetscher, Behördenbegleiter und Organisatoren rekrutieren wir dabei v.a. aus den Hochschulen in der Metropolregion – das ist ein riesiger Pool an hoch qualifizierten Fachkräften.“

Derzeit arbeiten v.a. Studierende der Hochschule Ludwigshafen und der Pädagogischen Hochschule Heidelberg als Nachhilfelehrer, darunter auch der Masterstudent Tobias Weigel von der Hochschule Ludwigshafen, der die Fächer Englisch, Mathe und Deutsch unterrichtet. Das Doppelte des Mindestlohns bekommen er und seine Kollegen für ihren Einsatz.

„Momentan arbeiten rund 45 Studierende als Nachhilfedozenten, 19 in der Beratung und rund 9 in der Verwaltung/ Organisation der Akademie. Betreut werden dabei aktuell 400 Kinder und ihre Familien, Tendenz steigend. Da sich die Anforderungen der einzelnen Städte und Gemeinden immer ein wenig unterscheiden, werden gerade die Berater speziell geschult und auch nur in bestimmten Gebieten eingesetzt, um keine Verwirrung zu stiften“,

erklärt Ghobadi.

Unterstützung erhalten der 29-jährige gebürtige Iraner und sein Team dabei von vielen Seiten: Neben den ehrenamtlich engagierten Helfern auch von Hochschulpräsident Professor Dr. Peter Mudra und seinem Kollegen Prof. Dr. Johannes Kals, die beide die Schirmherrschaft für das Projekt „Fallschirm – Bessere Chancen durch Bildung“ der Rhein-Neckar Akademie übernommen haben.

„Wir unterstützen dieses Projekt sehr gerne. Und gleich aus mehreren guten Gründen: Zum einen, weil wir als Hochschule einen Bildungsauftrag haben und unter Bildung mehr verstehen als die bloße Vermittlung von Wissen. Dann, weil wir uns der Charta der Vielfalt verpflichtet haben und Diversität für uns mehr ist als ein Lippenbekenntnis. Zum anderen, weil wir den Wert des ehrenamtlichen Engagements für die Zivilgesellschaft erkannt haben und als hohes Gut in den Curricula unserer Studiengänge verankert haben“,

erläutert Mudra im Rahmen des Pressegesprächs.

„Vor allen Dingen aber unterstützen wir die Rhein-Neckar Akademie, weil wir schon beim ersten Kontakt gemerkt haben – hier brennt jemand für seine Sache“.

Die Unterstützung erfolgt dabei ganz pragmatisch in der Zurverfügungstellung von Räumlichkeiten an der Hochschule oder im sprichwörtlichen „Öffnen von Türen“ durch Netzwerken.

Solches Networking bieten der jungen Akademie auch ihre Unterstützer aus den Gemeinden und Städten der Metropolregion Rhein-Neckar, in denen Ghobadi und sein Team aktiv sind. Wolfgang Jürriens, Bürgermeister der Gemeinde Helmstadt-Bargen, beispielsweise will im Rahmen seines Sprengels die Werbetrommel rühren und begreift die Arbeit der Akademie als wichtigen Baustein zum gesellschaftlichen Miteinander – gerade auch im Hinblick auf die Flüchtlinge, die seine Gemeinde aufnimmt. „Die räumliche Unterbringung allein langt uns nicht; die Einbindung in Kultur und Sprache sind uns wichtig und hier sehen wir die Akademie als selbstverständliche Erweiterung des Schulangebots“, so Jürriens. Auch sein Amtskollege Dieter Mörlein, Bürgermeister der Stadt Eppelheim, begrüßt das Angebot der Akademie:

„Bei mir rennen Sie offene Türen ein“,

sagte er im Rahmen des Pressegesprächs zu Ghobadi,

„noch haben wir keine Flüchtlinge, aber wir fördern schon seit über 10 Jahren Schülerinnen und Schüler sowie Studierende in ihrem Bildungserwerb und bauen das gerne weiter aus.“0

Ghobadi selbst sieht das Potential für einen weiteren Ausbau der Akademiearbeit gegeben:

„Wir haben die nötigen Ressourcen, um noch mehr Familien zu erreichen und zu unterstützen“.

Überstürzen will er jedoch nichts:

„Wichtig ist, dass das Wachstum mit Augenmaß und der nötigen Zeit erfolgt – die strukturellen Infrastrukturen müssen erst geschaffen werden.“

Der Anfang jedoch ist mehr als gemacht.