KARLSRUHE – Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hat mit Urteil vom 31.07.2019 entschieden, dass die Stadt Heidelberg zur Änderung der am 24.07.2018 erlassenen Sperrzeitverordnung im Bereich der Heidelberger Altstadt verpflichtet ist.

Die schriftliche Urteilsbegründung wurde den Beteiligten heute zugestellt.

Jahrelange Streitigkeiten

Der von Anwohnern der Heidelberger Altstadt angestrengten sog. Normände- rungsklage gingen jahrelange politische und gerichtliche Auseinandersetzungen über die Länge der nächtlichen Sperrzeiten in der Heidelberger Altstadt voraus. Im Mai 2018 hatte der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg die Vorgän- gerregelung – welche Sperrzeiten von Montag bis Donnerstag ab 2:00 Uhr und in den Nächten zum Freitag bis Sonntag ab 4:00 Uhr vorsah – wegen Verstoßes ge- gen elementare Interessen der Anwohner für unwirksam erklärt und die Stadt Hei- delberg auf ihre Verpflichtung hingewiesen, sich um eine deutliche Verbesserung der Lärmsituation für die Anwohner zu bemühen.

Bisherige Sperrzeitverordnung nicht ausreichend

Mit Erlass der Sperrzeitverordnung vom 24.07.2018 setzte der Gemeinderat die Sperrzeiten in den Nächten zum Montag bis Donnerstag auf 1:00 Uhr, in der Nacht zum Freitag auf 3:00 Uhr und in den Nächten zu Samstag bis Sonntag auf 4:00 Uhr fest, daneben beschloss er ein Paket flankierender Maßnahmen zur Lärmprä- vention.

Die Kläger hielten dies nicht für ausreichend, die zulässigen Lärmgrenzwerte würden durch den nächtlichen Betrieb der Gaststätten weit überschritten.

Die beschlossenen begleitenden Maßnahmen hätten bisher keine Besserung gebracht.

Sperrzeiten deutlich ausgeweitet

Nach Auffassung der 7. Kammer des Verwaltungsgerichts haben die Kläger einen Anspruch darauf, dass die Stadt Heidelberg die Sperrzeitverordnung vom 24.07.2018 ändert und die Sperrzeiten auf 0:00 Uhr an Wochentagen – und damit auch am sog. studentischen Donnerstag – und am Wochenende sowie an den Nächten zu gesetzlichen Feiertagen in Baden-Württemberg auf 2:30 Uhr festsetzt. Angesichts der regelmäßig zu verzeichnenden erheblichen Überschreitung der Lärmrichtwerte sei dies zur Gewährleistung der aus Gründen des Gesundheits- schutzes notwendigen Nachtruhe von mindestens sechs Stunden notwendig. Die Interessen der Gastronomen und Gaststättenbesucher an langen Öffnungszeiten müssten demgegenüber zurückstehen. Die vorgesehenen flankierenden Maßnah- men seien zum großen Teil nicht umgesetzt worden und auch nicht geeignet, in absehbarer Zeit den Lärm im Bereich der Wohnungen der Kläger so weit zu redu- zieren, dass ihr Recht auf eine ungestörte Nachtruhe gewahrt werde. Da der Ge- meinderat der Beklagten über Jahre hinweg seine grundrechtliche Schutzpflicht vernachlässigt und nicht dafür Sorge getragen habe, dass die Kläger keinen von den Gaststätten ausgehenden lärmbedingten Gesundheitsgefahren ausgesetzt sind, habe sich das Ermessen des Gemeinderats nunmehr zu einer Handlungs- pflicht verdichtet.

Stadt darf betroffene Bereiche bestimmen

Die Entscheidung, welche Bereiche der Altstadt bei der Änderung der Sperrzeit- verordnung einzubeziehen seien, obliege jedoch der Stadt Heidelberg. Der An- spruch der Kläger auf Sperrzeitverlängerung umfasse daher nur Gaststätten, wel- che für die gesundheitsgefährdenden Lärmbeeinträchtigungen an ihren Wohnun- gen während der Zeit der Nachtruhe verantwortlich seien. Aufgrund der besonde- ren Situation in der Kernaltstadt von Heidelberg und der beständigen Veränderun- gen beim maßgeblichen Fußgängerverkehr zwischen den einzelnen Gaststätten könne das Gericht den maßgeblichen Bereich nicht eindeutig bestimmen. Ange- sichts der Tatsache, dass zahlreiche weitere Anwohner der östlichen Altstadt An- sprüche auf Normänderung geltend machen, stehe es der Stadt auch frei, die Sperrzeit im gesamten Geltungsbereich der Sperrzeitverordnung vom 24.07.2018 zu verlängern.

Berufung zugelassen

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache wurde die Berufung zugelassen, die von den Beteiligten innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Verwaltungsgerichts- hof Baden-Württemberg in Mannheim eingelegt werden kann (Az. 7 K 8944/18). (AK)