Neustadt: Benefizkonzert zugunsten der Restaurierung der Stiftskirche am 12. Oktober 2019 mit dem Neuenheimer Kammerorchester

Neuenheimer Kammerorchester (Foto: Klaus Kreplin 2014)
Neuenheimer Kammerorchester (Foto: Klaus Kreplin 2014)

Neustadt an der Weinstraße – Das Neuenheimer Kammerorchester unter der Leitung von Matthias Metzger wird am Samstag, 12.10.19, um 19 Uhr in der Neustadter Stiftskirche ein Benefizkonzert zugunsten des Bau- und Fördervereins veranstalten. Der Eintritt ist frei, um Spenden für die Freilegung der Malereien wird gebeten.

Das Neuenheimer Kammerorchester wurde 2007 von führenden Mitgliedern Heidelberger nicht-professioneller Orchester gegründet. Neben den großen Werken der Streichorchester-Literatur wie den Serenaden von Dvořák und Tschaikowsky, dem Divertimento von Bartók oder Schostakowitschs Kammersinfonie kommen regelmäßig auch hochwertige Raritäten zur Aufführung. Zu letzteren zählen Beethovens Konzert für 2 Hörner und Streicher, das Klarinettenkonzert von Mieczyslaw Weinberg als deutsche Erstaufführung oder Haydns Doppelkonzert für Harfe, Violine und Streicher mit der ARD-Wettbewerb-Preisträgerin Mirjam Schröder und Matthias Metzger als Solisten. Mehrfach wurden dem Ensemble Frische und Musizierfreude bescheinigt. So schrieb Matthias Roth in der Rhein-Neckar-Zeitung (RNZ) unter dem Titel „Vivaldis ganze Farbpalette“: „Die ca. 20 Streicher spielten Vivaldi klanglich differenziert und rhythmisch prägnant. Sie wussten mit dem Bogen zu artikulieren, was die Musik lebendig macht und den ganzen Reichtum an Ausdrucksmöglichkeiten offenbarte, der in Vivaldis Partitur steckt. […] Die Musiker kosteten beherzt alle Klangschattierungen aus.“ Die Weinberg-Erstaufführung beschrieb die RNZ unter dem Titel „Da konnte man nur noch staunen“ als „sehr temperamentvoll und feinsinnig, romantisch behaucht und dynamisch anrührend“.

Matthias Metzger studierte Violine bei Ulf Hoelscher (Karlsruhe) sowie auf Meisterkursen bei Gerhard Schulz (Alban Berg Quartett), Robert Soëtens (Paris) und Roman Nodel (Mannheim). Auf Interpretationskursen bei Nikolaus Harnoncourt (Wien), Reinhard Goebel (Musica Antiqua Köln) und in langjähriger Zusammenarbeit mit Margaret Faultless (Royal Academy of Music London) eignete er sich die historisch informierte Aufführungspraxis an. Metzger war Mitbegründer des Schlierbacher Kammerorchesters und der Heidelberger Sinfoniker und wirkte als deren Konzertmeister bis 2003. Mit diesen Ensembles spielte er zahlreiche international preisgekrönte CD-Aufnahmen ein. Seit 2007 ist er Konzertmeister der Deutschen Philharmonie Merck. Darüber hinaus konzertiert Matthias Metzger als Solist und widmet sich intensiv der Kammermusik. CD-Einspielungen aus seiner Zeit als Mitglied des Zehetmair Quartetts erfuhren höchste internationale Anerkennung (»Gramophone Award«, »Diapason d’or de l’année«, »Edison«). Das Neuenheimer Kammerorchester leitet Matthias Metzger seit 2008.

Komponisten der nordischen Länder Dänemark und Finnland hat das Neuenheimer Kammerorchester für sein Konzert ausgewählt, die Dänen Niels Gade (1817-1890) und Asger Hamerik (1843-1923) sowie den Finnen Jean Sibelius (1865-1957). Alle drei wurden zunächst als Geigen-Solisten ausgebildet, wandten sich dann der Komposition zu und betätigten sich als Dirigenten nicht nur ihrer eigenen Werke. In Deutschland am wenigsten bekannt ist zweifellos Hamerik, dessen wunderbare Sinfonie „Spirituelle“ zu den hochwertigen Raritäten zu zählen ist, die das Orchester regelmäßig in seine Programme aufnimmt. Hamerik studierte Komposition bei Niels Gade, dem Begründer der dänischen Musiktradition, sowie bei Hector Berlioz, Meister der modernen Orchesterinstrumentation. 1871 ergriff er die Gelegenheit, als Leiter des Konservatoriums und Musikvereins Peabody Institute nach Baltimore in die USA zu gehen, wo er die nächsten 27 Jahre seines Lebens als Komponist und als Dirigent des Peabody-Orchesters tätig war. Dass Hamerik die sechste seiner 7 Sinfonien für ein reines Streichorchester komponierte, war dem Umstand zu verdanken, dass die Bläser in Baltimore und New York gerade streikten. Herausgekommen ist ein erstklassiges Werk, das sich mit den Serenaden der „Titanen“ Tschaikowsky und Dvořák messen lassen kann.

Niels Gade studierte Komposition u.a. bei Felix Mendelssohn in Leipzig und dirigierte als dessen Assistent und Nachfolger das Gewandhausorchester. 1848 mit Beginn des ersten Schleswigschen Krieges kehrte Gade nach Kopenhagen zurück, wurde Leiter des dortigen Musikvereins, gründete ein neues Orchester und leitete 40 Jahre lang unzählige Konzerte. Darüber hinaus war Gade Mitbegründer und erster Direktor des Kopenhagener Konservatoriums, wo er Komposition, Instrumentation und Musikgeschichte lehrte. In dieser Funktion übte Gade großen Einfluss auf viele skandinavische Komponisten wie Edvard Grieg oder Carl Nielsen aus. In seinen Noveletten op. 53 aus dem Jahre 1874 bedient sich der Komponist der von Robert Schumann begründeten Form des Charakterstückes. Feinsinnig verwobene Stimmungen des ersten Satzes, gefolgt von einem fast skurril anmutenden Scherzo, der sehr lyrische langsame Satz sowie das schwungvolle Finale fügen sich zu einer der Sinfonie angenäherten zyklischen Form zusammen.

Jean Sibelius war auch ein leidenschaftlicher Nationalist, dessen Musik in der Zeit, als sich das Land von Schweden und Russland löste, den Geist Finnlands wachrief. Finnische Mythen und Volksmärchen hatten einen starken Einfluss auf die Themen, die er für seine Musik auswählte, und obwohl Sibelius nie echte Volksweisen verwendete, können viele seiner Werke als unverwechselbar finnisch bezeichnet werden. „Es freut mich sehr ein Dichter der Natur genannt zu werden, denn die Natur war für mich wirklich das Buch der Bücher,“ schrieb Sibelius. Die Romanze op. 42 stammt aus dem Jahr 1903, einer besonders glücklichen Zeit in Sibelius Leben. Hier findet man die elegischen Aspekte von Sibelius Stil, dichte, dunkle Streicherklänge angereichert durch eine Fülle thematischer Erfindungen. Das Impromptu für Streichorchester basiert auf zwei Impromptus für Klavier aus dem Jahr 1893, die Sibelius wenig später zusammengefasst und für Streichorchester bearbeitet hat. Die Themen hatte er schon früher für ein Melodrama nach einem Gedicht von Johan Ludwig Runeberg verwendet. Es geht darin um einen Traum, in welchem der Dichter die Glückseligkeit einer früheren Liebe nochmals erlebt bis im Augenblick höchster Freude der Traum abbricht. Das Impromptu ist ein hochemotionales kleines Werk.

Benefizkonzert zugunsten der Restaurierung der Stiftskirche
12.10.2019, 19:00, Stiftskirche Neustadt / W.
Neuenheimer Kammerorchester, Leitung Matthias Metzger
„Nordische Meister“
Jean Sibelius (1865-1957): Impromptu op. 5, Romanze op. 42

Niels Gade (1817-1890): Noveletten op. 53

Asger Hamerik (1843-1923): Sinfonie „Spirituelle“
Dauer: ca. 1 Stunde