Stutensee: Ausstellungseröffnung des Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. in Staffort

Ausstellungseröffnung in Staffort (Foto: Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge)
Ausstellungseröffnung in Staffort (Foto: Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge)

Stutensee – Wie bereits in den vergangenen Jahren wird auch 2016 eine neue Ausstellung des Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. in Staffort gezeigt. Diese findet vom 6. bis 9. November 2016 in der Verwaltungsstelle (Lutherstr. 10) statt und trägt den Titel „Geflohen, vertrieben – angekommen?!“.

Im Rahmen einer Feierstunde wurde in Anwesenheit zahlreicher Gäste die Ausstellung des Volksbunds zu Flucht und Vertreibung durch Ortsvorsteher Ludwig-W. Heidt (Staffort) eröffnet. Heidt ist auch Vorstandmitglied des Volksbunds im Bezirk Nordbaden. Herr Oberbürgermeister Klaus Demal führte in seinem Grußwort aus, wie wichtig es sei, an die bekannten und unbekannten Geschichten des Zweiten Weltkriegs zu erinnern. Auch wenn die Vertreibung der Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg nicht mit der aktuellen Flüchtlingssituation gleichzusetzen sei, müsse dennoch der Blick zurück genommen werden, um für die Gegenwart zu lernen. Auch deshalb sei die Arbeit des Volksbunds für die Gegenwart so wichtig, so Dehmel.

Die Eröffnungsrede hielt Pfarrer Dr. Martin Michel, Mitglied im Landesvorstand des Volksbunds Baden- Württemberg. Dr. Michel wies in seinem geschichtlichen Beitrag darauf hin, daß Deutschland noch bis vor 150 Jahren ein klassisches Auswanderungsland gewesen sei. Danach erlebten die Deutschen mehrere Immigrationswellen, beispielsweise die Vertriebenen und Flüchtlinge nach dem Zweiten Weltkrieg. Zuletzt begann die Einwanderung aus Syrien, dem Irak, Afrika oder Ukraine. In seinen Ausführungen ging Dr. Michel auf die Frage ein, inwieweit aus der Geschichte nach Nachkriegsmigration in Deutschland gelernt werden könne. Seiner Meinung nach sei dies nicht in abstrakter Form möglich, sondern durch die Weitergabe konkreter Geschichten, am besten weitererzählt zwischen den Generationen. Dr. Michel wies auch darauf hin, daß auf den Kriegsgräbern des Volksbunds auch Tote der Vertreibung bestattet sind. Er führte aus, daß heute Integration nur gelingen könne, wenn die neu angekommenen Menschen als Wertebasis die deutsche Verfassung anerkennen.

Laut UNO-Flüchtlingshilfe sind derzeit etwa 59 Millionen Menschen weltweit auf der Flucht. Darunter suchen etwa 20 Millionen Menschen außer Landes Schutz vor Krieg und Verfolgung. Für viele von ihnen ist Europa das Ziel. Die seit Jahren steigenden Flüchtlingszahlen stellen die Europäische Union vor neue, immense Herausforderungen, was Aufnahme, Versorgung und Integration der Neuankömmlinge betrifft. Deutschland hat besonders viele aufgenommen, die Zuflucht suchen. Trotz Ängsten und Ablehnung, die es auch gibt, hat sich vielerorts eine Willkommenskultur entwickelt, die auf das Potenzial der Gesellschaft vertraut, Einwanderer einzugliedern.

Mit der gezeigten Ausstellung sollen Einsichten in Mechanismen von Gewaltmigration vermittelt werden. Parallelen von Flucht, Vertreibung und Integration im Nachkriegsdeutschland und heute sollen sichtbar werden. Schätzungsweise 14 Millionen Deutsche verließen im Kontext des Zweiten Weltkrieges gezwungenermaßen ihre Heimat Richtung Westen. Letztlich gelang ihre Integration. Doch Traumata vom Fluchtgeschehen blieben lange Zeit unbearbeitet und wirkten so bei vielen Betroffenen lebenslang fort. Auch die nationalsozialistische Expansions- und Besatzungspolitik, die unter anderem Umsiedlung und Deportation bestimmter Gruppen und Nationalitäten (bis in Todeslager) umfasste, wurde lange Zeit ausgeblendet und nicht als ursächlich für Vertreibungen der Deutschen nach Kriegsende gesehen. Ein Blick zurück kann dazu beitragen, Umstände von Gewaltmigration und ihren Auslösern sowie soziale Prozesse der Integration zu verstehen und auf heute zu übertragen.

Infobox:

Der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. ist eine humanitäre und als gemeinnützig anerkannte Organisation. Er widmet sich im Auftrag der Bundesregierung der Aufgabe, die Gräber der deutschen Kriegstoten im Ausland zu erfassen, zu erhalten und zu pflegen. Dabei sind die von ihm gepflegten Kriegsgräberstätten im Ausland nicht nur individuelle Gräber, sondern auch Mahnmale für den Frieden. Denn als Friedensorganisation ist es seine Aufgabe, gerade heute an die Folgen von Krieg und Gewalt zu erinnern.

Nicht ganz so bekannt ist, dass die Pflege und der Erhalt von Kriegsgräberanlagen einhergehen mit einer intensiven Jugend- und Friedensarbeit. Dies alles mit dem Ziel, einen Beitrag für Frieden und Verständigung zu leisten. Für seine Jugendarbeit erhielt der Volksbund im Herbst 2014 den Preis des Westfälischen Friedens.
Auch wenn der Volksbund seine gemeinnützige Arbeit im Auftrag der Bundesrepublik Deutschland ausübt, so finanziert er sich doch zum größten Teil über Spenden und Zuwendungen.