Karlsbad – Das Regierungspräsidium Karlsruhe hat mit der Anhörung der Träger öffentlicher Belange jetzt das Verfahren zur Ausweisung des neuen geplanten Naturschutzgebietes mit der Bezeichnung „Pfinzquellen“ begonnen. Das Naturschutzgebiet liegt zwischen den Ortsteilen Ittersbach, Langenalb und Feldrennach der beiden Gemeinden Karlsbad und Straubenhardt und umschließt den Norden des Ortsteils Pfinzweiler.
52 Träger öffentlicher Belange – Verwaltungen, Gemeinden, Naturschutzverbände, Berufsvertretungen der Forst- und Landwirtschaft sowie Versorgungsunternehmen – haben nun bis zum 18. Februar 2016 Zeit, ihre Anregungen und Bedenken vorzutragen.
Vorangegangen waren zwei Jahre intensiver Vorbereitung: Die wissenschaftlichen Daten und Fakten zum Gebiet wurden zusammengetragen und vor Ort wurde in Vorträgen, Führungen und Naturschutzsprechstunden informiert und diskutiert.
Diese frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung ist die Grundlage des heute vorgelegten Entwurfs. Er würdigt nicht nur den naturschutzfachlichen Wert des Gebietes, sondern berücksichtigt auch soweit wie möglich die Belange und Interessen der vor Ort Tätigen und Verantwortlichen.
Die Größe des Gebietes – ursprünglich waren aus einem 395 Hektar großen Suchraum 347 Hektar ausgewählt worden – wurde auf 290 Hektar reduziert. Begründet vorgetragene Änderungswünsche wurden berücksichtigt, Flächen mit geringerem naturschutzfachlichem Wert ausgeklammert.
„2015 haben wir jeden Meter der Außengrenze noch einmal genau unter die Lupe genommen“, betont Dr. Christoph Aly, der das Verfahren im Regierungspräsidium führt. „Wir haben jede Einwendung so weit wie möglich berücksichtigt und uns bei jedem einzelnen Grundstück gefragt, warum wir hier ein Naturschutzgebiet vorschlagen“.
Aus den Naturschutzsprechstunden wissen die verantwortlichen Referenten des Regierungspräsidiums Dr. Christoph Aly und Dr. Silke Schweitzer, dass oftmals weit größere Einschränkungen befürchtet werden, als die Verordnung tatsächlich auslöst. Bisherige rechtmäßige Nutzungen und Einrichtungen besitzen grundsätzlich Bestandsschutz, ob dies nun Gärten, der Ackerbau, die Wege oder die Versorgungsleitungen für Wasser, Strom und Telefon sind. Für die Bewirtschaftung von Grünland werden zum Beispiel einige Regeln vorgegeben, für Besucher gibt es Einschränkungen zum Beispiel hinsichtlich des Verlassens von Wegen oder des Laufenlassens von Hunden. Auch für Jäger, Angler und Forstwirte gibt es einige Einschränkungen, die aber weitgehend heute schon eingehalten werden.
„Im Wesentlichen wollen wir das Gebiet in seiner Schönheit und Artenvielfalt so erhalten, wie es sich heute zeigt“, sagt Dr. Silke Schweitzer.
Dazu gehört, dass die extensive Wiesenbewirtschaftung von Naturschutzseite auch finanziell aktiv unterstützt wird, damit dem schleichenden Verlust anspruchsvoller und gefährdeter Arten entgegengewirkt werden kann.
„Bei aller Freude über das Vorkommen seltener Arten dürfen wir deren Situation nicht vergessen. In vielen Fällen müssen wir einen Abwärtstrend stoppen“, ergänzt die Biologin.
Die Besonderheit und die Naturschätze des Gebietes wurden in einer 33-seitigen Würdigung zusammengestellt, die zusammen mit den übrigen Anhörungsunterlagen im Internet veröffentlicht ist1.
„Es hat mich schon erstaunt, dass dieses Gebiet noch nicht Naturschutzgebiet ist“, sagt Dr. Silke Schweitzer. „Heute, nach den letzten Kartierungen in diesem Jahr, wissen wir, welche Fülle an seltenen und gefährdeten Arten im Gebiet lebt. Wir fanden in den Wiesen 19 Heuschrecken-, 46 Tag- und 204 Nachtfalterarten, viele davon selten und gefährdet und anderswo bereits verschwunden. Nicht weniger als 120 Vogelarten wurden beobachtet, 74 davon als Brutvögel, was 32 Prozent aller in Baden-Württemberg überhaupt vorkommenden Brutvogelarten bedeutet. Unter den Brutvögeln sind Raritäten wie das Braunkehlchen, die Grauammer und der Wendehals, unter den Zugvögeln und Wintergästen der Kranich, die Kornweihe und der Große Brachvogel. Die gegebene extensive Nutzung und die Größe dieses Wiesengebietes machen es so attraktiv für Arten, die ansonsten in Baden-Württemberg kaum noch Lebensmöglichkeiten finden. Beides gilt es zu erhalten.“
Nach der Auswertung und soweit wie möglichen Berücksichtigung der Stellungnahmen der Träger öffentlicher Belange wird die Planung in den Gemeinden offengelegt. Diese Offenlage wird in den Gemeindeblättern angekündigt. Jedermann hat dann Gelegenheit, seine persönlichen Anregungen und Bedenken vorzutragen. Auch diese werden so weit wie möglich berücksichtigt, bevor das Gebiet durch Regierungspräsidentin Nicolette Kressl ausgewiesen wird.