Kreis Germersheim / Worms – Das Interesse der Bürger an der Einladung von Landrat Dr. Fritz Brechtel zu einer Fahrt zur Sortieranlage für gelbe Säcke in Worms war unerwartet groß. 50 Interessierte fuhren schließlich zur Anlage der Firma Becker Recycling.
„Da das alte Vorurteil, dass sowieso alles verbrannt were, noch durch manchen Kopf geistert, war die Vorab-Information an der Recyclinganlage ein guter Einstieg: Nur ein kleiner Teil der Verpackungen ist nicht wiederverwertbar“, berichteten Teilnehmer.
In der Anlage landet jede Lkw-Ladung erst einmal auf einem großen Berg in einer Eingangshalle. Dann beginnt die Sortierung zunächst mit einer Sackaufreißanlage. In der lauten und geruchlich anstrengenden Anlage werden auf unzähligen parallel laufenden Fließbändern die Kunststoffe, Metalle und anderen Wertstoffe nach Größe und Beschaffenheit in einzelne Fraktionen getrennt.
Da die verschiedenen Materialien Infrarotlicht unterschiedlich reflektieren, macht man sich dieses technische Verfahren zunutze. Mit Hilfe des Infrarotlichtes erkennt ein Rechner in Bruchteilen von Sekunden, ob es sich um einen Getränkekarton aus Verbundstoff, einen Joghurtbecher aus Polypropylen, eine Ketchupflasche aus Polyethylen, einen weißen Quarkbecher aus Polysterol oder eine durchsichtige Plastikflasche aus Polyethylen handelt.
Dabei steuert der Computer eine Vielzahl von Luftdüsen, die die jeweiligen Teile zielgenau vom Fließband in die unterschiedlichen Behälter schießen. Zuvor wurde bereits das Metall von einem Magnetabscheider aussortiert. So bleibt am Ende von zahlreichen Separationsstationen nur noch ein Rest von sogenannten Störstoffen übrig, die nicht weiter verarbeitet werden können und deshalb in der Müllverbrennung landen, zum Beispiel die Gummimatte aus dem Auto. Viel ist es nicht, was am Ende des kilometerlangen Fließbands noch einmal kontrolliert und als unbrauchbar aussortiert wird. Genau zwei Sortierkräfte sind erforderlich für die Endkontrolle.
In der Regel werden aus den aussortierten Kunststoffteilen neue Kunststoffteile, allerdings minderer Güte. Denn aufgrund der Verschmutzung können zum Beispiel Joghurtbecher nicht wieder für die Lebensmittelverpackung eingesetzt werden. Der Grund sind möglicherweise anhaftende Bakterien, die beim späteren Einschmelzprozess trotz einer Temperatur von rund 240 Grad Celsius nicht hundertprozentig sicher abgetötet werden. Daher entstehen daraus Paletten, Gartenmöbel, Fensterprofile, Gartentanks, Regentonnen, Fischteichen und ähnlichen Gebrauchsgegenstände.
Auch Getränkeflaschen aus PET werden zu neuen Kunststoffprodukten oder Fleecepullovern aufbereitet, die nicht verwertbaren Sortierreste zu Ersatzbrennstoffen aufbereitet und in der Zementproduktion als Kohleersatz verwendet. Metallverpackungen kommen zum Einschmelzen.
Bei einer anschließenden kleinen Vortragsrunde bei Getränken und Brezeln erläuterte Marc Grutza, Prokurist bei der Fa. Becker, dass die Sammlung und Sortierung der Wertstoffe durch das Duale System gemanagt werde, das inzwischen auf zehn Betriebe in Deutschland aufgeteilt ist. Der Grüne Punkt ist zwar immer noch Marktführer, ist aber längst nicht mehr der einzige Systembetreiber. Das System (Sammlung, Sortierung und Verwertung) finanziert sich über die bereits im Kaufpreis (zum Beispiel des Joghurtbechers) enthaltenen Kosten.
„Die Abfallgebühren des Landkreises beinhalten daher keinerlei Kosten für die Finanzierung der Dualen Systeme Gelber Sack und Glas“, so Landrat Brechtel.
Eingeführt wurde das Materialkreislaufsystem mit der Verpackungsverordnung Anfang der 1990er Jahre.