Mainz – Das Leben ist endlich und der Tod häufig mit Krankheit, Schmerz und Angst behaftet. In Deutschland finden jährlich circa 47 Prozent aller Todesfälle in Krankenhäusern statt.
Die Mehrzahl der Sterbefälle ereignet sich auf den Akutstationen, eine Minderheit auf den weniger zahlreichen Palliativstationen. Dort widmen sich die Teams dem Leiden von schwerstkranken und sterbenden Menschen und ihrer Angehörigen in all seinen Dimensionen. Es geht darum, Schmerzen und andere Symptome wie Atemnot oder Übelkeit zu lindern und zu helfen, in Würde und Frieden gehen zu können. An der Universitätsmedizin Mainz gibt es seit 2005 die Interdisziplinäre Abteilung für Palliativmedizin. Aus Anlass ihres zehnjährigen Bestehens findet am Sonntag, 6. Dezember, von 12.00 bis 13:30 Uhr eine kleine Feierstunde im Wohnzimmer der Palliativstation statt. Highlight dieser Veranstaltung wird die Enthüllung einer Büste der Gründerin der modernen Hospiz- und Palliativbewegung, Dr. Cicely Saunders, sein, die der renommierte und international bekannte Bildhauer Karlheinz Oswald für die Palliativstation geschaffen hat.
Die Medizin hat in den letzten 50 Jahren außerordentliche Fortschritte erzielt. Dennoch münden auch heute noch zahlreiche Erkrankungen, insbesondere Tumorerkrankungen, in unheilbares Leiden. Diesen unheilbar kranken Patienten und ihren Angehörigen widmet sich die Palliativmedizin in besonderer Weise: Wenn die Krankheit selbst nicht mehr überwunden werden kann, rückt eine bestmögliche Behandlung von Schmerzen und anderen belastenden Krankheitszeichen, von seelischer Not, Angst, Depression und Verzweiflung in den Vordergrund. Es geht weniger um die Dauer des Lebens, als vielmehr um dessen Qualität.
Die interdisziplinäre Abteilung für Palliativmedizin der Universitätsmedizin Mainz verfügt über acht Betten in großen, hellen und wohnlichen Krankenzimmern. Das Team setzt sich aus Pflegenden, Ärzten, einer Psychologin sowie Seelsorgern, Sozialarbeitern, Physiotherapeuten und zahlreichen Ehrenamtlichen zusammen. Die Räumlichkeiten umfassen zudem einen Raum der Stille und ein einladend gestaltetes Wohn- und Aufenthaltszimmer.
Die Auseinandersetzung mit der letzten Lebensphase eines Menschen ist hier zwar sehr präsent, dennoch ist die Palliativstation keine Sterbestation. Nicht alle Patienten der Palliativstation sterben auch dort.
"Rund 40 Prozent können wir nach Hause oder in ein Hospiz entlassen",
sagt der Leiter der Abteilung, Univ.-Prof. Dr. Martin Weber.
„Unser Fokus liegt auch gar nicht so sehr auf dem Sterben, sondern vielmehr auf dem Leben, seiner Würde und seiner Qualität in der verbleibenden Zeit der uns anvertrauten Menschen. Neben aller Trauer, allem Leid gibt es auch Schönes und Kostbares zu erfahren. Hier kommen Verwandte und Freunde zusammen, die auch gemeinsam mit unseren Patienten lachen oder Geburtstage und ähnliches feiern. Zweimal fand in unserem Wohnzimmer sogar eine standesamtliche Trauung statt“, so Weber weiter.
Die Interdisziplinäre Abteilung für Palliativmedizin der Universitätsmedizin Mainz wirkt über die unmittelbare Krankenversorgung hinaus. Sie nimmt sich ebenso den seelischen und sozialen Nöten ihrer Patienten und deren Angehörigen an und ist zudem ein Ort der Ausbildung sowie der Lehre und Forschung. Moderne Palliativmedizin ist Inhalt studentischer Lehre und der ärztlichen und pflegerischen Fort- und Weiterbildung sowie Gegenstand wissenschaftlicher Arbeiten. Mainzer Forschungsschwerpunkte sind die Integration der Palliativmedizin in das Gesundheitswesen, die würdezentrierte Therapie und die Erfassung von Qualitätsparametern in der letzten Lebensphase.
Palliativmedizin ist eine wichtige Ergänzung der Hochleistungsmedizin. Als interdisziplinär und multiprofessionell ausgerichtetes Fach, wird die Palliativmedizin in der Universitätsmedizin Mainz von der III. Medizinischen Klinik und Poliklinik sowie den Kliniken für Anästhesiologie, Neurologie und Psychosomatische Medizin getragen. Die beteiligten Kliniken bringen ihre fachspezifischen Kompetenzen in Krankenversorgung, Forschung und Lehre ein. Organisatorisch ist die Interdisziplinäre Abteilung für Palliativmedizin eng mit der III. Medizinische Klinik verbunden.
Darüber hinaus kooperiert die interdisziplinäre Abteilung für Palliativmedizin eng mit den regionalen und überregionalen Einrichtungen, die sich die Betreuung schwerstkranker und sterbender Menschen zur Aufgabe gemacht haben. Dazu zählen insbesondere der ambulante Hospiz- und Palliativdienst der Mainzer Hospizgesellschaft und der stationäre Hospiz der Caritas Altenhilfe St. Martin Rheinhessen GmbH in Mainz-Drais.
Vor dem Hintergrund ihrer gewachsenen medizinischen Bedeutung, des demografischen Wandels, modernen Familienstrukturen, von Mobilität und Flexibilität geprägten Lebensformen, der Abwendung vom Tod und dem Streben nach schier ewiger Jugend sowie einem ausgeprägten Glaube an die „Macht der Technik“ hat die Palliativmedizin auch eine gesundheitspolitische, soziale und wissenschaftliche Aufgabe übernommen.
Dieser gewachsenen Bedeutung entsprechend, hat die Deutsche Krebshilfe 2010 eine von ihr finanzierte und mit Professor Weber besetzte „Stiftungsprofessur Palliativmedizin“ eingerichtet, die in diesem Jahr von der Universitätsmedizin übernommen wurde. Die Arbeit der Palliativstation wird zudem durch den 2006 gegründeten „Verein zur Förderung der Palliativmedizin an der Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz“ und der 2013 ins Leben gerufenen „Mainzer Palliativstiftung – Leben bis zuletzt“ gefördert.
Die von dem renommierten und international bekannten Bildhauer Karlheinz Oswald geschaffene Bronzebüste von Dr. Cicely Saunders ist deutschlandweit das erste Denkmal für die Gründerin der modernen Hospiz- und Palliativbewegung. Sauders gründete im Jahr 1967 das St. Christophers Hospice in London, von dem aus sich die Philosophie eines bedürfnisorientierten und würdigen Umgangs mit schwerstkranken und sterbenden Menschen in die ganze Welt verbreitete.