Karlsruhe: KIT – Vom Verkehrsverbund zum Mobilitätsanbieter

Alle Mobilitätsformen haben die Konsortialpartner des Projekts RegioMOVE im Blick (Foto: KVV/Peter Hennrich)
Alle Mobilitätsformen haben die Konsortialpartner des Projekts RegioMOVE im Blick (Foto: KVV/Peter Hennrich)

Karlsruhe – Bus und Bahn oder Carsharing und Leihfahrräder: Für die Erfüllung individueller Mobilitätsbedürfnisse gibt es heute viele Möglichkeiten – auch ohne eigenen PKW. Die Mobilitätsangebote in der Region Karlsruhe zu einem systemübergreifenden, vernetzten sowie umwelt- und anwendungsfreundlichen Angebot zusammenzuführen ist das Ziel des Projektes RegioMOVE. Im Rahmen des mit rund fünf Millionen Euro vom Karlsruher Verkehrsverbund (KVV) beauftragten Projekts will das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) gemeinsam mit regionalen Partnern ein neues Mobilitätskonzept entwickeln.

„Verkehrsverbünde entwickeln sich gegenwärtig zu Mobilitätsanbietern weiter“, erklärt Dr. Martin Kagerbauer vom Institut für Verkehrswesen am KIT, das mit Blick auf den Antrag und bei der ersten Umsetzungsphase von RegioMOVE federführend agiert. Das Forschungsvorhaben will in den kommenden drei Jahren die Grundlagen schaffen für die Organisation und technische Umsetzung eines multimodalen Mobilitätsverbundes sowie das Konzept für den Aufbau der hierfür notwendigen Infrastruktur. Mit dem neuen Konzept sollen unter anderem bislang getrennte Informationsplattformen, Tarifsysteme und Zugangsmöglichkeiten in einem nachhaltigen Gesamtsystem vernetzt werden, das alle Verkehrsmittel und deren Anbieter umfasst.

„Das Mobilitätsangebot, das in naher Zukunft über RegioMOVE zur Verfügung stehen soll, stellt einen echten Mehrwert für unsere Fahrgäste im Verbundgebiet dar. Unterschiedliche Mobilitätsangebote können dann unkompliziert miteinander verknüpft werden – komfortabel aus einer Hand“, hebt KVV-Geschäftsführer Dr. Alexander Pischon hervor.

Neben der IT-Infrastruktur für ein smartes Informations-, Buchungs- und Bezahlsystem sowie für geeignete Kundenschnittstellen sollen im Zuge des Projektes vor allem sogenannte Ports entstehen – intermodale Verknüpfungspunkte, wo zum Beispiel an neuen und bereits bestehenden Haltestellen oder Knotenpunkten Mobilitätsangebote und Informationen bereitstehen, um unterschiedliche Verkehrsmittel zu verknüpfen.

Mit einer detaillierten Bedarfs- und Nutzungsanalyse entwickelt das KIT hierfür die Planungsgrundlagen. Die Analyse basiert auf dem „mikroskopischen agentenbasierten Verkehrsnachfragemodell“ (mobiTopp) des KIT. Bei einer solchen Multi-Agenten-Simulation repräsentieren Agenten im Computer jeden Einwohner in der Region mit seinen spezifischen Eigenschaften und Rahmenbedingungen – im Falle des Großraums Karlsruhe werden rund eine Million Menschen so abgebildet. Grundlage hierfür sind unter anderem die Ergebnisse von Verkehrsbefragungen und Strukturdaten.

Der Agent bestimmt mit Hilfe eines „Aktivitäten-Programms“ seine Reiseziele und entscheidet sich für bestimmte Wege und Verkehrsmittel. Um die Mobilitätsgewohnheiten abzubilden, wird das Verhalten aller Einwohner über den Zeitraum von einer Woche modelliert. So können die Wissenschaftler den Ist-Zustand erfassen und Zukunftsszenarien unter veränderten Rahmenbedingungen erstellen. mobiTopp soll in RegioMOVE so weiterentwickelt werden, dass auch intermodale Wege – Kombinationen von Verkehrsmitteln auf einer Wegstrecke – aller Personen modelliert werden können.

Zum Projekt

RegioMOVE ist ein Leuchtturmprojekt im Rahmen der RegioWIN-Ausschreibung. Fördernehmer ist der Karlsruher Verkehrsverbund (KVV). Der KVV erhält in den kommenden drei Jahren vom Land Baden-Württemberg und der Europäischen Union insgesamt rund 6,6 Millionen Euro Fördermittel. Davon sind circa fünf Millionen Euro für die Forschungs- und Entwicklungsarbeiten durch das Konsortium rund um das KIT vorgesehen. 1,5 Millionen Euro stehen für die bauliche Umsetzung der Ports zur Verfügung. Projektpartner sind neben dem KIT der Regionalverband Mittlerer Oberrhein, die Hochschule Karlsruhe, die INIT GmbH, Stadtmobil CarSharing, raumobil, die PTV Group, das FZI Forschungszentrum Informatik am KIT, der KVV sowie die Stadt Karlsruhe und das Landratsamt Rastatt. Die Konsortialführung erfolgt sukzessive und kollegial. Die Federführung in der Antragsphase und den ersten acht Monaten der Umsetzungsphase liegt beim KIT.

Details zu den geplanten Maßnahmen:

Im Rahmen von RegioMOVE sollen bestehende Mobilitätsangebote im KVV-Gebiet sowie im Gebiet der TechnologieRegion Karlsruhe künftig miteinander vernetzt werden. Neben den Bus- und Bahnverbindungen, die jährlich von Millionen Fahrgästen genutzt werden, sollen in den kommenden Jahren unter anderem Carsharing- und Leihfahrradanbieter in das System integriert werden. Es wird angestrebt mehrere Mobilitätsanbieter auf einer gemeinsamen Plattform zusammenzuführen und so den gestiegenen Kundenbedürfnissen Rechnung zu tragen. Zur Stärkung der Mobilität in der Region sollen in den kommenden Jahren die unterschiedlichen Mobilitätsangebote an Knotenpunkten – sogenannten „Ports“ – ausgebaut. An diesen „Ports“, die an ausgewählten Standorten der Region platziert werden, können Fahrgäste in Zukunft unkompliziert zwischen verschiedenen Verkehrsmitteln wählen und wechseln. In den kommenden Monaten wird es unter anderem darum gehen, eine umfangreiche Standort- und Bedarfsanalyse im Verbundgebiet durchzuführen. Als Ergebnis dieser Untersuchung sollen die optimalen Standorte für die „Ports“ ermittelt werden. Zudem soll die IT-Struktur der erforderlichen Buchungs- und Planungsplattform entwickelt und ein umfassendes Konzept mit Blick auf die Themen, Tarife und Verträge im Mobilitätsverbund erarbeitet werden.