Südhessen: Immer mehr Pendler, immer mehr Staus

Stau- und Pendlerstudie FrankfurtRheinMain 2018 zeigt auch in Südhessen viele Engpässe / IHK Darmstadt fordert gemeinsame Strategie zur Entlastung der größten Nadelöhre

Darmstadt – Die „Stau- und Pendlerstudie FrankfurtRheinMain 2018“ zeigt auch in der Region Darmstadt Rhein Main Neckar mit der Wissenschaftsstadt Darmstadt und den vier Landkreisen Darmstadt-Dieburg, Groß-Gerau, Bergstraße und Odenwald einen wachsenden Druck auf alle Verkehrsträger.

„Volle Straßen mit täglichen Staus sowie überfüllte Züge, Straßenbahnen und Busse sind für Pendler Alltag“, sagt Daniel Kaeding, Verkehrsexperte bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) Darmstadt Rhein Main Neckar. Die Pendlerstudie wurde von der IHK Frankfurt erstmals für die Initiative PERFORM der Wirtschaftskammern in Bayern, Hessen und Rheinland-Pfalz erstellt. Ein Kernergebnis: Jeder zweite der 2,2 Millionen Beschäftigten, die in den 25 Kreisen oder kreisfreien Städten der Metropolregion FrankfurtRheinMain wohnen, pendelt über Kreisgrenzen zum Arbeitsort.

Viele Pendler in Darmstadt

In Darmstadt kommen auf rund 160.000 Einwohner (Stand 31.12.2017) knapp 101.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte. Die wenigsten kommen allerdings direkt aus Darmstadt. Also wird gependelt und zwar viel. Rund 70.000 Einpendler, 29.000 Auspendler, 30.000 pendeln innerhalb der Stadt und dazu kommen noch etwa 27.000 einpendelnde Studierende. Auf 160.000 Einwohner kommen also etwa 156.000 Pendler.

Bergstraße orientiert sich nach Süden

Von den 70.000 Einpendlern kommt der Großteil aus dem Landkreis Darmstadt-Dieburg, nämlich 30.501. Aus Groß-Gerau sind es 6.895 und aus dem Kreis Bergstraße 4.845. Aus Groß-Gerau pendeln die meisten allerdings nicht nach Darmstadt, sondern nach Frankfurt: 25.195. Am Kreis Bergstraße lässt sich wiederum die Nähe Südhessens zur Metropolregion Rhein-Neckar ablesen. Allein 15.182 Menschen pendeln aus dem Kreis nach Mannheim.

Engpässe im Odenwald

„Für Darmstadt gilt das gleiche wie für alle Großstädte der Metropolregion: Das Wachstum kann nur bewältigt werden, wenn wir im gesamten Ballungsraum zusammenarbeiten“, sagt Kaeding. Eine gute Mobilitätsinfrastruktur ist dafür entscheidend. Die ist im Odenwald nicht optimal. Das belegen auch die Zahlen aus der Pendlerstudie: Insbesondere die 15.000 Auspendler spüren dies jeden Morgen und jeden Abend. Sei es durch eine überfüllte Odenwaldbahn oder durch Engpässe an den sogenannten Odenwaldautobahnen (B 38 und B 45).

Für die IHK Darmstadt Rhein Main Neckar ergeben sich aus den Ergebnissen der Stau- und Pendlerstudie drei zentrale Forderungen:

1. Region stärken: Planungs- und Genehmigungsverfahren beschleunigen und Planungskapazitäten ausbauen

2. Regional zusammenarbeiten: Erstellung eines regionalen Masterplans Mobilität sowie Aufbau eines regionalen Betrieblichen Mobilitätsmanagements (BMM)

3. Regional denken, lokal handeln: Neubau von Lkw-Stellplätzen

Die Folgen der zu geringen Planungskapazitäten zeigen sich im Odenwald. In einem vor kurzem vorgelegten Positionspapier stellt die IHK Darmstadt Rhein Main Neckar gemeinsam mit anderen Vertretern von Kommunen und aus der Politik fest, dass für den Odenwald Gelder für den Infrastrukturausbau durch den Bundesverkehrswegeplan eigentlich ausreichend vorhanden sind. Allerdings hat das Land eine eigene Prioritätenliste erstellt, in dem der Odenwald unberücksichtigt bleibt. Als ein Grund werden fehlende Planungskapazitäten genannt.

„Was der gesamten Region fehlt, ist eine Masterplan Mobilität. In ihm könnten die größten Engpässe aufgezeigt werden und ebenso solche, die schnell zu beseitigen wären“, fordert IHK-Experte Kaeding.

Verkehrsinfrastruktur entlasten

Bis Infrastruktur gebaut ist, braucht es viel Zeit und in dieser Zeit können Maßnahmen wie das Betriebliche Mobilitätsmanagement die Verkehrsinfrastruktur entlasten. Das Netzwerk „Südhessen effizient mobil“ ist in diesem Bereich seit Jahren erfolgreich unterwegs. In Unternehmen werden über das Netzwerk und ein spezielles Audit Anreize geschaffen, das Verkehrsmittel zu nutzen, das am besten zum jeweiligen Mobilitätsbedürfnis passt. „Das kann konkret für Mitarbeiter bedeuten, montags mit dem Jobticket und der Bahn und mittwochs mit dem Rad zur Arbeit zu kommen. Für die Infrastruktur heißt das in Summe eine bessere Auslastung, da Verkehre besser auf verschiedene Verkehrsmittel verteilt werden.“, so Kaeding.

Lkw-Stellplätze fehlen

Ein großes Thema in der Region stellen auch die übervollen Lkw-Stellplätze an den Autobahnen dar. Wenn Lkw bis auf die Autobahn stehen, weil die Stellplätze überfüllt sind, gefährdet das nicht nur die Verkehrssicherheit. Es bedeutet auch, dass das Problem in die Kommunen verlagert wird. Viele Fahrer wissen sich nicht mehr zu helfen und suchen sich Stellplätze in Gewerbegebieten. Das belastet die kommunale Infrastruktur, die dafür in der Regel nicht ausgelegt ist und die Umwelt, da der Parksuchverkehr zunimmt. „Hier muss die Verkehrspolitik endlich aktiv werden“, fordert die IHK.