Kirchenpräsident Schad zur Nominierung von Joachim Gauck für das Amt des Bundespräsidenten

Die Nominierung von Joachim Gauck ist ein gutes Zeichen für die Funktionsfähigkeit unserer Demokratie. Dass diese Entscheidung im Konsens der Regierungsparteien und der Oppositionsparteien von Sozialdemokraten und Bündnis90/Die Grünen fiel und von einer parteipolitisch motivierten Kandidatur abgesehen wurde, gibt dem künftigen Präsidenten die Chance, mit seiner besonderen Vertrauenswürdigkeit und Unabhängigkeit Präsident aller Bürgerinnen und Bürger zu werden.

Joachim Gauck hat in seinem bisherigen Leben gezeigt, was die Freiheit eines Christenmenschen konkret bedeutet. In Luthers Schrift aus dem Jahr 1520 stehen die programmatischen Sätze, die das Wirken Joachim Gaucks umreißen: „Ein Christenmensch ist ein freier Herr über alle Dinge und niemanden untertan. Ein Christenmensch ist ein dienstbarer Knecht aller Dinge und jedermann untertan.“

Diese theologische Erkenntnis, nach der die Freiheit des Christenmenschen eine Freiheit von der Angst und eine Freiheit zum Dienst ist, kann Joachim Gauck auch in seiner neuen Aufgabe leiten. Wer diese Freiheit eines Christenmenschen als Geschenk angenommen hat, der kann Verantwortung für andere und für unser Gemeinwesen tragen.

Ich würde mich freuen, wenn ich Joachim Gauck auch in seinem künftigen Amt in der Stadt der Protestation begrüßen könnte, einem Ort, an dem politische Amtsträger eine Entwicklung in Gang gesetzt hatten, die allmählich einer religiösen Toleranz – und dann auch der individuell verstandenen Gewissens-, Glaubens- und Religionsfreiheit den Weg geebnet hat.

Ich wünsche ihm für seine Aufgabe Leidenschaft, Augenmaß und Verantwortungsbewusstsein. Gottes guter Geist möge Ihn dabei leiten.