Mannheim – Das nächtliche Alkoholverkaufsverbot nach dem Gesetz über die Ladenöffnung in Baden-Württemberg (LadÖG) gilt nicht für einen in einem Tankstellen-Shop integrierten und mit einer gaststättenrechtlichen Erlaubnis betriebenen Imbiss. Das hat der 6. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (VGH) in einem in dieser Woche zugestellten Urteil aufgrund mündlicher Verhandlung vom 19. März 2015 entschieden und zugleich die Berufung der Stadt Bruchsal (Beklagte) gegen ein gleichlautendes Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe (VG) zurückgewiesen.
Die Klägerin, eine GmbH, betreibt in Bruchsal eine Tankstelle mit Verkaufsshop. Für einen in den Verkaufsshop integrierten Imbiss erhielt sie 1992 eine Gaststättenerlaubnis ohne Einschränkung der Betriebszeit. Der Inhaber einer gaststätten-rechtlichen Erlaubnis ist nach dem Gaststättengesetz auch außerhalb geltender Sperrzeiten zum Ausschank alkoholischer Getränke berechtigt, die in seiner Gaststätte angeboten werden ("Gassenschank"). Die Klägerin verkauft in ihrer Tankstelle auch nach 22.00 Uhr verschiedene alkoholische Getränke. Die Beklagte sieht darin einen Verstoß gegen das am 1. März 2010 in Kraft getretene nächtliche Alkoholverkaufsverbot nach § 3a Abs. 1 LadÖG. Sie untersagte der Klägerin daher den Verkauf alkoholischer Getränke einschließlich des "Gassenschanks" zwischen 22.00 Uhr und 5.00 Uhr. Das VG hat diese Untersagung mit der Begründung aufgehoben, die Klägerin könne sich auf ihre Gaststättenerlaubnis und das Recht zum "Gassenschank" berufen. Der VGH hat diese Entscheidung bestätigt.
Für die Untersagung der Beklagten gebe es keine gesetzliche Grundlage, insbesondere ergebe sich eine solche nicht aus § 3a Abs. 1 LadÖG. Die in dem Tankstellenshop der Klägerin betriebene Schank- und Speisewirtschaft in der Form eines Imbisses unterfalle dem Gaststättenrecht. Dieses erlaube dem Inhaber einer gaststättenrechtlichen Erlaubnis den "Gassenschank". Das schließe die Anwendung des gesetzlichen nächtlichen Alkoholverkaufsverbotes aus. Dies gelte auch dann, wenn in einem Tankstellenshop die Imbissfläche von der Verkaufsfläche des Einzelhandels nicht räumlich – etwa durch Regale oder Raumteiler – abgegrenzt sei. Bei dem Imbiss der Klägerin, der mehr als ein Viertel der Fläche des gesamten Shops einnehme und in dem Gäste an Stehtischen mit Barhockern Platz nehmen könnten, handele es sich auch nicht um ein bloß nebensächliches Anhängsel zum dort betriebenen Einzelhandel.
Zwar habe der Landesgesetzgeber mit dem Alkoholverkaufsverbot im LadÖG Gefahren unterbinden wollen, die mit dem nächtlichen Alkoholverkauf an Tankstellen verbunden seien. Er habe jedoch die vorgefundenen gaststättenrechtlichen Regelungen über den "Gassenschank" mit dem LadÖG nicht geändert. Das Alkoholverkaufsverbot gelte daher nur für Tankstellen ohne gaststätten-rechtliche Erlaubnis zum Imbiss-Betrieb, die damit auch nicht dem strengen Regelungsregime des Gaststättenrechts unterlägen. Hiervon gehe auch die Lan-desregierung in ihrem Bericht zur Evaluation der Regelungen zum Alkoholverkaufsverbot aus. Eine erweiternde Anwendung des gesetzlichen Alkoholverkaufsverbots auf Tankstellen mit Gaststättenerlaubnis bedeute eine Überschreitung richterlicher Kompetenzen. Es sei Sache des dafür berufenen Gesetzgebers, gegebenenfalls entsprechende Regelungen zu treffen.
Der VGH hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Diese Entscheidung kann binnen eines Monats nach Zustellung des Urteils durch Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden (Az.: 6 S 844/14).