Zahl offener Hausarztstellen in Rheinland-Pfalz weiter angestiegen

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Mainz – Der Bedarf an Hausärzten in Rheinland-Pfalz wächst weiter. Das geht aus dem neuen Bedarfsplan hervor, den der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen im Juni vorgelegt hat. Allein zwischen November 2014 und Juni 2015 ist die Zahl der offenen Hausarztsitze von 82,5 auf 93 gestiegen. Landesweit fehlen Hausärzte, derzeit in 25 der 51 hausärztlichen Planungsregionen, im November 2014 waren noch 23 Regionen betroffen.

Hinzu kommen aktuell noch 50 offene Facharztsitze. 19 hausärztliche Planungsbereiche, so genannte Mittelbereiche, blieben auch nach der jüngsten Bedarfsermittlung geöffnet. Dort werden weiterhin insgesamt 80,5 Hausärzte gesucht. In 5 Mittelbereichen ist durch das Schließen von Hausarztpraxen der Versorgungsgrad unter die Grenze von 110 Prozent gesunken, so dass diese Regionen für eine zusätzliche Niederlassung von insgesamt 6,5 Hausärzten geöffnet wurden. In einem Mittelbereich ist ein Bedarf von 6 Hausärzten durch den Neuzuschnitt dieser Planungsregion entstanden.

Nur in 3 Planungsregionen ist es gelungen, die insgesamt 2,5 noch offenen Hausarztsitze wieder zu besetzen, so dass die Planungsregionen für eine zusätzliche Niederlassung geschlossen wurden. Der unabhängige Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen ist zuständig für die Öffnung oder Sperrung von Regionen für eine Niederlassung oder Anstellung von Ärzten. Ermittelt wird der Versorgungsgrad aus dem Verhältnis zwischen der Zahl der Ärzte und der Zahl der Einwohner einer Planungsregion.

Ärztemangel trifft ländliche Regionen besonders hart

Vor dem Hintergrund der weiter wachsenden Zahl offener Arztsitze warnt Dr. Peter Heinz, hausärztlicher und stellvertretender Vorstandsvorsitzender der KV RLP, vor akuten Versorgungsengpässen in einzelnen Regionen in den nächsten Jahren: „Der Ärztemangel betrifft nicht nur ländliche Regionen. Auch in städtischen und stadtnahen Bezirken werden derzeit Hausärzte gesucht. Die Auswirkungen des Ärztemangels treffen allerdings die Menschen in stadtfernen Regionen ungleich härter. Wenn eine der wenigen oder sogar die einzige Hausarztpraxis einer Region schließt, entsteht ein echtes Versorgungsproblem, insbesondere für ältere Patienten.“ In Städten können laut Dr. Heinz die Patienten von nicht nachbesetzten Praxen derzeit noch eher von weiterhin praktizierenden Kollegen aufgefangen werden. „Wenn es aber nicht gelingt, wieder mehr junge Ärzte für die ambulante Versorgung zu gewinnen, werden auch im städtischen Umfeld Versorgungsengpässe immer deutlicher spürbar.“

‚Ort sucht Arzt‘ soll Ärzte in Gemeinden vermitteln

Seit Anfang Mai können sich rheinland-pfälzische Gemeinden, die jetzt oder in Kürze besonders dringend einen Haus- oder Facharzt suchen, auf der Website der KV RLP unter ‚Ort sucht Arzt‘ präsentieren. Ärzte, die sich niederlassen möchten, können so direkt mit den Gemeinden in Kontakt treten. Unter www.ort-sucht-arzt.de haben bislang Gemeinden aus 19 der 51 hausärztlichen Planungsbereichen in Rheinland-Pfalz Suchannoncen veröffentlicht. 11 dieser Mittelbereiche sind derzeit geöffnet, so dass sich Hausärzte direkt niederlassen können. In 8 dieser Mittelbereiche werden in Kürze Hausarztsitze frei; hier beginnen die Gemeinden bereits jetzt mit der Nachfolgersuche. Aus 14 jetzt bereits geöffneten Mittelbereiche sind bislang noch keine Suchannoncen eingegangen.

Dr. Sigrid Ultes-Kaiser, Vorstandsvorsitzende der KV RLP, bewertet ‚Ort sucht Arztʼ als weitere Hilfe für Gemeinden im Wettbewerb um die knapper werdende Ressource Arzt und Psychotherapeut. Sie weist jedoch darauf hin, „dass sich ohne einen grundlegenden Paradigmenwechsel im deutschen Gesundheitswesen, der sowohl einen spürbaren Bürokratieabbau als auch eine echte Steuerung der Inanspruchnahme ärztlicher und psychotherapeutischer Leistungen und damit eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen für Ärzte und Psychotherapeuten mit sich bringt, zukünftig nicht mehr genügend junge Menschen für eine Niederlassung entscheiden werden und so nicht mehr alle frei werdenden Arzt- und Psychotherapeutensitze nachbesetzt werden können.“

Die notwendigen Veränderungen erfordern von den politischen Entscheidungsträgern mutige und richtungsweisende Reformen. Das vom Bundestag kürzlich verabschiedete GKV-Versorgungsstärkungsgesetz erfüllt nach Ansicht von Dr. Ultes-Kaiser dagegen diese Bedingungen nicht: Es regele kleinteilig Scheinprobleme und konterkariere die Freiberuflichkeit, vermindere also im Gegenteil die Attraktivität einer Niederlassung. Beispielhaft sei der Zwangsaufkauf von Arzt- und Psychotherapiesitzen in behauptet überversorgten Regionen: „Es werden sowohl in städtischen als auch ländlichen Regionen Arztsitze wegfallen. Das ist in Zeiten eines bereits spürbaren und zunehmenden Ärztemangels geradezu absurd.“

Der neue Onlineservice der KV RLP ‚Ort sucht Arzt‘ bietet alle Informationen unter: www.ort-sucht-arzt.de