Unzulässige Prostitutionsausübung in Nachtbar

Eilantrag abgelehnt

Kreis Südwestpfalz / Neustadt an der Weinstraße – Eine Nachtbarbetreiberin aus dem Landkreis Pirmasens wehrte sich erfolglos in einem Eilverfahren gegen den Widerruf ihrer Gaststättenerlaubnis.

Die Antragstellerin betreibt seit Jahren auf der Gemarkung eines kleineren Ortes im Landkreis Pirmasens eine Nachtbar. Am 5. August 2015 widerrief die zuständige Gaststättenbehörde ihr die Erlaubnis zum Betreiben einer Schankwirtschaft mit der Begründung: Sie sei gaststättenrechtlich unzuverlässig.  Kontrollen durch die Kriminalinspektion Pirmasens und das Hauptzollamt Saarbrücken hätten ergeben, dass die Antragstellerin ihre gewerblich genutzten Räumlichkeiten, welche für jedermann zugänglich seien, zur Prostitutionsanbahnung zur Verfügung stelle. Gemäß der Rechtsverordnung zum Schutze der Jugend und des öffentlichen Anstandes für den Regierungsbezirk Rheinhessen-Pfalz sei es im gesamten Gebiet der Vorordnung, also auch im Landkreis Südwestpfalz, aber verboten, dass in Gemeinden bis zu 50.000 Einwohner der Prostitution nachgegangen werde.
Die Antragstellerin legte dagegen Widerspruch ein und suchte um vorläufigen gerichtlichen Rechtschutz mit der Begründung nach: Sie habe bereits aufgrund eigener Initiative Maßnahmen ergriffen, um auszuschließen, dass die in ihrer Bar tätigen Animierdamen künftig Gäste in ihre Privaträume mitnehmen und dort den Geschlechtsverkehr ausübten. Nunmehr seien dort keine Betten mehr vorhanden. Somit seien alle Möglichkeiten ausgeschlossen, dass die Animierdamen die Räume zu eigenen Zwecken missbrauchen könnten.

Den Eilantrag der Antragstellerin hat die 4. Kammer des Gerichts mit folgender Begründung abgelehnt:
Der Widerruf der Gaststättenerlaubnis sei offensichtlich rechtmäßig. Die Antragstellerin sei gaststättenrechtlich unzuverlässig, da zu befürchten sei, dass sie der Unsittlichkeit Vorschub leiste. Die Kammer habe keinen begründeten Zweifel daran, dass es unter der verantwortlichen Gaststättenführung durch die Antragstellerin zur rechtswidrigen Ausübung von Prostitution in dem Betrieb gekommen sei und zukünftig auch wieder kommen werde.
Zwar werde bei der bloßen Ermöglichung der Durchführung geschlechtlicher Handlungen gegen Entgelt in einem Gaststättenbetrieb nicht der Unsittlichkeit Vorschub geleistet. Wie sich aus dem Prostitutionsgesetz und der damit vom Gesetzgeber getroffenen Wertentscheidung ergebe, entspreche es heute nicht mehr der früher geltenden allgemeinen sittlichen Vorstellung, dass das bloße Anbieten sexueller Dienstleistungen gegen Entgelt gegen die guten Sitten verstoße. Mithin könne auch nicht mehr allein aufgrund der Tatsache, dass Prostitution in einem Gaststättenbetrieb ausgeübt werde, darauf geschlossen werden, dass die Gaststättenbetreiberin deswegen zwingend unzuverlässig sei.
Etwas anderes gelte aber dann, wenn die Prostitutionsausübung gegen geltendes Recht verstoße. Dies sei hier der Fall. Denn die Prostitutionsausübung in der Gaststätte der Antragstellerin verstoße gegen die Rechtsverordnung zum Schutz der Jugend und des öffentlichen Anstands für den (ehemaligen) Regierungsbezirk Rheinhessen-Pfalz in der Fassung vom 17. Februar 2004. Danach sei die Ausübung der Prostitution in Gemeinden bis zu 50.000 Einwohnern, insbesondere auch im Landkreis Südwestpfalz verboten. Die Gaststätte der Antragstellerin befinde sich in einer im Landkreis Südwestpfalz liegenden Ortschaft mit unter 1.000 Einwohnern.
Unter „Ausübung der Prostitution“ sei nicht lediglich der Vollzug des Geschlechtsverkehrs oder anderer sexueller Handlungen gegen Entgelt, sondern bereits deren Anbahnung  zu verstehen. Deshalb müssten Gastwirte innerhalb des räumlichen Geltungsbereichs der genannten Rechtsverordnung nicht nur unterbinden, dass es zu entgeltlichen Sexualkontakten in ihrer Gaststätte komme; vielmehr hätten insbesondere die Betreiber von „Animierlokalen“ sorgfältig darauf zu achten, dass entgeltliche sexuelle Handlungen in ihren im Sperrgebiet gelegenen Gaststättenbetrieben nicht einmal angebahnt würden. Andernfalls leisteten sie der Unsittlichkeit Vorschub.
Aus der vorgelegten Verwaltungsakte der Antragsgegnerin ergäben sich tatsächliche Anhaltspunkte für die Annahme, dass die Antragstellerin trotz des Verbots der Prostitution durch die Rechtsverordnung die Anbahnung entgeltlicher Sexualkontakte in ihrer Gaststätte nicht unterbunden und damit der Unsittlichkeit Vorschub geleistet habe. Den polizeilichen Ermittlungen sei zu entnehmen, dass in der Gaststätte der Antragstellerin für Kontakte zwischen Prostituierten und Freiern günstige Bedingungen bestünden und die Gaststätte auch der Anbahnung von geschlechtlichen Beziehungen zwischen Prostituierten und Freiern diene. Dafür spreche auch der Preis von 250 € für eine Flasche Champagner. Erschwerend komme hinzu, dass die Antragstellerin den Animierdamen  sog. „Privaträume“ im Gaststättenobjekt zur Verfügung gestellt und damit die Prostitution unmittelbar gefördert habe. Die Behauptung der Antragstellerin, sie habe mittlerweile die Betten aus den „Privaträumen“ entfernt, sei nicht geeignet, ihre Unzuverlässigkeit in Zweifel zu ziehen. Die Bar verfüge weiterhin über Zimmer, in denen der Geschlechtsverkehr ausgeführt werden könne. Im Übrigen sei für den Vollzug des Geschlechtsverkehrs nicht zwingend ein Bett erforderlich.
Dass die Antragstellerin für die der Prostitution zuzurechnenden Anbahnungen die gaststättenrechtliche Verantwortung trage, ergebe sich auch aus dem Umstand, dass sie ein „Animierlokal“ betreibe, in dem auf Getränke animiert werde, oder – mit anderen Worten – Herren animiert würden, „uns etwas zu spendieren“. Unter solchen Gegebenheiten sei die Gefahr groß, mit der Anbahnung eines entgeltlichen Sexualkontakts die Grenze zur Prostitution zu überschreiten. Dementsprechend groß müsse die Vorsorge des gaststättenrechtlich Verantwortlichen sein, dass die bezeichnete Grenze eingehalten werde. Dem sei die Antragstellerin offensichtlich nicht gerecht geworden.

Gegen den Beschluss ist das Rechtsmittel der Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz zulässig.

Verwaltungsgericht Neustadt, Beschluss vom 31. August 2015 – 4 L 735/15.NW –