Der „Veggie-Tag“ zieht schon Kreise

Weinheimer "Veggie-Gruppe" auf dem Marktplatz mit Dr. Adalbert Knapp von der Bürgerstiftung (rechts)

Weinheim wirbt für einMa(h)l in der Woche fleischlose Ernährung – Auftakt am 14. März 2013

Zu viel Fleisch ist ungesund. Wer zu oft und zu viel Fleisch isst, trägt außerdem zu den schädigenden Auswirkungen auf das Weltklima und die Welternährung bei. Und wer gleichgültig in die Fleischtheke greift, beteiligt sich rasch an unwürdiger Tierhaltung. Das sind Erkenntnisse, denen niemand widerspricht. Und dennoch, konzertierte Aktionen in Städten und Gemeinden weniger Fleisch zu konsumieren, sind selten. Knapp 30 Kommunen in Deutschland haben mittlerweile ein stadtweites Projekt gestartet, um den Fleischverbrauch zu reduzieren und Lust auf vegetarisches Essen zu wecken: einen so genannten „Veggie-Tag“.

Bremen, Magdeburg, Freiburg, Karlsruhe und Wiesbaden machen es, die Nordsee-Insel Juist macht es, aber auch der ganze Landkreis Rotenburg in Niedersachsen. Weinheim will nun als erste mittelgroße Stadt nachziehen. Seit ein paar Wochen arbeitet eine Gruppe von ernährungsbewussten Bürgerinnen und Bürgern der Stadt an einem Konzept für ein „Veggie-Projekt“ in Weinheim.

Die Idee hat bereits weite Kreise gezogen: Die Bürgerstiftung Weinheim mit ihrem Vorstandsvorsitzenden Dr. Adalbert Knapp hat den „Veggie-Tag“ auf die Liste ihrer Förderprojekte gesetzt. Die Schirmherrschaft haben keine Geringeren als Landrat Stefan Dallinger und Oberbürgermeister Heiner Bernhard übernommen. Wolfgang Fuchs („Fuchs’sche Mühle“) als örtlicher Sprecher des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes DEHOGA, ist von der Idee begeistert und verbreitet sie an alle kochendenden Kollegen weiter, die Marktplatz-Gastronomie hat ihre Mitwirkung bereits angekündigt, in der „Alten Druckerei“ widmet sich das renommierte „Kochforum“ an einem Abend im Frühjahr 2013 live der leckeren vegetarischen Küche. Bei Kabarettist und Moderator Franz Kain schwingen Charly Ofenloch („Tafelspitz“), Daniel Heinzmann („Restaurant Salazar“) und Peter Gärtner („CACAO“) ganz ohne Fisch und Fleisch den Kochlöffel. Der Abend ist der Vorgeschmack auf die „Veggie-Premiere“. Aufgetischt werden unter anderem eine „Trilogie von Roter Beete an Kräuterschmand“, eine „Süßkartoffelsuppe im Brotlaibchen“ und ein „Apfel-Karotten-Küchlein mit flüssigem Schokoladenkern“.

„Es ist schnell eine richtige Bewegung geworden“, freut sich Wolfgang Zotz, der Sprecher des „Veggie-Teams“. Es besteht außerdem aus Gerhard Däublin, Aloisia Föllmer, Katja Görtz, Roland Kern, Gerti Neu, Jürgen Osuchowski und Ulrike Stein. Roland Kern, der städtische Pressesprecher, sieht in einem „Veggie-Tag“ durchaus eine Chance für die regionale Ausstrahlung der Weinheimer Gastronomie in die Metropolregion Rhein-Neckar. Andere „Veggie-Städte“ haben die Erfahrung gemacht, dass sie mit besonderen vegetarisch-kulinarischen Angeboten Gäste anlocken und für ein frisches und gesundes Image werben können.

Als erster „Weinheimer Veggie-Tag“ steht bereits der Donnerstag, 14. März 2014 fest. Das „Veggie-Team“ führt jetzt schon Gespräche mit Großküchen, Kantinen, Caterern und Gastronomen, dass sie an diesem Tag – und dann jede Woche am Donnerstag – entweder komplett oder zumindest überwiegend vegetarische Gerichte und Menüs anbieten. Jeder Privathaushalt sei natürlich auch aufgerufen, sich der Bewegung anzuschließen.

Bis jetzt habe man überall offene Türen aufgestoßen, freut sich Wolfgang Zotz. Schließlich richte sich der „Veggie-Tag“ gegen niemanden, er solle auch nicht als erhobener Zeigefinger gegen den Fleischkonsum selbst verstanden werden. Schon jetzt verzichten rund 52 Prozent der Deutschen ein- oder mehrmals in der Woche auf Fleisch – freilich keineswegs auf Genuss. Die „Veggie-Gruppe“ hat sich vorgenommen, die Aktion mit reichlich Informationen zu unterfüttern. Wie diesen: Ein kompletter „Veggie-Tag“ in Weinheim spart rechnerisch mehr Treibhausgase ein als 3000 Autos verursachen. Und wenn alle Weinheimer einen Tag auf Fleisch verzichten, könnten irgendwo anders auf der Welt, wo Getreideflächen der Viehzucht geopfert werden, rechnerisch  4200 Menschen den Kalorienbedarf eines Tages decken. Die Fleischproduktion ist ineffizient und verschwendet Ressourcen: Für ein Kilo Rindfleisch werden zehn Kilo Getreide benötigt – das sind zehn Futterkalorien für eine Kalorie tierisches Fleisch.

Info: 1. Weinheimer Veggie-Tag (ein Projekt der Bürgerstiftung Weinheim) am Donnerstag 14. März 2013 mit Vegetarischem Kochforum am Mittwoch, 13. März 2013 in der „Alten Druckerei“, mehr Infos unter 06201-6876379 und auf www.weinheim.de

Wissenswertes zm Thema (nicht nur für Gatsronomen):

Mehrheitliche Zustimmung:

Nach einer Untersuchung von P.U.N.K.T. PR halten 60% der Bevölkerung einen Veggie-Tag für eine gute Idee. Eine Forsa-Umfrage ergab: Die Zahl derer wächst, die weniger Fleisch essen. 65 % aller Frauen und 38 % der Männer sind nach eigenen Angaben bereits „Teilzeitvegetarier“. Insgesamt essen 52 % der 81,8 Millionen Einwohner in Deutschland oder über 42 Millionen drei oder mehr Tage pro Woche kein Fleisch. Auf Weinheim umgerechnet: Rund 22.500 Einwohner essen an drei oder mehr Tagen pro Woche kein Fleisch.

Neue Kunden:

Gastronomen tun gut daran, bei ihren Menüfolgen diese Tendenz noch stärker einzuplanen. Vor allem in Städten steigt die Zahl der Menschen, die sich flexibler ernähren und häufiger fleischlos essen, wenn fleischlose Speisen angeboten werden. Der Veggietag öffnet den
Zugang zu neuen Kunden.

Das Umweltbewusstsein steigt:

Eine Kuh belastet das Klima genauso stark wie ein moderner Personenwagen, der pro Jahr 18.000 km fährt. Studien (UNO, WWF, World Watch Institute) zeigen: Die globale Tierhaltung verursacht mehr treibhauswirksame Gase als weltweit alle Autos, Schiffe und Flugzeug zusammen. Wenn jeder in Deutschland nur einmal pro Woche kein Fleisch essen würde, könnten wir rechnerisch mehr Treibhausgase einsparen, als wenn wir 6 Millionen Autos von der Straße nehmen. Klimaschutz mit Messer und Gabel. Umgerechnet auf Weinheim: Wenn jeder in Weinheim Wohnende einmal pro Woche kein Fleisch, keine Wurst essen würde, könnten wir rechnerisch mehr Treibhausgase einsparen, als wenn wir 3.200 Autos von der Straße nehmen.

Hoher Wasserverbrauch:

Um ein Kilogramm Rindfleisch zu produzieren, braucht man 15.500 Liter Wasser, für ein Kilogramm Kartoffeln 900 Liter (Quelle: UNESCO)

Für die Gesundheit:

Übermäßiger Fleischkonsum begünstigt vor allem Herz-Kreislauf-Krankheiten, Bluthochdruck, Diabetes, Übergewicht, manche Krebsarten. Die DGE Deutsche Gesellschaft für
Ernährung e. V. empfiehlt auf ernährungswissenschaftlicher Basis nicht mehr als zweimal pro Woche Fleisch und Wurst (maximal 300 bis 600 Gramm).

Tierschutz:

Jeder Tag ohne Fleisch hilft, Tierleben zu retten – auch vor der Qual durch Massentierhaltung und Tiertransporte. Allein in Deutschland werden täglich rund 150.000 Schweine getötet.

Hunger in der Welt:

Ein Hektar Land produziert Rindfleisch für die Ernährung von nur einem Menschen – oder genügend Kartoffeln für 22 Menschen. Ein deutschlandweiter Veggietag pro Woche
könnte jährlich über 2 Millionen Tonnen Getreide einsparen. Das würde ausreichen, um den Kalorienbedarf von über 8 Millionen Menschen zu decken. Auf Weinheim umgerechnet: Ein Veggietag aller Weinheimer pro Woche reichte für den Kalorienbedarf von über 4.200 Menschen aus. Brot für die Welt: Keiner i(s)t für sich allein.

Mehr für den Teller, weniger für den Trog:

Die Herstellung von Fleisch verschwendet Ressourcen:im Schnitt sieben Futterkalorien, um eine Kalorie tierisches Fleisch zu produzieren. Ein Großteil der  weltweiten Getreide- und Sojaproduktion wird ineffizient als Tierfutter verwendet – statt als direktes Nahrungsmittel für Menschen. Und in den Entwicklungsländern sterben täglich etwa 30.000 Kinder an Hunger oder Unterernährung.

Genuss ohne Reue:

Sie wissen es selbst: Gut zubereitete fleischlose Gerichte bieten eine Vielfalt großartiger Geschmackserlebnisse und bestätigen die Kreativität guter Köche. Inzwischen istvegetarische Ernährung nicht mehr allein eine Frage des guten Geschmacks.

Andere Städte machen es erfolgreich vor:

 Fast dreißig Städte in Deutschland haben inzwischen einen Veggietag eingeführt. Weinheim ist die erste mittlere Veggie-Stadt in unserer Region. Auch Weinheims Gastronomie signalisiert damit umweltbewusstes, klimafreundliches und ethischverantwortliches Handeln.

Donnerstag ist Veggietag in Weinheim:

Weinheimer Restaurants und Betriebskantinen sind eingeladen, am Donnerstag bewusst überwiegend oder ausschließlich fleisch- und wurstfreie Speisen anzubieten. Das dient der Gesundheit; hilft, den Klimawandel abzubremsen und nützt der Umwelt und den Tieren.

Sie sind Gastronom und  bieten bereits vegetarische Gerichte:

Ein guter erster Schritt, ausbaufähig. Am Veggietag stehen fleischlose Speisen und fleischlose Tagesmenüs an erster Stelle. Oder das Speisenangebot umdrehen: Überwiegend vegetarisch – bis auf ein oder zwei Fleischgerichte. Zeigen Sie Ihre kreativen Kochkünste. Nichts überzeugt mehr als eine genussreiche, geschmackvolle, schön servierte Speise. Verweisen Sie auf die Info-Blätter. Kennen die Gäste den Hintergrund, fällt ihnen die Entscheidung noch leichter. Bleibt jemand bei der Wahl eines Fleischgerichts: Er findet bei Ihnen ja immer noch ein Gericht mit Fleisch oder Fisch.

Was wir wollen und was nicht:

Der Veggietag für Weinheim ist gut für Menschen, Tiere, Klima und Umwelt. Er richtet sich gegen niemanden – kein erhobener Zeigefinder gegen den Fleischkonsum generell. Wir werben nicht für eine ausschließlich pflanzliche Ernährung – auch der Sonntagsbraten kann bleiben! Aber wir wollen, dass Weinheimer Bürgerinnen und Bürger nicht nur oder überwiegend täglich Fleisch verzehren, sondern wenigstens einmal pro Woche freiwillig und bewusst fleischlosessen. Richtig zubereitet schmecken vegetarische Gerichte vorzüglich. Der Veggietag lädt ein, sich von professionellen Köchen der Weinheimer Gastronomie köstliches vegetarisches Essen zubereiten zu lassen. Wir wollen den Zusammenhang bewusst machen zwischen geringerem Fleischkonsum und der eigenen Gesundheit, dem Klima- und Umweltschutz, dem Tierschutz und dem Hunger in der Welt. Wer noch auf saisonale, regionale und preisgünstige pflanzliche Lebensmittel achtet – umso besser.

Öffentlichkeitsarbeit:

Das Projekt Veggietag in Weinheim leistet fortlaufend Öffentlichkeitsarbeit.
Wir veröffentlichen auf geeignete Weise die Restaurants, die am Veggietag teilnehmen. Wer von Anfang an dabei ist, läuft nicht hinterher.

Ihr spezieller Service: Informationen für Ihre Gäste. Wir unterstützen so weit wie möglich teilnehmende Restaurants mit Informationen und Handzetteln zur Information der Gäste.

Am Mittwoch, 13. März 2013 abends Kochforum „Veggietag“ in der Alten Druckerei. Donnerstag, 14. März 2013 ist erster „Veggietag in Weinheim“. Info-Telefon: 06201 6876379