Nach rund 50 Jahren ist Schluss

Schullandheim

Miltenberg – Lehrer und Mitschüler außerhalb des Klassenraums kennen lernen oder die Klassengemeinschaft stärken – das macht einen Aufenthalt im Schullandheim aus.

Dies galt bisher auch für das Schullandheim Miltenberg, dessen Türen sich für Schulklassen im Sommer 2015 endgültig schlossen. Das 1903 erbaute Gebäude wurde im Juli an einen privaten Investor verkauft. Bis dahin befand es sich in der Trägerschaft des Zweckverbandes „Rheinhessisches Schullandheim Miltenberg/Main.“, hinter dem die beiden Landkreise Mainz-Bingen und Alzey-Worms standen.

Der Film „Fack ju Göthe“ zeigt augenzwinkernd wohin die Reise geht: Die Ziele von Klassenfahren werden immer exotischer. Wenngleich Thailand wahrscheinlich doch eher selten das Ziel sein dürfte, als der Film vermuten lässt. Fakt ist aber, Schullandheime müssen Schritt halten und einiges bieten. Und das kostet Geld.

„Auch wenn viele Besucher sich in der Vergangenheit dort sehr wohl gefühlt haben, konnten wir ein zeitgemäßes Drei-Sterne-Jugendherbergsniveau in Miltenberg nicht mehr bieten“,

begründete Landrat Claus Schick den Verkauf. Aufwand und Ergebnis stünden in keinem Verhältnis mehr zueinander. Auch Barbara Krause, Geschäftsführerin des Zweckverbandes, konstatierte:

„Über die Jahre gab es immer wieder Schwankungen, was die Belegungen angeht, aber im Grunde ging es in den vergangenen Jahren kontinuierlich nach unten.“

Rund 50 Jahre bescherte das ehrwürdige Gebäude knapp 80.000 Schülerinnen und Schülern von 78 Schulen aus beiden Landkreisen schöne Zeiten. Der Verbandsordnung nach sollte dort „die soziale, geistige, pädagogische und gesundheitliche Entwicklung der Schuljugend“ gefördert werden. Schulen wie das Stefan-Georg-Gymnasium oder die Realschule plus Osthofen, deren Klassen am häufigsten in  Miltenberg zu Gast waren, bestätigten diesen Leitgedanken. Doch es waren viele Mühen und Kosten nötig, ehe sich die Goldbergschule Osthofen im Mai 1965 als erste Schule dort einquartieren konnte.

Nach dem Kauf der Anlage 1962 standen umfangreiche Sanierungsarbeiten an. Über eine halbe Million Mark wurde investiert. Im Laufe der Jahre machten vor allem die 1972 neugestalteten Gemeinschaftsräume samt Heimbibliothek sowie der 1979 entstandene Spiel- und Freizeitraum neben dem Hauptgebäude das Schullandheim für Klassen attraktiv. Ende des Jahres 1986 bot das Schullandheim Platz für 84 Besucher. Damals stand die Zukunft der Anlage bereits schon einmal auf der Kippe: Das Landratsamt Miltenberg schloss den Komplex aufgrund von Risiken in der Brandschutzsicherheit. Man entschied sich am Projekt festzuhalten, investierte rund 2,8 Millionen Mark und die Herberge bot 1989 nach der Wiedereröffnung bis zum Ende 66 Personen Platz.

Was bringt jetzt die Zukunft für das prestigeträchtige Gebäude? Derzeit beherbergt und betreut dort das Landratsamt Miltenberg in Kooperation mit dem AWO Bundesverband e.V. unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. Das ehemalige Personal des Schullandheims wurde von der Kreisverwaltung Mainz-Bingen übernommen und ist weiterhin in Miltenberg tätig.