
Karlsruhe – Mit einem feierlichen Opening wurde am vergangenen Sonntag die 66. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Neurochirurgie, DGNC, eröffnet.
Nach der Begrüßung durch Tagungspräsidenten Prof. Dr. Uwe Spetzger, Direktor der Neurochirurgischen Klinik am Städtischen Klinikum Karlsruhe und einem Grußwort von Oberbürgermeister Dr. Frank Mentrup folgte ein Festvortrag des Kulturwissenschaftlers und Philosophen Prof. Peter Sloterdijk.
Unter dem Titel ‚Ausweitung der Behandlungszone – Philosophische Anmerkungen zum operablen Menschen der Moderne' beleuchtete Sloterdijk die Anästhesie als Paradigmenwechsel in der Medizin aber auch als 'Stunden, die im Leben eines Menschen fehlen‘ gewohnt pointiert und durchaus kritisch.
Während des viertägigen Kongresses fanden unter dem übergeordneten Thema ‚Individualisierung und Neuorientierung‘ mehr als 150 Veranstaltungen zu den vier Themengebieten Zerebrovaskuläre Therapie, Moderne Schädelbasischirurgie, Spinale Implantate und – in Kooperation mit dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT) – Robotik statt. Vorträge internationaler renommierter Neurochirurgen, Symposien, Workshops oder auch Fortbildungskurse wie das neu entwickelte Zirkeltraining wurden im Kongresszentrum Karlsruhe von rund 1200 Teilnehmern sehr gut angenommen. Ein Freundschaftstreffen mit der Italienischen Gesellschaft für Neurochirurgie (SINch) war in das Hauptprogramm integriert.
Neben dem umfangreichen wissenschaftlichen Programm präsentierten rund 500 Aussteller ihre Innovationen in der Medizintechnik.
Besonderes Interesse fand die ‚Robotic-Area‘, ein eigens eingerichteter Bereich, in dem medizinische Assistenzsysteme vorgestellt und ausprobiert wurden. Anhand eindrücklicher Vorführungen wurde deutlich, dass Roboter in assistierender Funktion eine hilfreiche Unterstützung der Arbeit des Neurochirurgen bieten können.
Präsentiert wurde unter anderem ein robotisierter Assistent namens ‚Rosa‘, der zukünftig hauptsächlich bei Wirbelkörperbrüchen oder Bandscheibenvorfällen zum Einsatz kommen wird. Das System platziert Pedikelschrauben zur Stabilisierung der Wirbelsäule passgenau und gleicht mittels Tracking selbsttätig eventuelle Bewegungen aus, die z.B. durch Atmung des Patienten oder Berührung durch die Operierenden entstehen. Weiterer großer Vorteil für den Patienten: geringere Belastung, wesentlich schnellere Heilung und minimiertes Infektionsrisiko dank minimalinvasiver Operation. Mitte Juni 2015 wird ‚Rosa‘ erstmals in Deutschland in Betrieb genommen.
Ein weiteres vor Ort präsentiertes stereotaktisches System unterstützt den Neurochirurgen dabei, Ziele im Inneren des Schädels punktgenau anzusteuern, was mittels ultraschallbasierten Targetings auch ohne Fixierung des Patienten präzise gelingt. Die Anwendungs- bereiche sind vielfältig: Von der Biopsie bestimmter Hirnareale über endoskopische Navigation mittels Software im Inneren des Hirns bis hin zum punktgenauen Platzieren von Elektroden zur Behandlung von Epilepsie oder Parkinson.
Anlässlich des jährlich am 8. Juni stattfindenden Welthirntumortags öffnete sich die medizinische Fachtagung mit einer Patientenveranstaltung zudem erstmals der interessierten Öffentlichkeit.
Im Konzerthaus Karlsruhe referierten unter anderem Prof. Dr. Uwe Spetzger sowie der Direktor des NCT Heidelberg und Experte der Neuroonkologie Prof. Dr. Wolfgang Wick über Entwicklungen in Therapie und Nachsorge und beantworteten die Fragen des anwesenden Publikums. Zahlreiche Interessierte aber auch Fachärzte besuchten die interdisziplinär angelegte Veranstaltung.
„Wir sind sehr froh darüber, dass die DGNC uns ermöglicht hat, im Rahmen ihrer Jahrestagung auf den Welthirntumortag und die wichtige Arbeit der Deutschen Hirntumorhilfe aufmerksam zu machen“,
so Julia Schwarzenberger. Die Sprecherin der Deutschen Hirn- tumorhilfe betonte, dass die Jahrestagung den idealen Rahmen bildet um auf die Bedeu- tung von Forschung und Wissenschaft aufmerksam zu machen und – gerade in Verbindung mit dem jährlich stattfndenden Gedenktag – daran zu erinnern, wie wichtig es ist, Solidarität mit den Betroffenen zu zeigen.
Abschließend zog Tagungspräsident Prof. Dr. Uwe Spetzger ein sehr positives Resümee:
„Es gab ein wirklich hochkarätiges Programm, auch die italienischen Beiträge im Rahmen des Freundschaftstreffens mit der Italienischen Gesellschaft für Neurochirurgie waren von außerordentlich hohem Niveau. Ich bin stolz und froh, dass wir zusammen mit unserem Team und den Organisatoren die Jahrestagung hier in Karlsruhe im Jahr des Stadtgeburts- tags auf die Beine gestellt haben.“
Auch Prof. Dr. Volker Seifert, Direktor der Neurochirurgischen Universitätsklinik Frankfurt/ Main und Präsident der DGNC, lobte Organisation und Programm der 66. Jahrestagung:
„Wir sind als Fachgesellschaft zum ersten Mal hier in Karlsruhe und hatten unter der Leitung von Prof. Spetzger einen exzellenten Kongress mit einem hervorragenden wissenschaftlichen Programm. Ein großer und schöner Erfolg.“