25 Jahre Städtepartnerschaft mit Krakau und Granada

Freundschaft ohne Grenzen

Frankfurter Feuerwehrleute mit Kollegen aus Granada

Frankfurt am Main – Die Städtepartnerschaften von Frankfurt haben viele Facetten: Manche fördern die politische Versöhnung oder die wirtschaftlichen Beziehungen, bei anderen steht das Kennenlernen oder Helfen im Mittelpunkt.

Der zweite Teil beleuchtet vor allem die lebendigen Beziehungen zu Krakau/Polen und Granada/Nicaragua, die 2016 seit jeweils 25 Jahren bestehen.

„Als 1989 die Mauer fiel, eröffnete sich für die Kommunen in Europa eine neue Welt. Damit begann die zweite Generation der Städtepartnerschaften“,

sagt Oberbürgermeister Feldmann aus Frankfurt. Um die Wende im ehemaligen Ostblock zu unterstützen, ging die Mainmetropole 1990 neue Partnerschaften mit Budapest, Leipzig und Prag ein.

„Das war politisch so gewollt und ging direkt von der Magistratsebene aus“,

erinnert sich Eduard Hechler, Leiter des Referates für Internationale Angelegenheiten (RIA) der Stadt. Die Kommunen organisierten Austauschprogramme für Verwaltungsmitarbeiter von der Verkehrsplanung bis hin zur Drogenpolitik.

„Die Städte haben heute fast alle mit ähnlichen Herausforderungen zu kämpfen. Vor diesem Hintergrund ist es wichtig und sinnvoll, sich mit unseren Partnerstädten auszutauschen und voneinander zu lernen“,

unterstreicht Oberbürgermeister Peter Feldmann die Bedeutung des Austausches.

Andere Partnerschaften entstanden aus dem Engagement von Bürgern. Der 1989 gegründete Freundeskreis Frankfurt/Krakau pflegte rege Kontakte zu den Menschen in Polens zweitgrößter Stadt, aus denen sich 1991 die offizielle Partnerschaft entwickelte. Gleiches gilt für den Verein „Städtefreundschaft Frankfurt – Granada“, der die Stadt dazu animierte, vor 25 Jahren eine Partnerschaft mit der viertgrößten Stadt in Nicaragua einzugehen.

Sozialpartnerschaft im 'Europa ohne Grenzen'

„Eine solche Basis ist eine gute Voraussetzung für gelebte Partnerschaft“,

betont Referatsleiter Hechler. Gerade mit Krakau sei die Verbindung besonders intensiv. Eine Besonderheit gibt es bei der Verbindung zu Krakau: Die Sozialdezernate beider Kommunen pflegen seit 15 Jahren eine enge Partnerschaft, die auf einem Konzept des Jugend- und Sozialamts Frankfurt basiert. Seit dem Jahr 2000 entwickeln sie neue Ideen für Kitas oder Senioren, treiben gemeinsame Projekte voran, organisieren Fachkonferenzen.

Ein „Europa ohne Grenzen“ wollte der Teenie- und Jugendtreff Bornheim erfahrbar machen, als er vor 20 Jahren erstmals Begegnungen mit Krakauer Jugendlichen organisierte.

„Uns ging es darum, Interesse am Leben von Gleichaltrigen in Mittel- und Osteuropa zu wecken“,

berichtet der Leiter der städtischen Einrichtung, Richard Kratz. Projekte rund um die Themen Medien und Musik, Foto und Video halfen den 15- bis 20-Jährigen dabei, Sprachbarrieren zu überwinden. Jedes Jahr reisen Jugendliche in die befreundete Stadt.

„Die jungen Menschen staunen darüber, dass Krakau eine echte Weltstadt mit internationalem Flair ist.“

Zur Luminale im März kam eine Gruppe aus Krakau, um Fotos von dem Lichtspektakel zu machen. Nach einem Besuch der Ausstellung „Ich“ in der Schirn entwarfen die Jugendlichen Collagen mit Selbstbildnissen, die ab dem 23. Mai 2016 in der Kunsthalle zu sehen sind.

„Das sind mutige, inspirierende und spannende Arbeiten“, freut sich Kratz. „Das gemeinsame Erleben und Handeln steht damals wie heute im Mittelpunkt“.

Austausch der Berufsschüler baut Ängste und Vorurteile ab

Auch die Philipp-Holzmann-Schule (PHS) organisiert seit 20 Jahren einen regen Austausch mit Krakau: Berufsschüler im zweiten Lehrjahr können jährlich ein zehntägiges Praktikum in Betrieben des Gastlandes absolvieren. Im Gegenzug kommen junge Erwachsene einer Bauberufsschule aus Krakau an den Main, um in hiesigen Firmen mitzuarbeiten. „Dieser handwerkliche Kulturaustausch bereichert beide Seiten“, sagte Alexander Gries, Lehrer an der PHS. „Die Polen haben teilweise einen technischen Rückstand, kennen dafür aber Kniffe, die hier in Vergessenheit geraten sind.“ Das Projekt baue Ängste wie Vorurteile auf beiden Seiten ab und schenke den Teilnehmern mehr Selbstbewusstsein, betont Beata Kaplanska, die seit 20 Jahren für die polnische Schule den Austausch organisiert:

„Die jungen Leute kommen als andere Menschen zurück.“

Anfang Mai 2016 sind wieder einige Berufsschüler aus Krakau in Frankfurt: Magdalena und Agnieszka arbeiten als angehende Restauratorinnen an der Peterskirche, Kamila ist als Gärtnerin an einem Privathaus im Einsatz und Andrzej berichtet von einem Installateur, der ihm neue Techniken zeigte. Die jungen Erwachsenen staunen, wie grün Frankfurt ist und wie sich das moderne und historische Stadtbild ergänzen. Wenn die PHS-Schüler im Oktober zum Praktikum nach Krakau reisen, steht für sie auch ein Besuch in Auschwitz auf dem Programm.

RIA organisiert jedes Jahr Bürgerreisen in Partnerstädte

Wer sich generell für eine Reise in eine der Partnerstädte interessiert, wird beim RIA fündig, das pro Jahr bis zu drei Bürgerreisen organisiert. Zum 25-jährigen Jubiläum fuhren Ende April 24 Teilnehmer nach Krakau, das als kulturelles Zentrum Polens gilt. Auch die 14-tägige Reise nach Granada/Nicaragua im November sei schon ganz gut gebucht, berichtet Reinhold Dallendörfer. Der Schulleiter ist seit den 1980er Jahren Vorstandsmitglied des Vereins „Städtefreundschaft Frankfurt – Granada“. An Nicaragua habe ihn fasziniert, „wie sich so ein kleines und armes Land aus eigener Kraft von einer Diktatur befreien konnte“.

Die Städtepartnerschaft mit Granada stand von Beginn an unter dem Zeichen der Armutsbekämpfung und Entwicklungszusammenarbeit. Gemeinsame Projekte versorgten die Stadt mit Trinkwasser, Straßenbeleuchtung und Latrinen, fünf Kinderhäuser und Vorschulen wurden neu errichtet, sogar eine Schule für Inklusion entstand, in der Lehrer und Erzieherinnen ausgebildet werden:

„Das ist die schönste Schule in ganz Nicaragua“,

betont Dallendörfer. Auch Hans-Joachim Fuchtel, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), würdigte die integrierte Vorschule "Coro de Angeles", als er Granada im April 2016 besuchte.

Hilfe zur Selbsthilfe: Feuerwehr bildete Kollegen in Granada aus

Die Frankfurter Berufsfeuerwehr beteiligte sich ebenfalls vor Ort an der Hilfe zur Selbsthilfe: Von 2013 bis 2015 organisierte sie in Granada drei Ausbildungsreihen. Die Experten aus Hessen schulten jeweils 20 mittelamerikanische Feuerwehr-Kollegen im Rettungsdienst, in der Höhen-, Tiefen- und Wasserrettung sowie in Brandbekämpfung und Atemschutz. Zudem wurden der Stadt ein Löschfahrzeug und ein Rettungswagen überlassen.

„Die Menschen in Granada waren sehr freundlich, wissbegierig und auch dankbar“,

berichtet Mathias Weber, Oberbrandmeister und Ausbilder bei der Frankfurter Berufsfeuerwehr.

„Wir konnten den Kollegen viel beibringen und sind mit einem rundum positiven Gefühl wieder nach Hause gefahren.“

Als unersetzlich erwies sich einmal mehr Charly Steinmaier: Der Projektleiter des Freundschaftsvereins in Granada brachte die Ausbilder in seinem Guesthouse unter, organisierte die Lehrgänge und übersetzte alle Inhalte der jeweils zweiwöchigen Ausbildung.

„Welche unterschiedlichen Schwerpunkte die Frankfurter Städtepartnerschaften haben, zeigt als jüngstes Beispiel Yokohama. Die 2011 unterzeichnete Urkunde mit der japanischen Metropole sieht als Themenfelder Wirtschaftsförderung, erneuerbare Energien und Kreativwirtschaft vor. Geplant ist nun auch hier ein klassischer Schüleraustausch, so wie er die Städtepartnerschaften seit jeher geprägt hat",

so Oberbürgermeister Feldmann. Was als Angebot für die europäischen Metropolen weniger nachgefragt wird, ist in Asien auf dem Vormarsch: Mit Lehrstätten in der chinesischen Partnerstadt Guangzhou pflegen fünf Gruppen von drei Frankfurter Schulen einen lebendigen Austausch. So setzt das Modell der Städtepartnerschaft damals wie heute vor allem auf die Jugend – und auf Freundschaften ohne Grenzen.