Schulterschluss für bestmögliche Notfallversorgung in der Region

Medizin vor Ort

Rettungsdienst und Krankenhaus rücken bei der Versorgung von Notfallpatienten im Kreisgebiet zusehends enger zusammen. Damit die Arbeit Hand in Hand bestmöglich funktioniert, wurde die Bergsträßer Akutmedizinische Tagung von der Intensivmedizin des Kreiskrankenhauses Bergstraße ins Leben gerufen. Aktuell hat im Heppenheimer Wicom-Forum die dritte Auflage großen Zuspruch gefunden. Im Zentrum der Betrachtung standen die überarbeiteten Leitlinien zur Reanimation. Das Foto zeigt links Dr. med. Jutta Viereckl, Oberärztin am Kreiskrankenhaus Bergstraße, beim Vortrag. (Foto: Kreiskrankenhaus Bergstraße / Thomas J. Zelinger)

Heppenheim / Kreis Bergstraße – Eine bestmögliche Patientenversorgung bei Notfällen kann nur dann funktionieren, wenn alle Beteiligten im steten Dialog miteinander sind. Diesen Dialog zu intensivieren hat sich das Kreiskrankenhaus Bergstraße zu Eigen gemacht.

Daraus ist – unter anderem – die jährliche Bergsträßer Akutmedizinische Tagung (BAMT) entstanden. Eine Plattform zum Meinungsaustausch und Wissenstransfer für Rettungssanitäter, Notärzte, Klinikärzte und Fachpflegekräfte in der Notfallversorgung. Bei Experten findet die Veranstaltung viel Beifall, entsprechend groß ist der Zuspruch. Jetzt wurde die Tagung zum dritten Mal veranstaltet, Schwerpunktthema ist die „Reanimation“ gewesen. Tagungsort war das Wicom-Forum im Alten E-Werk in Heppenheim.

Im Turnus von fünf Jahren werden die Leitlinien zur Wiederbelebung überarbeitet, die aktuellen Vorgaben sind im zurückliegenden Winter publiziert worden. Die Leitlinien kommen vom Deutschen Rat für Wiederbelebung, kurz GRC (German Resuscitation Council). Sie übertragen neueste medizinische Erkenntnisse in die Praxis. Die Bandbreite reicht dabei von der Patientenerstversorgung vor Ort über den Transport bis zur Arbeit in den Krankenhäusern. Im Kern besagen die Leitlinien, dass die Thoraxkompression, also die Herzlungenwiederbelebung durch Druckmassage auf den Brustkorb, Vorrang vor allen anderen Maßnahmen hat. Wie die Wiederbelebung von Hand verlaufen sollte, welche mechanische Unterstützung unter bestimmten Umständen sinnvoll und richtig sein kann, geben sie ebenfalls wieder. Sie lassen den Ärzten und Einsatzkräften aber auch ausreichend Spielraum, um im eigenen Ermessen und aufgrund eigener Erfahrung zu handeln. Diesen Spielraum richtig zu verstehen, zu interpretieren und wo möglich zu einem weitgehend einheitlichen Vorgehen in der Region zu finden, soll das Forum beitragen. Ziel ist ein Schulterschluss, der ein bestmögliches Hand in Hand arbeiten zulässt.

Namhafte Referenten, vornehmlich aus der Metropolregion Rhein-Neckar aber auch aus Köln und Kassel, waren nach Heppenheim gekommen. Organisiert wurde die Veranstaltung von PD Dr. Armin Kalenka, Chefarzt der Fachabteilung Anästhesie und Intensivmedizin am Kreiskrankenhaus Bergstraße, gemeinsam mit Dr. Jutta Viereckl, Oberärztin für Anästhesie und Intensivmedizin am Kreiskrankenhaus, und Professor Dr. Erik Popp, Oberarzt und Sektionsleiter Notfallmedizin an der Klinik für Anästhesiologie des Uniklinikums Heidelberg. Dr. Kalenka, der das Forum im Jahr 2014 ins Leben gerufen hat, zeigte sich zufrieden mit der Resonanz. Mehr als 100 Teilnehmer waren diesmal dabei. Ebenso positiv fällt sein Resümee über das Miteinander von Rettungsdiensten, Ärzten und Fachpflegern in der Region aus. Es zeigt sich, dass der eingeschlagene Weg zielführend ist. Dazu trägt auch bei, dass Ärzte aus dem Kreiskrankenhaus seit diesem Jahr als Notärzte in Fahrzeugen an der Bergstraße und im Ried mit im Einsatz sind. Der Dialog fördert das gegenseitige Verständnis und gibt Einblick in die Arbeit und Arbeitsweise des anderen. Schnittstellen können so optimiert werden. Die Patientenversorgung im Kreisgebiet profitiert davon.

Schulung von Jugendlichen

Gleichzeitig ist Dr. Kalenka bestrebt, die Notfallversorgung im Laienbereich weiter zu verbessern. Auch das ist Ziel der überarbeiteten Leitlinien zur Wiederbelebung. Wie dringlich eine Optimierung an dieser Stelle ist zeigen Zahlen, die der Chefarzt auf den Tisch legt. Demnach beträgt der Anteil der Laien, die bei einem Herzkreislaufstillstand als Ersthelfer eingreifen können weil sie die Herzdruckmassage beherrschen, hierzulande gerade mal 15 Prozent. Eine erschreckend niedrige Quote. In skandinavischen Ländern oder in den USA liegt sie bei mehr als fünfzig Prozent. Vorrangiger Grund für das Defizit in Deutschland ist der Mangel an flächendeckender Schulung. Vor Ort möchten Dr. Kalenka und sein Team dem entgegenwirken. Unter anderem werden sie vor den kommenden Sommerferien am Starkenburg-Gymnasium in Heppenheim Jugendliche fit für die Hilfe im Ernstfall machen indem sie die Thoraxkompression erklären. Ein Schulungsangebot, das ganz im Sinne der Bundesregierung ist. Diese hat das Thema verbesserte Erste Hilfe beim Herzstillstand aktuell auf der Agenda.