Dresden – Wissenschaftler der Senckenberg Naturhistorischen Sammlungen in Dresden haben mit einem internationalen Team eine neue Schlangenart in Europa entdeckt.
Die Forscher konnten in einer heute im Fachjournal „Biological Journal of the Linnean Society“ veröffentlichten integrativen Studie zeigen, dass die „Iberische Ringelnatter“ keine Unterart der weit verbreiteten eurasiatischen Ringelnatter, sondern eine eigene Art ist.
Die Ringelnatter ist in Europa weit verbreitet; in Deutschland zählt das für den Menschen harmlose Reptil mit dem charakteristischen hellen Halsring zu den am häufigsten auftretenden Schlangenarten.
„Vielleicht liegt es an dieser Häufigkeit, dass es auch bezüglich ihrer Taxonomie eine Vielfalt an Meinungen gibt“,
sagt Prof. Dr. Uwe Fritz, Direktor der Senckenberg Naturhistorischen Sammlungen in Dresden und fährt fort:
„Die Spanne reicht je nach Autor von 4 bis 14 Unterarten.“
Fritz hat nun gemeinsam mit der Doktorandin Carolin Kindler, Kollegen vom Zoologischen Forschungsmuseum Alexander Koenig in Bonn und weiteren internationalen Partnern herausgefunden, dass die bisher als Unterart geführte „Iberische Ringelnatter“ eine eigene Art ist.
„Europas Wirbeltiere gelten als gut erforscht – da ist die Entdeckung einer neuen Art schon etwas ganz Besonderes“, freut sich Kindler.
Das Wissenschaftlerteam hat mehr als 300 Schlangen aus verschiedenen Sammlungen mit unterschiedlichen Methoden untersucht und diese Daten mit genetischen Mustern von 85 Ringelnattern kombiniert:
„Wir haben die externe Morphologie, wie beispielsweise die Zahl der Schuppen, mit Eigenschaften des Knochenbaus und genetischen Merkmalen verknüpft und konnten anhand dessen zeigen, dass die Iberische Ringelnatter – Natrix astreptophora – eine eigene Art ist“, erläutert Fritz.
Die genetischen Untersuchungen zeigen auch, dass die neu entdeckte Art ihren Lebensraum nicht mit der in Europa und Asien weit verbreiteten Ringelnatter-Art Natrix natrix und deren Unterarten teilt. Natrix astreptophora kommt in der nordafrikanischen Maghreb-Region, auf der Iberischen Halbinsel und im Süden Frankreichs vor. Kindler hierzu:
„Die beiden Arten treffen nur in Südfrankreich nahe der Pyrenäen aufeinander.“
Dennoch wurden in diesem Gebiet fast keine Hybride der Arten gefunden –
„ein weiterer Beleg, dass es sich bei Natrix astreptophora um eine eigene Art handelt“, ergänzt Fritz.
Als Jäger von Amphibien und anderen Kleintieren sind die bis zu 150 Zentimeter langen Ringelnattern an feuchte Lebensräume gebunden. Durch Entwässerung von Feuchtgebieten, der Regulierung von Flussläufen und der Intensivierung der Teichwirtschaft ist ihr Lebensraum jedoch bedroht. Die Iberische Ringelnatter ist allerdings vom Wasser wesentlich unabhängiger als die weiter verbreitete Art. Zahlreiche Ringelnattern werden Opfer des Straßenverkehrs; an großen Seen führt Tourismus zu einer weiteren Bedrohung der Ringelnattern.
„Zu wissen, mit welcher Art wir es zu tun haben, hilft uns ihre Gefährdung besser einzuschätzen und rechtzeitig Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Dies ist umso wichtiger, weil die Iberische Ringelnatter andere Lebensräume bevorzugt“, fasst Kindler zusammen.