Debütanten Michel Adam, Sebastian Hofäcker und Aurelien Rouhaud holen für die Speyerer Judo-Männer die Kastanien aus dem Feuer

Neue Helden beim JSV

So eine Dramatik hatten selbst langjährige Fans und Mitglieder des JSV Speyer noch nie erlebt. Das Duell des dritten Kampftages der 2. Judo-Bundesliga Süd gegen die Gäste von Samurai Offenbach war eine Achterbahn der Gefühle mit Überraschungen in fast jedem Kampf und unglaublicher Spannung. Aus einer fast aussichtlosen Position kämpfte sich die Heimmannschaft zurück und holte sich nach einer fulminanten Aufholjagd einen kaum für möglich gehaltenen Sieg – angeführt von eigenen Nachwuchskämpfern.

Vor einem vollen Haus im Judomaxx am von Lotto Rheinland-Pfalz präsentierten Doppelkampftag sah es zu Beginn keineswegs nach einem Freudentag für den JSV Speyer aus. Dass Andreas Benkert im Auftaktkampf gegen den starken Alexander Schönfeld verlor, war keine große Überraschung, doch die folgende knappe Niederlage des sonst sicheren Punktegaranten Pierre-Louis Guerin war umso mehr ein Schock für die Mannschaft von Teamchef Michael Görgen. Anschließend kämpfte Jannis Hill sehr stark gegen den international erfolgreichen Griechen David Tsokouris, musste sich aber nach etwas über vier Minuten geschlagen geben. Doch dann folgte der nächste Nackenschlag für den JSV, als sich Benjamin Hofäcker nach zwölf Sekunden von seinem Gegner Lukas Sonne überraschen ließ und seinen Kampf abgeben musste – 0:4 lautete das ernüchternde Zwischenergebnis aus Sicht des JSV.

In dieser Situation ging der junge Speyerer Michel Adam zu seinem allersten Bundesligakampf auf die Matte. Eine Niederlage wäre wohl das endgültige Aus für die Speyerer Hoffnungen gewesen, und keiner hätte es dem jungen Adam zum Vorwurf gemacht, wenn ihn die Nervosität in dieser Drucksituation überwältigt hätte. Doch es kam ganz anders. Adam kämpfte befreit und druckvoll und fuhr einen verdienten Sieg ein. Plötzlich war die Stimmung im Team und unter den Zuschauern wieder auf dem Höhepunkt – die Aufholjagd konnte beginnen. Clement Monasse brachte den eingeplanten Sieg gegen Max Sonne in der Klasse bis 100 Kilogramm nach Hause, doch dann wurde es wieder dramatisch. Sebastian Hofäcker, der zweite Debütant aus der Talentschmiede von JSV-Cheftrainer Ferenc Nemeth, ging gegen Brian-Miles Smith auf die Matte – einem der beständigsten und erfolgreichsten Kämpfer der Zweiten Bundesliga seit vielen Jahren. „Er hat 36 Bundesligakämpfe gemacht und davon nur zwei verloren“, erklärte Michael Görgen das schiere Ausmaß der Herausforderung für den jungen Hofäcker. Doch dieser ließ sich nicht beirren oder einschüchtern, er ließ überhaupt nichts zu und frustrierte seinen erfahrenen Gegner mit der ganzen Cleverness eines alten Hasen. Drei Strafen kassierte der Offenbacher, Hofäcker nur eine – das gab den Ausschlag, weil keiner der beiden eine Wertung erzielen konnte. So ging der JSV mit einem enormen Motivationsschub beim Stand von 3:4 in die Pause.

Nun kam alles auf die richtige Aufstellung für den zweiten Durchgang an. Wieviel Risiko eingehen? Wen würde wohl der Gegner in welcher Klasse aufstellen? Diese Fragen ließen die Köpfe der Verantwortlichen auf beiden Seiten in der Pause rauchen. Als die Listen dann abgegeben wurden, dachte sich JSV-Teamchef Michael Görgen: „Die haben uns genau in die Karten gespielt mit ihrer Aufstellung“, und glaubte fest an einen Sieg. Doch es standen noch einige dramatische Wendungen bevor. Pierre Guerin unterlag, dieses Mal in der Klasse bis 90 Kilogramm, gegen Schönfeld. Zwei Niederlagen für den sonst fast unbezwingbaren Franzosen – das hatte es noch nie gegeben. „Das passiert ihm in hundert Jahren nicht mehr“, ist sich Michael Görgen sicher. Damit stand der JSV nun mit dem Rücken zur Wand: 3:5 – da durfte nicht mehr viel schiefgehen. Und in der Tat: Der JSV fuhr fünf Siege in Folge ein, um die Aufholjagd zu krönen. Zuerst Markus Sturm im Schwergewicht gegen einen hochgestellten 81-Kilo-Mann, dann besiegte der Franzose Aurelien Rouhaud in seinem ersten Kampf für Speyer den starken Griechen Tsokouris. Trotz Wazaari-Rückstand behielt der junge Neuzugang die Nerven und schickte seinen Kontrahenten in der Schlussminute eines packenden Kampfes auf die Matte. Benjamin Hofäcker konnte seine Niederlage aus dem ersten Durchgang mit einem souveränen Erfolg ausgleichen und sein Team zum ersten Mal in Führung bringen. Anschließend bewies Michel Adam, dass sein Erfolg im ersten Durchgang keine Eintagsfliege war und sorgte mit einem weiteren wichtigen Punkt für Jubelstürme in der Halle. Damit hatte es Andreas Benkert im vorletzten Kampf des Tages selbst in der Hand, den Sieg für Speyer sicherzustellen. Dafür brauchte er nur eine knappe Minute – 8:5 für den JSV, der Kampf war entschieden. Zum Abschluss gab es noch ein hart umkämpftes Duell zwischen Tobias Teucke und Brian-Miles Smith, indem sich der Speyer wenige Sekunden vor Schluss in Führung liegend einer Würgetechnik ergeben musste, womit der 8:6-Endstand besiegelt wurde.

„Es war ein unglaublicher Kampftag. Zwischendurch habe ich gedacht, dass wir eigentlich nicht mehr gewinnen können. Einige fest eingeplante Punkte haben wir verpasst, aber dass dann in so einer Situation unseren jungen Kämpfer dermaßen in die Bresche springen und ihre Kämpfe gewinnen, war ganz große Klasse“, erklärte Michael Görgen voller Stolz.
„Hätten wir verloren, wären wir im kommenden Kampf nächste Woche in Chemnitz ganz schön unter Druck gewesen. So aber haben wir mit zwei Siegen aus drei Kämpfen eine gute Ausgangsposition“, so der JSV-Teamchef abschließend. 

JSV-Frauen im Schnelldurchgang – Starke Heimpremiere des Speyerer Erstliga-Teams

Mit einem souveränen 11:3-Heimsieg gegen Kim-Chi Wiesbaden haben die Frauen des JSV ihren erfolgreichen Saisonstart in der Ersten Bundesliga Süd fortgesetzt und ihr Heimpublikum am Doppelkampf im Judomaxx begeistert. „Der Sieg war eingeplant, aber nicht in der Höhe. Es fällt mir schwer, irgend eine im Team herauszuheben“, fasste es JSV-Teamchefin Nadine Lautenschläger zusammen. 

Gleich reihenweise hatte das Heimteam für Glanzpunkte gesorgt, die Speyerer Eigengewächse wie die ausländischen Kämpferinnen, die jungen Sportlerinnen und Neuzugänge wie die bekannten Leistungsträgerinnen. Mit Siegen durch Verena Thumm (bis 52 Kilogramm), Barbara Bandel (hochgestellt bis 78 Kilogramm) zog der JSV rasch auf 2:0 davon. Anschließend musste Leichtgewicht Meta Lu Jülicher bei ihrem Bundesligadebüt gegen die erfahrene Wiesbadenerin Anika Walldorf Lehrgeld zahlen und sich nach 14 Sekunden geschlagen geben. Für Janina Hofäcker war im Kampf bis 57 Kilogramm wie bereits vor einer Woche in Großhadern mehr drin, sie unterlag nach einer beeindruckenden Leistung nur denkbar knapp gegen die international erfahrene Leandra Freitas.

Danach war die Siegeszug des JSV allerdings nicht mehr aufzuhalten: Abigél Joó aus Ungarn setzte sich in gewohnt überragendem Manier im Schwergewicht durch, ebenso die Kroatin Barbara Matic bei ihrem ersten Auftritt in Speyer bis 70 Kilogramm. Nadja Bazynski entschied den letzten Kampf des ersten Durchgangs in der Gewichtsklasse bis 63 Kilogramm gegen Christiane Hofmann mit einem spektakulären Wurf für sich und bescherte ihrem Team damit einer 5:2-Halbzeitführung.
Mit diesem Vorsprung im Rücken hatte Nadine Lautenschläger Spielraum, um ihr Team umzustellen und im zweiten Durchgang noch stärker auf den Nachwuchs und auf die JSV-Eigengewächse zu setzen. Gleich im ersten Kampf nach der Pause zahlte sich diese Strategie aus, denn Neuzugang Patrycia Szekely, die 16-jährige Deutsche Vizemeisterin bis 48 Kilogramm, landete bei ihrem Debüt für den JSV, hochgestellt bis 52 Kilogramm, einen spektatulären Sieg gegen Leandra Freitas. Nach einem zweiten klaren Sieg für Barbara Bandel bis 78 Kilogramm war die 15-jährige Jülicher erneut an der Reihe, musste sich aber auch dieses Mal recht schnell gegen Walldorf geschlagen geben. „Wir haben sie heute natürlich ins kalte Wasser geworfen, aber es ist klar, dass wir die jungen Kämpferinnen die Gelegenheit geben müssen, in die Mannschaft reinzuwachsen. Das sieht man ja auch in unserer Männermannschaft. Das zahlt sich dann irgendwann auch aus“, erklärte die JSV-Teamchefin.

Es sollte der letzte Punkt sein, den der JSV abgibt, denn danach ging es rasant weiter mit Speyerer Siegen: Verena Thumm bezwang ihre Gegnerin nach genau einer Minute, Abigél Joó brachte nur 22 Sekunden und Vanessa Müller etwas über eine halbe Minute, um den Punkt für Speyer einzufahren. Den Schlusspunkt setzte Rebecca Bräuninger, die ihren Kampf gewann, als ihre Gegnerin nach 47 Sekunden verletzt aufgeben musste.

Die JSV-Frauen befinden sich nun auf dem zweiten Tabellenplatz hinter der TSG Backnang, dem nächsten Gegner. Saisonziel ist ein Platz unter den ersten drei, der zur Teilnahme an der Endrunde um die Deutsche Meisterschaft berechtigen würde. Für dieses Ziel liegt das Team nach zwei Kampftagen auf Kurs. „In Backnang wird es sehr schwer, auch deshalb, weil bei uns viele fehlen werden. Aber selbst wenn wir dann verlieren, haben es beim folgenden Heimkampf gegen den JC Wiesbaden selbst in der Hand, unseren Platz in der Tabelle zu verteidigen“, blickt Nadine Lautenschläger optimisch den kommenden Aufgaben entgegen.