Regierungspräsidium erlässt Planfeststellungsbeschluss für die zweite Rheinbrücke bei Karlsruhe

Die Rheinbrücke zwischen Karlsruhe und Wörth (Foto: Holger Knecht)
Die Rheinbrücke zwischen Karlsruhe und Wörth (Foto: Holger Knecht)

Karlsruhe – Das Regierungspräsidium Karlsruhe hat den Planfeststellungsbeschluss für die zweite Rheinbrücke zwischen Karlsruhe und Wörth erlassen. Für das länderübergreifende Projekt wurden die Planfeststellungsverfahren in beiden Bundesländern gleichzeitig gestartet. Der Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums Karlsruhe genehmigt jetzt den 1.735 Meter langen Abschnitt auf baden-württembergischer Seite von der Rheinmitte bis zur B 10-Anschlussstelle westlich von Knielingen. Die Baukosten für beide Abschnitte werden vom Bund getragen und liegen bei rund 107 Millionen Euro.

Dr. Uwe Lahl, Ministerialdirektor im Verkehrsministerium Baden-Württemberg erklärte: „Mit dem Planfeststellungsbeschluss legt das Land die Grundlage dafür, dass die Rheinquerung dauerhaft gesichert werden kann. Baden-Württemberg setzt damit weiter konsequent darauf, bestehende Infrastruktur zu stärken.“

Die neue Rheinbrücke, die sich rund 1,4 Kilometer nördlich der bestehenden Brücke befindet, beugt einem Ausfall der hochbelasteten und derzeit einzigen Verbindung zwischen Karlsruhe und dem westlichen Umland vor. Dieser hätte Umwege von rund 60 Kilometern über die nächstgelegenen Rheinbrücken bei Germersheim oder Iffezheim zur Folge. „Die jetzt genehmigte Planung ist nur der Beginn einer weiterführenden Planung. Eine Verbindung der neuen Rheinbrücke mit der B 36 soll sobald wie möglich Entlastung für die in den Spitzenstunden überlastete westliche Südtangente in Karlsruhe bringen. Hierzu werden wir noch weiterführende Gespräche mit der Stadt Karlsruhe führen“, so Regierungspräsidentin Nicolette Kressl zu dem erlassenen Planfeststellungsbeschluss.

Auf der Strecke zwischen dem Wörther Kreuz und der Anschlussstelle Karlsruhe-Knielingen liegt eine Reihe von Bauwerken, bei denen die Gefahr eines Ausfalls besteht. Darauf aufmerksam und aufgeschreckt wurde die Region vor zehn Jahren, als 600 Schweißnahtrisse in der stählernen Überbaukonstruktion der Rheinbrücke befürchten ließen, das Ende ihrer Lebensdauer sei in Sicht. Im Gegensatz zu neueren Brücken, die zwei getrennte Überbauten haben, die unabhängig voneinander funktionieren, verfügt die jetzige Rheinbrücke nur über einen Überbau. Im Falle eines Schadens an der Pylon-Tragseil-Konstruktion wäre eine Vollsperrung unumgänglich. Aber auch die gemeinhin als „Wörther Trog“ bezeichnete Fahrbahnwanne, in der die B 10 unterhalb des Grundwasserpegels verläuft, gilt als risikobehaftet. Und die westlich an die Rheinbrücke anschließende Vorlandbrücke erhält derzeit zusätzliche Stützen zur Verstärkung und soll innerhalb der nächsten zwanzig Jahre ausgetauscht werden. „Bei jedem dieser Bauwerke ist ein Ausfallrisiko vorhanden. Ist nur eines davon nicht funktionsfähig, so ist die Verbindung über den Rhein komplett unterbrochen“, erklärt Regierungspräsidentin Nicolette Kressl die Situation und macht klar: „Der unvorbereitete Ausfall der Rheintalbahn bei der Rastatter Tunnelbaustelle zeigt uns, dass wir bei bedeutenden Verkehrsverbindungen auch deren möglichen Ausfall im Blick haben müssen.“

Die als „B 293 neu“ bezeichnete Strecke mit der zweiten Rheinbrücke schafft nun eine Verbindung zwischen der linksrheinischen B 9 bei der Anschlussstelle Jockgrim/L 540/Hafenstraße und der rechtsrheinischen B 10 bei der Anschlussstelle Raffineriestraße westlich von Knielingen, dem sogenannten Ölkreuz. Die rund 5,5 Kilometer lange Strecke folgt fast durchgehend den Trassen bereits vorhandener Straßen und wird vierstreifig und frei von höhengleichen Kreuzungen ausgebaut werden.

Im Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums finden auch die zahlreichen Stimmen aus der Region Resonanz, die eine Verbindung von der neuen Rheinbrücke zur B 36 fordern. Erst im November 2016 hatte beispielsweise der Gemeinderat der Stadt Karlsruhe mit großer Mehrheit ohne Gegenstimmen beschlossen, sich – unabhängig von der jeweiligen Grundeinstellung zur zweiten Rheinbrücke – dafür einzusetzen, dass der Bau der Rheinbrücke nicht ohne zeitgleichen Anschluss an die B 36 erfolgt. Der Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums bestätigt, dass erst diese Verbindung eine spürbare Entlastung der westlichen Südtangente und damit eine Entschärfung der Stauproblematik in den Spitzenstunden bringen wird. Sie sei unverzichtbar, um die Ziele des Bedarfsplans für die Bundesfernstraßen vollständig zu erreichen. Die Straßenbauverwaltung sei deshalb in der Pflicht, die Planung des Vorhabens konsequent weiter zu betreiben und unverzüglich fertig zu stellen. Nicolette Kressl setzt hier auf die Kooperation mit der Stadt Karlsruhe. „Jede denkbare Trasse verläuft zu hundert Prozent auf Karlsruher Gemarkung. Eine ausgewogene Planung kann nicht ohne konstruktive Mitwirkung der Stadt, sondern nur in enger Abstimmung in den von ihr vertretenen Belangen gefunden werden“, betont die Regierungspräsidentin. Im Idealfall wäre bei Baubeginn für die zweite Rheinbrücke dann schon die Genehmigung für den Anschluss an die B 36 in Sicht.

Der 562 Seiten umfassende Planfeststellungsbeschluss beschäftigt sich in weiten Teilen mit der Frage nach den möglichen Alternativen, insbesondere auch mit der von der Stadt favorisierten „Ersatzbrücke“. Nachdem diese Lösung nun nicht zum Zuge kommt, rechnet man im Regierungspräsidium durchaus damit, dass der Karlsruher Gemeinderat heute Abend vorsorglich und zunächst nur zur Fristwahrung beschließt, gegen den Planfeststellungsbeschluss Klage zu erheben. Innerhalb der kurzen gesetzlichen Klagefrist sei es kaum möglich, einen fundierten Gemeinderatsbeschluss herbeizuführen. Eine vorsorgliche Klageerhebung zur Wahrung der Frist sei in solchen Fällen durchaus üblich, um sich die Zeit für eine gründliche Prüfung der eigenen Rechtsposition zu verschaffen, so die Juristen im Regierungspräsidium. Dies liege auch im Interesse der Planfeststellungsbehörde: Je gründlicher die Prüfung, desto besser stehen die Chancen, dass der Gemeinderat sich letztendlich gegen eine gerichtliche Auseinandersetzung entscheidet.

Infobox:

Der Planfeststellungsbeschluss ist unter folgendem Link abrufbar:
https://rp.baden-wuerttemberg.de/rpk/Abt2/Ref24/Seiten/B10-2-Rheinbruecke.aspx
Informationen zum Projekt „B10, Bau einer zweiten Rheinbrücke zwischen Karlsruhe und Wörth“ gibt es im Internet im Beteiligungsportal des Regierungspräsidiums Karlsruhe unter:
https://rp.baden-wuerttemberg.de/rpk/Abt4/Ref44/Seiten/B10_2.Rheinbruecke.aspx