Kunst oder gar nichts: „Niveau unter Null“ im Zollhof

Frontale Ästhetik: Helmut van der Buchholz versteigert Kunst

Nur die Winterharten kommen in den Vorgarten der Kunst. Zum 20. Mal fand „Niveau unter Null“ statt – 20 Jahre Untertreibung bei gleichzeitigem Größenwahn. Bei der jährlichen Kunstausstellung, dem Performance-Abend und der abschließenden Auktion des „Büros für angewandten Realismus“ stammen die Exponate nur zu Teilen von ernsthaften Künstlern, vieles entspringt dem Genie und dem Wahnsinn eingetragener „Extremkünstler“. 1983 gingen die Meinungen über die Wertigkeit dieser Veranstaltung noch deutlicher auseinander. So stamme nämlich der Titel „Niveau unter Null“ aus einer Kritik der ortsansässigen Presse, wie die Internetseite der Künstler freimütig zu gibt.

Die Verwechslung mit einer Nonsenseveranstaltung liegt erstmaligen Besuchern sicher nahe. Aber das Einzige, was an den traditionsreichen drei Tagen „unter Null“ liegt, ist die Außentemperatur und nicht das Niveau. Und wenn doch, dann mit gelassener Absicht.

Im alten Lagerhaus in der Zollhofstraße 1 warteten am Samstagabend 200 Exponate auf den jeweils Meistbietenden. Alle Gemälde, Grafiken, Plastiken, Readymades und sogar unsichtbare und daher undankbare Kunst fanden ihren Liebhaber. Bei einem Startgebot von nur einem Eurocent eigentlich auch kein Wunder.

„Niveau unter Null“ ist ein eleganter Spagat zwischen nicht gerade humorlosem Happening und echtem künstlerischen Anspruch. Letzterer wird mitunter auch handwerklich angemessen umgesetzt. Die Stimmung unter den Besuchern ist größtenteils sehr entspannt, es gibt Wodka und Bier statt Champagner und Sekt-Orange und spontane Kunstkritik – auch aus eindeutig wenig berufenen Mündern – wird nicht nur toleriert, sondern geradezu provoziert.

Auktionator Helmut van der Buchholz führte in der nur durch Kunst und eine Gasflasche beheizten Lagerhalle sein Regiment als Auktionator. 197 Mal erteilte er den Zuschlag. Wer ihn erhielt, empfand mit Sicherheit das Gleiche, was gut betuchte Kunstliebhaber bei großen internationalen Auktionen fühlen müssen. Das Glück etwas Einzigartiges zu besitzen, aber oft auch Zweifel und Entsetzen über die zu zahlende Summe, zu der man sich hat hinreißen lassen.

Wie auch sonst in der Kunstwelt bestimmt die Nachfrage den Preis. Bietergefechte zwischen zwei oder drei Parteien waren keine Seltenheit am Samstag. Das zehrt an den Nerven und nur der materielle Besitz des begehrten ästhetischen Objekts kann Linderung verschaffen – oder auch nicht. Denn die Kunst muss mit eigenen Händen noch am gleichen Abend mit nach hause genommen werden, was bei Gemälden auf Stahlplatten mitunter zu ratlose Gesichtern führen konnte.

Wer „Niveau unter Null“ verpasst hat, kann am 17. Dezember beim „Kunstsupermarkt“ auf die Jagd nach einem passenden Objekt gehen. Im neuen Heim des „Büros“ im ehemaligen Umspannwerk in der Raschigstraße 19a präsentieren  die Ludwigshafener Künstler einen Atelierabend mit Kunst für jeden Geldbeutel und Musik von alten Plattenspielern.

www.helmutvan.de

www.angewandter.de