Eritreer nach Messerangriff auf Polizisten auf freiem Fuß

Keine Untersuchungshaft für Messermann

Ein 31-jähriger Asylbewerber ging auf drei Bundespolizisten mit einem Messer los (Symbolbild)

Mainz – Am 23. Februar 2016 sollten im Mainzer Hauptbahnhof die Ausweispapiere eines 31-jährigen Asylbewerbers aus Eritrea überprüft werden. Da diese fehlten, wurde der Mann zum Bundespolizeirevier gebracht.

Nach Polizeiangaben griff der Eriteer dort in seine Manteltasche, holte ein Messer heraus und ging auf drei Bundespolizisten los. Er konnte jedoch entwaffnet werden. Verletzt wurde niemand. 

Die Bundespolizei schreibt in einem Pressebericht:

"Nach Rücksprache mit der Staatsanwaltschaft Mainz musste der Angreifer auf freien Fuß gesetzt und in die Erstaufnahmeeinrichtung nach Ingelheim verbracht werden."

Dort wird zukünftig sein Asylverfahren betrieben. Es wurden Strafverfahren wegen Widerstand, Bedrohung, versuchter gefährlicher Körperverletzung sowie unerlaubtem Aufenthalt eingeleitet.

Untersuchungshaft wurde nicht angeordnet

Ob die Staatsanwaltschaft Mainz die Situation wesentlich entspannter wie die Polizei sieht, ist nicht bekannt. Jedoch wurde der Asylbewerber keinem Richter vorgeführt. Somit konnte dieser nicht über Untersuchungshaft oder nicht entscheiden. Auf Nachfrage äußert sich die Leiterin der Staatsanwaltschaft Mainz wie folgt:

"Nach dem mündlich seitens der Bundespolizei einem Staatsanwalt geschilderten Ablauf des Geschehens lagen die gesetzlichen Voraussetzungen für die Anordnung einer Untersuchungshaft nach § 112 Strafprozessordnung jedoch nicht vor."

§ 112 Strafprozessordnung gibt Aufschluss

Ein Blick in die Strafprozessordnung: Die Untersuchungshaft darf gegen den Beschuldigten angeordnet werden, wenn er der Tat dringend verdächtig ist und ein Haftgrund besteht. Weiter: Ein Haftgrund besteht, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen festgestellt wird, daß der Beschuldigte flüchtig ist oder sich verborgen hält, bei Würdigung der Umstände des Einzelfalles die Gefahr besteht, daß der Beschuldigte sich dem Strafverfahren entziehen werde (Fluchtgefahr). […]

Jedoch ließ die Staatsanwaltschaft den Beschuldigten nicht einem Richter vorführen. Sie begründete die Entscheidung auf Anfrage:

"Neben dem dringenden Tatverdacht für eine Straftat und einem Haftgrund (hier käme in der Tat Fluchtgefahr in Betracht), muss die Anordnung in Bezug auf die in Rede stehende Tat auch verhältnismäßig sein. Die Untersuchungshaft also eine Entziehung der persönlichen Freiheit ist eine der die schärfsten Zwangsmaßnahmen nach der Strafprozessordnung. Sie darf daher von verfassungswegen auch nur angeordnet werden, wenn mildere Maßnahmen nicht ausreichen. Gesetzlich findet dies seinen Niederschlag zum Beispiel in den §§ 113, 116 und 116a StPO."

Staatsanwaltschaft: Untersuchungshaft nicht verhältnismäßig

Die Anordnung der Untersuchungshaft wäre in diesem Fall nicht verhältnismäßig gewesen. Deswegen wurde ("als mildere Maßnahme") ein Zustellungbevollmächtigter bestellt. Ob der Mann Asylbewerber oder Deutscher ist, spielt nach Angaben der Staatsanwaltschaft Mainz keine Rolle. Auch ein Deutscher mit Meldeanschrift oder festem Wohnsitz könne jederzeit untertauchen und sich einem Strafverfahren entziehen. Weiter sei "der Beschuldigte strafprozessual nicht verpflichtet, in der Asylbewerberunterkunft zu bleiben". Wenn er dort nicht auffindbar ist, so die Staatsanwaltschaft, könne er zur Aufenthaltsermittlung ausgeschrieben werden.

"Wäre der angezeigte Sachverhalt einem durchreisenden ausländischen Touristen oder einer Person mit Wohnsitz im Inland und nicht einem Asylbewerber zur Last gelegt worden, würde auch nicht sichergestellt werden, dass diese zum Beispiel ihr Hotel oder ihre Wohnung nicht verlassen. Es besteht weder Anlass noch Rechtsgrundlage anders zu verfahren, nur weil es sich bei dem Beschuldigten um einen Touristen handelt.", so die Leitende Staatsanwältin Andrea Keller.

Weiter gelte für den Beschuldigten die Unschuldsvermutung.

"Der 31-jährige Asylbewerber ist nicht vorbestraft und es liegen keine polizeilichen Kenntnisse gegen ihn vor.", so die Leitende Staatsanwältin. 

Gemeint ist, dass in Deutschland keine polizeiliche Kenntnisse gegen ihn vorliegen. Ob der mutmaßliche Täter in seinem Heimatland Eritrea bereits straffällig wurde, ist nicht bekannt.

Auf die Frage, wie sichergestellt wird, dass der Beschuldigte in der Erstaufnahmeeinrichtung in Ingelheim keine Körperverletzungen begeht, obwohl er vor Gewaltanwendungen, hier: Messerangriff, gegen drei Polizisten nicht zurückschreckt, wurde von der Staatsanwaltschaft Mainz nicht beantwortet.