Frankfurt: ,I AM A PROBLEM‘ im MMK 2 – Zwischen Schönheit und Zerstörung

Ersan Mondtag in der Ausstellung 'I Am A Problem' im MMK 2 (Foto: Stadt Frankfurt/ Stefan Maurer)
Ersan Mondtag in der Ausstellung 'I Am A Problem' im MMK 2 (Foto: Stadt Frankfurt/ Stefan Maurer)

Frankfurt am Main – Ein lackschwarzer Plastik-Bandwurm windet sich durch den Ausstellungsraum des MMK 2 des MMK Museum für Moderne Kunst am Taunustor 1 und verschlingt auf seinem Weg Kunstwerke wie Andy Warhols Kellogg’s Cornflakes Box (1964) oder John De Andreas Seated Woman, Black Chair (1978). Wer dem Pfad des gefräßigen Wurmes folgt, erlebt die von Theaterregisseur Ersan Mondtag inszenierte und dem kommissarischen Direktor des MMK Peter Gorschlüter kuratierte Ausstellung „I AM A PROBLEM“ unweigerlich mit allen Sinnen. Während es aus Sound-Duschen knistert, knackt, malmt und grunzt, übertragen Monitore Videoarbeiten von Douglas Gordon (The Making of Monster, 1996), Lutz Mommartz (Soziale Plastik, 1969) und Dayanita Singh (Mona and Myself, 2013).

In einem abgetrennten Gang lässt sich die Videoarbeit „Walk with Contrapposto” von Bruce Nauman nacherleben. Die klaustrophobische Enge wirkt beklemmend – genau diesen Effekt wollte Ersan Mondtag beim Besucher erzeugen. „Dieser Gang soll belegen, dass zu manchen Bereichen nur schlanke und fitte Menschen Zugang haben. Denn die Optimierung des eigenen Körpers bedingt den Ausschluss“, erklärt Mondtag, den das Fachmagazin „Theater Heute“ zum Nachwuchsregisseur des Jahres 2016 kürte.
Über allem wabert der markante Geruch von Plastik – denn der komplette Ausstellungsraum ist mit schwarzer und gelber LKW-Plane ausgekleidet – hinzu kommen die „Ausdünstungen“ des Bandwurms, den das Künstler-Kollektiv Plastique Fantastique um Marco Canevacci und Yena Young eigens für „I AM A PROBLEM“ schuf.
Den Ausgangspunkt für Mondtags Inszenierung bildet ein Mythos um Maria Callas (1923 – 1977). Um ihre Traumfigur zu erreichen, soll sich die weltberühmte Opernsängerin mit einem Glas Champagner einen Bandwurm einverleibt haben. Der Legende nach führte der Parasit innerhalb kurzer Zeit zu einem erstaunlichen Gewichtsverlust von 50 Kilogramm. Callas’ kompromissloses Bestreben, die eigene Erscheinung nach ihren Idealvorstellungen zu formen, sowie dessen Kehrseite, die Auflösung des eigenen Körpers, bilden die Leitmotive der Ausstellung.
Selbstoptimierung und das daraus resultierende Maß an Verzerrung und Zerstörung sind die Themen, mit denen sich sowohl Mondtag als auch die von ihm ausgewählten Werke aus dem MMK-Fundus beschäftigen. „Die Art wie wir unsere Körper optimieren ist nicht gleichzusetzen mit Verbesserungen“, merkt Mondtag kritisch an, dass vermeintliche Selbstoptimierung nicht selten in Deformation münde.

Auch Plastique Fantastique-Gründer Marco Canevacci hat sich intensiv mit dem Thema Selbstoptimierung beschäftigt. Nach einem Treffen mit Ersan Mondtag machte sich der Architekt und Aktionskünstler gemeinsam mit Yena Young, Partnerin bei Plastique Fantastique, ans Werk und entwarf zuerst ein Modell seines Plastik-Wurmes. Dahinter steckte die Idee eines „Wurms, der im Museum lebt und Kunstwerke schluckt“, erläutert Canevacci. Das raumgreifende Kunstwerk zählt für den Künstler als Skulptur.
Canevacci und sein Kollektiv Plastique Fantastique sind eigentlich auf temporäre Außen-Installationen spezialisiert, deren Ziel es ist, Orte vorübergehend zu verändern und damit neue Kommunikations-Kanäle zu öffnen. Bei einer der jüngsten Plastique Fantastique-Installation konnten Paare auf einem öffentlichen Platz in Moskau ihren Herzschlag aufnehmen lassen und diesen synchron als Rhythmus wiedergeben lassen. Auf diese Weise wurde die intime Verbundenheit zweier Individuen zu Musik, an der die Öffentlichkeit teilhaben konnte. „Dass parallel zu einer unserer Installationen Kunstwerke in einem geschlossenen Raum hängen, ist für mich ein Novum“, erklärt der aus Rom stammende Künstler, der seit 1991 in Berlin lebt und arbeitet.

Marco Canevacci sowie Ersan Mondtag werden am Freitag, 22. September 2017, zur Vernissage im MMK 2, ab 20 Uhr am Taunustor 1, anwesend sein. Weitere Infos zur Ausstellung gibt es im Internet.