Wichtig ist, dass die Frisur stimmt

Ein Kommentar von Hannes Blank

Was ist das für ein komisches Land, in dem wir leben. Nach Monaten der Zugangsbeschränkungen werden als erste Maßnahme die Friseursalons zugänglich gemacht. Nichts ist nichts wichtiger, als dass man uns die Haare wieder professionell kürzen lassen darf.

Nach dem Primat des gepflegten Hairstyles kommt lange nichts, nur ein paar Grundschüler dürfen wieder in ihre Klassen. Am unteren Ende der gesellschaftlichen Wertschätzung steht die Kultur. Bestenfalls Partys mit Komasaufen werden noch stärker geächtet. Offenbar ist es nicht weit vom Besuch einer Rembrandt-Ausstellung bis zum gemeinschaftlichen ausgeübten Alkoholismus.

Auch Kinos sind schlecht gelitten. Sie gelten ja sowieso unter Jugendlichen als Orte, in denen man „vorglüht“, um danach in sog. Clubs die Nacht lang feiern zu können. Kino ist jedoch auch ein Ort der Kultur. Ein Sehnsuchtsort, in dem das Erzählen von ambivalenten Figuren in spannenden Situationen zelebriert wird: Ein großer, dunkler Raum, Reihen von Polstersesseln, das Licht geht aus, der Vorhang auf, und dann: Kultur!

„Es ist so magisch – ich weiß nicht warum –, in ein Kino zu gehen und die Lichter ausgehen zu sehen. Es ist sehr still, und dann beginnt sich der Vorhang zu öffnen“, schreibt Regisseur David Lynch („Lost Highway“, „Mullholland Drive“, „Straight Story“)-

Nein, statt Kino gilt derzeit TV-Serien-Streamen auf dem Haus-PC, den man wegen scheinbar endlosen Homeoffice eigentlich mal ein paar Stunden in der Freizeit ausschalten will. Bücher sind vielleicht noch der beste Ersatz fürs Kino. Lynch hat zum Beispiel schon vor Jahren eines über „Tranzendentale Meditation“ geschrieben. Kritiker halten diese Technik und die dahinter stehenden Organisationen für religionsähnliche Gemeinschaften. Aber vielleicht hilft es? Sich ein Kinobesuch imaginieren?


David Lynch:
Catching the big fish
Meditation – Kreativität – Film
Alexander Verlag Berlin 2016