Communities erfuhren vielfach nicht die Wertschätzung, die sie verdienen. Durch Corona wurde das etwas anders. / rzoze19 stock.adobe.com

Communities sind nicht nur einer der wichtigsten Teile des Internets. Sie sind sogar älter als das Netz selbst – schon in dessen Vorgänger, dem Usenet, gab es in Form der Newsgroups Communities zu allen möglichen Themen.

Gut möglich, dass es diese lange Zeit des Bestehens ist, die viele Menschen diesen so elementar wichtigen Part des Netzes ein wenig vergessen ließ – oder besser gesagt dazu führte, dass viele Communities als selbstverständlich ansahen; als etwas, über das man nicht großartig nachdachte.

Dann aber kam das Coronavirus. Und so, wie es auf der ganzen Welt Millionen in Kontaktverbote, in häusliche Quarantäne trieb, deckte es auch glasklar auf, wie wertvoll es ist, dass es so viele Netz-Communities gibt. Nicht nur in solchen Krisenzeiten, sondern ganz generell und aus verschiedenen Gründen.

Grund 1: Mensch-zu-Mensch Kontakte

Auch in Communities gibt es Bots, die gut darin sind, wie ein Mensch zu schreiben. Allerdings besteht die große Majorität aller Community-Teilnehmer immer noch aus Fleisch und Blut.

Auch ohne Corona-Lockdowns sind Communities für viele Menschen der wichtigste, teils einzige Sozialkontakt. / Rido stock.adobe.com

Und ganz gleich, ob es YouTube ist, Instagram oder ein freies Forum zu einem konkreten Thema: Diese Menschen, die dahinterstecken, sind für viele der wichtigste soziale Kontakt.

In dem Moment, in dem viele Länder Corona-bedingte Kontaktverbote oder gar generelle Ausgangssperren erließen, koppelten sie zahllose Menschen von ihren üblichen (offline-) Sozialkontakten ab. Wer nicht mit Eltern, Partner oder einer Wohngemeinschaft zusammenlebte, war urplötzlich von der Außenwelt abgeschnitten und ist es zu dem Zeitpunkt, an dem dieser Text verfasst wird, immer noch. Kommt dann noch Home-Office, Kurzarbeit oder gar eine Schließung des Arbeitgebers hinzu, sitzt man den ganzen Tag allein zuhause.

Aber man darf dabei eines nicht vergessen: Auch jenseits von Corona gibt es zahllose Menschen, die so leben. Alleinstehende Senioren, Singles mit unkonventionellen Arbeitszeiten, um zwei Beispiele zu nennen. Für sie bedeuten die Communities vor allem Kontakt zu anderen. Weit mehr als bloße Unterhaltung, sondern Erfüllung eines der wichtigsten menschlichen Grundbedürfnisse – soziale Beziehungen.

Grund 2: Neues erlernen

Ratgeber contra Langeweile werden während der Corona-Pandemie viele veröffentlicht. Bloß: Die allermeisten zeigen nur temporäre Dinge. Hier ein Buch, da eine Aufräum-Aufgabe. Keine langfristige Ablenkung für die nun stark erhöhte heimische Freizeit. Bei vielen erwuchs deshalb die Idee, etwas Neues zu erlernen, um eine langfristig erfüllende, sinnvolle Beschäftigung zu haben.

Hier wartet jedoch das nächste Problem: Sämtliche Kurse, Lehrer, buchstäblich alle Fachleute, die Neues vermitteln können, sind ebenfalls zu heimischer Untätigkeit und Kontaktverboten verdammt.

Genau das ist abermals ein Problem, das schon lange vor dem Virus bestand und es auch danach noch tun wird. Denn längst nicht jeder Mensch hat Zeit, Geld oder Möglichkeiten, Offline-Angebote wahrzunehmen, um neue Fertigkeiten zu erlernen oder bestehende zu verfeinern. Und das gilt für jedes Thema zwischen Nachhilfe und musischen Künsten.

An diesem Punkt trifft die Community-Natur auf die Kostenlos-Kultur des Internets. Denn Communities sind eines der letzten Refugien der digitalen Welt, in denen Menschen noch freiwillig und uneigennützig, geradezu altruistisch ihr Wissen mit anderen teilen.

Und nach wie vor ist die Themen-Bandbreite gigantisch: Sie reicht vom Casino-Umfeld, wo Spielerwissen weitergegeben wird, erstreckt sich über die nicht minder große Fotografie-Sparte mit Anfänger- und Fortgeschrittenentipps, geht über Selbermachen/DIY, Musikinstrumente bis hin zu Kosmetik-Ratschlägen, Tierpflege und Gärtnern.

Was nimmt man, wie funktioniert es, wie nutze ich es vollumfänglich? In Sachen Wissen macht Communities keiner etwas vor. / kite_rin stock.adobe.com

Tatsächlich darf man davon ausgehen, dass es zu jedem denkbaren Thema eine Community gibt – und weil .de zu den meistvergebenen Internet-Länderkennungen gehört, gibt es praktisch alles auch auf Deutsch; selbst zu Nischen-Themen wie der Haltung von exotischen Ameisenarten.

Damit gehören Communities, ganz simpel formuliert, zu den größten Lehrmeistern der Welt. Kaum weniger bedeutend als Schulen, Universitäten, sonstige Ausbildungszentren.

Grund 3: Mediale Meldungen transparenter machen

Dass die Intensität, die „Schlagzahl“, in den Medien durch das Internet schon seit Jahren immer schneller wird, ist eine breitbekannte und auch von manchen Kreisen vielkritisierte Tatsache.

Wer allerdings gedacht hatte, dass US-Wahlen, große Sportereignisse oder der Klimawandel für enorme Artikel-Mengen innerhalb kürzester Zeit gesorgt hätten, wurde durch Corona eines Besseren belehrt – denn das Virus sorgte dafür, dass die Meldungs-Intensität eine ungekannt dramatische Steigerung erfuhr.
• Nationale / regionale Verbreitung;
• Unterschiedliche Kompetenzen zwischen Landes- und Staatsregierungen;
• Sich unterscheidende Eingaben von Wissenschaftlern, Medizinern und anderen Fachleuten;
• Unterschiedliche Reaktionen von Verbänden, Firmen, anderen Schlüsselstellen;
das alles führte in jedem Land zu einer ungekannten Nachrichtenflut. Nicht nur das: Oftmals widersprechen Meldungen sich, vielfach sind sie schon wenige Minuten, nachdem sie veröffentlicht wurden, veraltet. Und an manchen Tagen wird so viel Neues vermeldet, dass man selbst dann nicht folgen könnte, wenn man 24/7 am Ball bliebe.

Durch Corona wurde ein Teil des Internets, der eigentlich wegen der Echtzeit-Verfügbarkeit von Nachrichten so wichtig war und ist, schlicht zu schnell für die allermeisten Menschen.

Erneut geht ein Lob an die Communities. Schon immer spielten sie eine wichtige Rolle darin, Nachrichten zu filtern, aufzubereiten, kurz: Überblicke zu ermöglichen. Der Grund dafür sind abermals die vielen Menschen, die in einer beliebigen Community vertreten sind.
Sie ermöglichen eine Art „Schwarmverhalten“. Jeder trägt einen kleinen Teil an Recherchearbeit bei – vielleicht während Corona etwas mehr, weil er zuhause sonst nichts zu tun hat. Insgesamt wird daraus jedoch ein dauernd aktualisiertes, aber auch für Laien wesentlich übersichtlicheres Bild, das selbst von größten Nachrichten-Schlagzahlen nicht überwältigt werden kann.

Einmal mehr darf man hierbei die selbsternannte „Frontpage of the Internet“ hervorheben, Reddit. Das dort bereitstehende Subreddit r/Coronavirus gilt als Paradebeispiel des filternden Schwarmbewusstseins. Nicht weniger als 1,6 Millionen Mitglieder tragen hier Wissen zusammen und ermöglichen einen dauernd aktuellen, aber im Vergleich zu den meisten Nachrichtenseiten übersichtlicheren Blick auf den Stand der Dinge.

Grund 4: Fake News aufdecken

Fake News gab es schon vor Corona und wird es wohl immer geben. Und leider haben viele Fake News ihren Ausgang just in Communities – immer wieder wird an dieser Stelle der Gegenpol zu Reddit, die Seite 4chan, genannt.

Ja, Tatsache ist, dass auch während Corona dort (aber auch anderswo, etwa von einschlägigen Verschwörungs-YouTubern) sehr viele Halb- und Unwahrheiten auf den Weg um die Welt geschickt werden. Allerdings wäre es völlig falsch, Communities deswegen generell der Lüge zu bezichtigen.

Fake News verbreiten sich enorm schnell – und nur Communities haben die „Manpower“, um sie schnell zu bremsen. / georgejmclittle stock.adobe.com

Im Gegenteil. Der weitaus größere Teil der digitalen Gemeinschaften nutzt das Schwarmverhalten auch dafür, eine gnadenlose Recherche zu betreiben. Eine Macht, gegen die selbst große Nachrichtenredaktionen, ja selbst Regierungsstellen gegen Fake News, personalschwach wirken.

Natürlich ist eine Fake News schnell verbreitet. Aber die größte Schlagkraft zur Eindämmung haben Communities. Zumal sie sehr häufig auch durch ihre gelebte personelle Vielfalt unangreifbar für Kritik der Einseitigkeit sind.

Grund 5: Ängste nehmen

Das Schöne an Communities ist, dass sich hier jeder gleichberechtigt einbringen kann. Es schreiben nicht nur Laien, sondern im Gegenteil oft ausgesprochene Experten ihres Faches.

Das hat nicht nur den bereits genannten Vorteil, von deren Wissen kostenlos profitieren zu können, um Neues zu erlernen. Sondern es sorgt auch dafür, dass viele Ängste genommen werden.

Denken wir abermals an Corona: Es ist tatsächlich eine ziemlich unheimliche Situation, die man sonst nur aus Filmen kennt, die sich mit Pandemien befassen. Ein Virus sieht man nicht, riecht es nicht, schmeckt es nicht. Die Straßen sind menschenleer, Leute hamstern, überall Polizei, Gesichter mit Masken.

Und in so einer Situation sitzen Millionen von Menschen allein zuhause, bekommen widersprüchliche Meldungen aus den Nachrichten. Selbst ansonsten stabile, rationale Charaktere können angesichts dessen verunsichert und ängstlich werden.

Abermals sind es Communities. Und wieder nicht nur während Corona, sondern zu jeder Zeit. Sie trösten, nehmen Halbwissen, ersetzen es durch Fakten und ermöglichen sogar persönlich zugeschnittene Einschätzungen. Sie sind wie gute Freunde, aber viel zahlreicher und mit zahllosen Experten für alle möglichen Themen durchsetzt.

Zudem wissen alle, die hier schreiben, dass die Mitglieder so unterschiedlich sind. Das macht den Trost nicht nur wirksamer, sondern sorgt auch oft für leichter verständliche Erklärungen als das, was viele Regierungen und Medien liefern.

Fazit

Für viele Menschen mögen Communities früher nur ein ganz normaler, angenehmer Teil der digitalen Welt gewesen sein. Doch schon vor und erst recht während Corona waren und sind sie viel mehr. Sie sind ein unglaublich wichtiger Anlaufpunkt von und für Menschen – und vielleicht sollten wir alle diesen Fakt im Langzeitgedächtnis speichern. Denn Communities leben davon, dass jeder ein kleines Teilchen beiträgt. Es wird immer auf der anderen Seite jemanden geben, der im höchsten Maß für diesen Beitrag dankbar ist.