Kreis Germersheim: „Unterschiedliches Wissen am Demonstrationstag führte zu unterschiedlichen Auffassungen“

Germersheim – „Die Kreisverwaltung lügt nicht“, weist Landrat Dr. Fritz Brechtel den Vorwurf deutlich zurück, „Was inzwischen nach vielen Gesprächen, u.a. mit der Polizei, deutlich wurde, ist, dass die verschiedenen beteiligten Behörden mit unterschiedlichem Detailwissen und damit in der Konsequenz mit unterschiedlicher Wahrnehmung in das Demonstrationsgeschehen gegangen sind. Das hat leider zu unterschiedlichen Interpretationen einzelner Momente geführt“.

Der Landrat betont, dass die Mitarbeiter der Versammlungsbehörde „meine Aufforderung, die Hauptstraße frei von Demos zu halten, umgesetzt haben. Das war nicht einfach! Es gab im Vorfeld eine ungute Gemengelange. Nachträglich zum Kooperationsgespräch mit dem ‚Frauenbündnis Kandel‘ kam der Wunsch der Verbandsgemeinde Kandel, die Hauptstraße von Demos freizuhalten. Dies wurde von der Kreisverwaltung unter hohem Zeitdruck in Form eines neuen Bescheides so umgesetzt und vom Verwaltungsgericht durch Urteil bestätigt.
Trotz dieser Spannungen im Vorfeld ist es gelungen, und dies sollte in Richtung aller Versammlungsteilnehmer doch betont werden, dass beide Versammlungen stattfinden konnten, beide weitgehend friedlich verlaufen sind und alle ihrem guten Recht auf Versammlung und Meinungsfreiheit nachgehen konnten. Dafür danke ich der Polizei und meiner Behörde ausdrücklich.“

Durch die nachträgliche kurzfristige Verlegung der Aufzugstrecke hatte sich jede Behörde auf den 1. Dezember neu vorbereitet. Es wurden dabei nicht – und werden nie – alle Details, darunter einsatztaktische Erwägungen und Notwendigkeiten besprochen. „Meine Mitarbeiter sind in der Eile der Verlegung der Demostrecke des `Frauenbündnisses´ auf eine möglichst nicht anfechtbare Alternative und dem Bestreben, die Demos raus aus der Hauptstraße zu halten, daher von einer zeitlich überschaubaren Sperrung der Hauptstraße für den Verkehr ausgegangen. Für sie war klar, dass die Geschäfte frei von Demonstrationen, aber fußläufig erreichbar bleiben“, erklärt Brechtel, „Was meine Mitarbeiter definitiv nicht kannten, sind die für den Demo-Tag notwendigen polizeitaktischen Vorgehensweisen. So wussten sie nicht im Detail, wann genau und wie lange die Hauptstraße gesperrt wird. Für die Polizei war darüber hinaus völlig klar und übliches Vorgehen, dass der fließende und parkende Verkehr zurückgeleitet werden muss.“

An dieser Situation erhitzen sich nun die Gemüter. Aus dem Kooperationsgespräch mit „Kandel gegen Rechts“ sind die Mitarbeiter der Kreisverwaltung mit dem Eindruck hinausgegangen, die Polizei bereite sich auf den Fall vor, dass wider der Absprache Gegendemonstranten auf die Hauptstraße gehen. Als die Mitarbeiter der Versammlungsbehörde nun an der Kreuzung Bahnhofstraße/Rheinstraße ankamen, wurde diese Auffassung bestätigt, da die Hamburger Gitter bereits gestellt waren und sich Gegendemonstranten an diesen befanden. „Diese Schilderungen sind glaubhaft. All dies erklärt mir nun auch, weshalb sich die Situation so zugespitzt hat, sich Vorwürfe gegen die Kreisverwaltung, meine Mitarbeiter und meine Person richten und wir von manchen sogar fälschlicherweise als Lügner dargestellt werden“, so Brechtel, „In Kenntnis dessen, dass sich jede Behörde in der angespannten Lage durch die kurzfristige Verlegung der Demostrecke des `Frauenbündnisses´ wohl sehr auf ihre ureigenen Aufgaben konzentriert hat, appelliere ich an alle, die Stimmung nicht weiter anzuheizen.
Natürlich werden wir, ebenso wie alle beteiligten Behörden, aus diesen Erfahrung lernen und künftig an Stellschrauben drehen. Wir lassen uns aber nach wie vor nicht auseinanderdividieren. Stattdessen wünschen wir uns, dass wir nach vorne schauen und radikalen Kräften keinen Aufschub leisten. Eines sollte auch nicht vergessen werden: Das Versammlungsrecht ist ein hohes Gut unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Dieses zu gewährleisten, ist die gesetzliche Aufgabe der Versammlungsbehörde – ob es uns persönlich passt oder nicht.“