Baden-Württemberg: Land veröffentlicht Leitfaden zum Starkregenrisikomanagement für Städte und Gemeinden

Umweltminister Franz Untersteller und LUBW-Präsidentin Margareta Barth: „Kommunale Starkregenkarten und hierauf basierende Vorsorgemaßnahmen können helfen, mögliche Schäden von lokalen Unwettern spürbar zu verringern. Das Land unterstützt die Städte und Gemeinden bei dieser ebenso wichtigen wie schwierigen Aufgabe.“

Stuttgart – Die LUBW Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg hat am 12.08.2016 den gemeinsam mit der Universität Freiburg erarbeiteten Leitfaden „Kommunales Starkregenrisikomanagement in Baden-Württemberg“ veröffentlicht. Auf 83 Seiten stellt das Land hiermit den Kommunen ein einheitliches Verfahren zur Verfügung, um vom Starkregen ausgehende Gefahren und Risiken analysieren und so kommunale Starkregenkarten erstellen zu können. Auf dieser Grundlage können die Städte und Gemeinden Maßnahmen erarbeiten, die mögliche Schäden im Ernstfall vermeiden oder zumindest spürbar verringern.

Für Umweltminister Franz Untersteller stellt der Leitfaden eine wichtige Hilfe für das Risikomanagement der Städte und Gemeinden in Baden-Württemberg dar: „Die katastrophalen Bilder der vergangenen Monate aus Braunsbach und anderswo haben uns gezeigt: Unwetterartige Regengüsse können überall im Land und auch abseits von größeren Flüssen zu dramatischen Überschwemmungen führen. Unser neuer Leitfaden zeigt den Verantwortlichen in den Kommunen, wie sie das von einem Starkregen ausgehende Risiko für ihre Stadt und ihre Gemeinde beurteilen können und mit welchen Maßnahmen sich mögliche Schäden verringern lassen.“

„Der Verlauf von Starkregen ist für die Städte und Gemeinden schwieriger abzuschätzen als das Verhalten von Fließgewässern und Seen, die regelmäßig über ihre Ufer treten“, so Margareta Barth, Präsidentin der LUBW. „Sie wissen nicht, an welcher Stelle wie viel Regen in welcher Zeit fallen wird. In den meisten Kommunen existieren für solche Ereignisse auch keine Gefahrenkarten, an denen sich die Verantwortlichen orientieren können und mit deren Hilfe sie einschätzen können, wo sich Oberflächenabfluss sammelt und wo er abfließt. Gemeinsam mit den von uns ermittelten und den Kommunen kostenlos zur Verfügung gestellten Daten über die Niederschlagsmenge, die bei einem Starkregen abfließen kann, schafft der Leitfaden hier Abhilfe.“

Umweltminister Untersteller geht davon aus, dass extreme Starkregen infolge des Klimawandels in Zukunft häufiger auftreten werden. „Die Kommunen, die sich mit dem Thema befassen und sich hierbei auf unseren Leitfaden stützen, fördert die Landesregierung daher auch finanziell“, betonte der Minister. So können Städte und Gemeinden vom Land einen Zuschuss von 70 Prozent der Kosten erhalten, die für kommunale Starkregengefahrenkarten mit nachfolgender Risikoanalyse und darauf aufbauendem Handlungskonzept entstehen. Das Handlungskonzept enthält sowohl Maßnahmen zur Beratung der potenziell betroffenen Bürgerinnen und Bürger als auch zur kommunalen Flächenvorsorge und für das Krisenmanagement. Die hierin ebenfalls enthaltenen baulichen Maßnahmen, mit denen sich zum Beispiel das Wasser außerhalb von Ortschaften zurückhalten lässt oder die einen möglichst schadenfreien Abfluss innerhalb des Ortes ermöglichen, werden von der Landesregierung mit bis zu 70 Prozent gefördert.

„Das nächste Unwetter kommt bestimmt“, warnte Franz Untersteller. „Wo und wann, weiß heute aber noch niemand. Ich empfehle daher allen Städten und Gemeinden im Land, sich intensiv mit dem Thema Starkregenmanagement auseinanderzusetzen und die Bürgerinnen und Bürger hierüber umfassend zu informieren. Der neue Leitfaden der LUBW liefert hierfür eine hervorragende Arbeitsgrundlage.“

Der Leitfaden „Kommunales Starkregenrisikomanagement in Baden-Württemberg“ steht im Internet auf der Homepage der LUBW zum Herunterladen bereit und wird den Kommunen im Herbst zusätzlich als Druckversion zur Verfügung gestellt. Weitere Informationen zum Thema Starkregen gibt es auch auf der Internetseite des Umweltministeriums unter www.um.baden-wuerttemberg.de.

Ergänzende Informationen:

„Starkregenereignisse“ sind lokal begrenzte Regenereignisse mit großer Niederschlagsmenge und hoher Intensität. Sie sind meist von sehr geringer räumlicher Ausdehnung und kurzer Dauer. Starkregen sind gekennzeichnet durch extrem kurze Vorwarnzeiten sowie eine unsichere Warnlage. Zum Teil wirken sie sich außerhalb und unabhängig von vorhandenen Gewässern aus. Daher stellen sie ein nur schwer zu kalkulierendes Überschwemmungsrisiko dar. Große Anteile des Niederschlags fliesen oberirdisch ab und nutzen Wege, Straßen und Einschnitte im Gelände als Abflusswege.

In hügeligem/bergigem Gelände fließt das Wasser bei Starkregenereignissen zum großen Teil außerhalb von Gewässern auf der Geländeoberfläche als sogenannte Sturzflut ab. Solche Sturzfluten verfügen über hohe Strömungskräfte und können große Mengen an Treibgut (wie Holz, Heu- und Silageballen) und erodierte Materialien (zum Beispiel Boden, Geröll) mit sich reißen. Dieses Material sammelt sich an Verdolungseinläufen, Verrohrungen, Brücken, Stegen, Zäunen oder Rechen, wodurch Abflusshindernisse und damit potenzielle Gefahrenpunkte entstehen. Durch den Rückstau wird das umliegende Gelände überflutet und es kann zu weiteren, schweren Schäden an Gebäuden und Infrastruktur kommen.

Auch in der Ebene können Starkniederschläge Überflutungen verursachen. Da die großen Wassermengen zumeist über den Bemessungsgrenzen der Kanalnetze liegen, können sie weite Flächen schnell unter Wasser setzen. Insbesondere die Bebauung und Infrastruktur in den Senken können dabei erheblich geschädigt werden.

Typische Schäden bei Starkregenereignissen sind Schäden durch Wassereintritt in Gebäude, Schäden an der Bausubstanz und Tragstruktur von Gebäuden und Infrastruktureinrichtungen. Beim Wassereintritt kann auch die chemische und stoffliche Belastung des Wassers eine entscheidende Rolle spielen, da das Oberflächenwasser zum Beispiel mit Mineralölen, Chemikalien oder Fäkalien verunreinigt sein kann. Diese Belastungen können zu erheblichen Folgeschäden führen.