Zwei Salzsee-Legenden im Auto & Technik Museum Sinsheim

Zwei Redkordfahrzeuge, die an diesem legendären Ort Geschichte geschrieben haben, können derzeit im Auto & Technik Museum Sinsheim bewundert werden – das Raketenauto „The Blue Flame“ und die Kreidler „Zigarre“.

Legendäre Orte, an denen Helden und Glücksritter für Ruhm, Geld oder einen Platz in der Geschichte Grenzen zu durchbrechen versuchten, haben auf die Fantasie der Menschen schon immer einen besonderen Reiz ausgeübt. Der ausgetrocknete Salzsee von Bonneville in Utah / USA ist ein solcher legendärer Ort. Eingebettet in eine lebensfeindliche Wüstenlandschaft, dafür aber topfeben und ohne natürliche Hindernisse, stehen die „Bonneville Salt Flats“ symbolhaft für die menschliche Leidenschaft, immer höhere Geschwindigkeiten zu erreichen.

Zwei Rekordfahrzeuge, die an diesem legendären Ort Geschichte geschrieben haben, können derzeit im Auto & Technik Museum Sinsheim bewundert werden – das Raketenauto „The Blue Flame“ und die Kreidler „Zigarre“.

Schon bei der Eröffnung des Museums in Sinsheim im Jahr 1981 war die „The Blue Flame“ (auf Deutsch: „Die blaue Flamme“) eines der spektakulärsten Exponate. Der Name für das Rekordfahrzeug ist durchaus zutreffend. Als Treibstoff diente nämlich eine höchst explosive Mischung aus flüssigem Erdgas und Wasserstoffsuperoxyd, das die „The Blue Flame” auf einem blauen Feuerstrahl vorantrieb. Am 7. Oktober 1970 stellte der Amerikaner Gary Gabelich mit dieser Kreuzung aus Auto und Rakete auf dem Bonneville-Salzsee mit einer Durchschnitts-Geschwindigkeit von 1014,656 km/h einen phantastischen neuen absoluten Geschwindigkeits-Weltrekord für Landfahrzeuge auf. Erst am 4. Oktober 1983 gelang dem Engländer Richard Noble eine Verbesserung. Mit seiner düsengetriebenen „Thrust 2” erreichte er in der Wüste von Black Rock in Nevada eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 1019,44 km/h. Bis heute ist die „The Blue Flame“, die sich im Besitz des Museums befindet und ein fester Bestandteil der Museumsausstellung ist, aber noch immer das schnellste Landfahrzeug mit Raketenantrieb aller Zeiten.

Nicht ganz so schnell aber ebenso spektakulär ist der mit der Kreidler „Zigarre“ aufgestellte Weltrekord. Zwischen 1951 und 1982 war die in Kornwestheim bei Stuttgart angesiedelte Firma Kreidler Marktführer bei den Zweirädern mit 50-cm3-Motor. Über eine Million Mofas, Mopeds, Mokicks und Kleinkrafträder liefen bei Kreidler im Laufe der drei Jahrzehnte währenden Zweiradproduktion vom Band. Dabei setzte die Firma nachhaltige Trends, war mit technischen Innovationen den Mitbewerbern oft einen Schritt voraus, und errang viele Rennerfolge.

Was lag also näher, als die technische Überlegenheit auch mit einem Geschwindigkeits-Weltrekord für 50-cm3-Motorräder unter Beweis zu stellen? Der Bonneville-Salzsee war dafür genau der richtige Ort, denn an gleicher Stelle hatte der deutsche Rennfahrer Wilhelm Herz 1956 erstmals die 200 mp/h Schallmauer für Motorräder durchbrochen. Am 23. Oktober 1965 konnte das Expeditionsteam aus dem Schwabenland mit dem Fahrer Rudolf Kunz Vollzug melden. Als Mittelwert aus Hin- und Rückfahrt ermittelten die offiziellen Beobachter folgende Rekorde: 209,777 km/h für den Kilometer, 208,247 km/h für die Meile und 180,785 km/h Durchschnitt über 10 km. Die während der Rekordfahrten erreichte Höchstgeschwindigkeit lag bei 210,634 km/h – und dies mit einem Motörchen mit 50 cm3 Hubraum, der dank zweier Drehschieber und Kompressor-Aufladung 15 PS bei 15.000 /min leistete. Um Platz und Gewicht zu sparen wurde auf große Kühlrippen oder eine Wasserkühlung verzichtet, und der Motor während der Rekordfahrten ganz einfach mit Eiswürfeln gekühlt. Der Rekord über 1 km hielt 12 Jahre lang, bis er 1977, wieder mit einem Kreidler-Motor, vom Holländer Henk van Kessel verbessert wurde. Die Kreidler „Zigarre“ wird derzeit als Leihgabe des NSU-Museums im Rahmen der Sonderausstellung „Kreider – Die Kultmopeds 1951 bis 1982“ in Sinsheim gezeigt, und kann dort noch bis zum 1. Dezember 2014 bewundert werden.