Tote und Verletzte in Kiew – Zeigen oder nicht zeigen?

Uns erreichten viele Fotos und Videosequenzen vom Blutbad in der Ukraine. In Kiew wurden Demonstranten, unbewaffnete Menschen, von regierungsnahen Spezialeinheiten erschossen. Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) versucht nun auf die Veröffentlichung von Fotos Einfluss zu nehmen.

Pressemitteilung des DJV:

Der Deutsche Journalisten-Verband hat im Zusammenhang mit dem Blutbad in der Innenstadt von Kiew die Medien zu einer möglichst sachlichen Berichterstattung aufgefordert.

Ein Videofilm, auf dem in Bild und Ton zu sehen ist, wie Demonstranten von Gewehrschüssen getroffen werden, hat aus Sicht des DJV in Fernsehberichten und Online-Medien nichts zu suchen. „Die Fakten sind so schon erschreckend genug, da bedarf es nicht noch dieser grausamen Bilder“, mahnte DJV-Bundesvorsitzender Michael Konken.

Der Pressekodex sagt in Ziffer 11 aus: „Die Presse verzichtet auf eine unangemessen sensationelle Darstellung von Gewalt, Brutalität und Leid.“  

Für die Veröffentlichung von Fotos, Filmen und Texten ist die Redaktion verantwortlich, die sich selbstverständlich an den Pressekodex hält bzw. halten sollte. Die Entscheidung über das veröffentlichte Bildmaterial gerade von Kriegen und eskalierenden Demonstrationen stellt einen hohen Anspruch an die Verantwortlichen. Selbst die deutsche Politik, die oft mit diplomatischen Worten ("wir missbilligen die Gewalt") auf Schmusekurs mit gewaltverherrlichenden Regimen geht, hat sich mittlerweile zu einem härteren Kurs durchgerungen und Sanktionen zumindestens angekündigt.

Die Fotos von verletzten Menschen in Kiew sind Dokumente der Zeitgeschichte und werden nicht einfach so veröffentlicht, um Leser an Zeitungen zu binden. Sie zeigen die Gräueltaten und Verbrechen an Menschen, die ihr Grundrecht auf Demonstration ausüben. Dieses Grundrecht gibt es zur Zeit in Deutschland noch, ebenso wie die Pressefreiheit. Die Presse entscheidet, was sie veröffentlicht und muss sich anhand ihrer "Taten" messen lassen. Dass sich nun der Deutsche Journalisten-Verband in diese Entscheidung einmischt, ist aus unserer Sicht nicht nachvollziehbar. 

Welche unfassbaren Vorgänge in der Ukraine passieren, zeigen Fotos von Boston.com und Filme (Youtube, mit Altersbeschränkung). Solche Bilder sind für eine Demokratie ein Skandal. 

Der Deutsche Journalisten-Verband ist somit von seiner Kernkompetenz (Interessensvertretung der ihm angeschlossenen Journalisten) abgekommen und versucht sich in politischer Einflussnahme. Wir lehnen dieses Verhalten ab.