Im Zentralarchiv können Unterlagen über Kirchenschaffneien eingesehen werden

Archivdirektorin Gabriele Stüber

An Orts- und Kirchengeschichte interessierte Hobbyhistoriker sind im Zentralarchiv der Evangelischen Kirche der Pfalz auf der richtigen Fährte: Dutzende Meter Filmmaterial, auf Microfiches gesichert, dazu hunderte Jahre alte Rechnungsbücher und Urkunden protestantischer „Kirchenschaffneien“ sind beredte Zeugen des konfessionellen Zeitalters.

Kirchenschaffneien entstanden im 16. Jahrhundert, als im Zuge der Reformation das Kirchen- und Klostervermögen neu geordnet wurde. Von zahlreichen Kirchenschaffneien sind im Bereich der pfälzischen Landeskirche vier übrig geblieben: Obermoschel, Kusel, Guttenberg (Kandel) sowie die heutige Herzog-Wolfgang-Stiftung mit Sitz in Zweibrücken. Die ehemalige Kirchenschaffnei Zweibrücken geht auf das Testament von Herzog Wolfgang aus dem Jahr 1568 zurück. Der Herzog hatte bestimmt, dass die Einnahmen der ehemaligen Klöster ausschließlich für Kirchen und Schulen evangelischen Bekenntnisses verwendet werden sollten.

Archivdirektorin Gabriele Stüber vergleicht die Dokumente mit einem „Fenster in die Vergangenheit“. „Anhand der Unterlagen können wir nachvollziehen, wie sich das protestantische Kirchenwesen aufbaute. Eine hochinteressante Quelle für alle, die sich für die soziale und wirtschaftliche Geschichte der Region interessieren.“ Kirchenschaffneien seien vergleichbar mit Stiftungen. Aus Pachterlösen, Grundstücks- und Holzverkäufen seien Schulen und Kirchenbauten finanziert, Pfarrer und Kirchenbedienstete bezahlt, aber auch Bedürftige unterstützt worden. „Die Kirchenschaffnei, verwaltet von einem Schaffner, war die zentrale Verwaltungsstelle für Vermögenswerte“, erklärt Stüber.

Die im Zentralarchiv lagernden Unterlagen bilden nach Stübers Worten „vergangene Lebenswirklichkeiten ab“. Die Historikerin nennt als Beispiel Rechnungen von 1567, die Einnahmen aus der Verpachtung von Wiesen und dem Verkauf von Holz des ehemaligen Klosters Offenbach/Queich dokumentieren. Oder Unterlagen der Kirchenschaffnei Kusel von 1755: „Die Anweisung an den Kirchenschaffner betreffend. Bitte um Unterstützung für die Witwe von J. Jost Hedrich aus Bubach.“

Heute werden die Stiftungsvermögen von Stiftungsräten vor Ort verwaltet. Die Landeskirche habe die Stiftungsaufsicht, erläutert Jill Rohde vom Landeskirchenrat. „Das heißt, wir schauen, dass die Stiftung im Rahmen ihres Stiftungszweckes agiert“, so die Rechtsdirektorin. Dazu legten die Stiftungsräte die jährlichen Haushaltspläne vor. „Alle wirtschaftlichen Entscheidungen trifft die Stiftung selbst“, erklärt Rohde. Stiftungsvermögen dürfe nicht angetastet werden.

Die Unterlagen der Kirchenschaffneien sind für Interessierte im Zentralarchiv zugänglich. Sie etwa Akten der Kirchenschaffnei Lauterecken, die 1969 „wegen erwiesener Leistungsunfähgikeit“ aufgelöst wurde: „Das vorhandene Restvermögen sowie der Erlös aus dem Verkauf des Waldstücks, insgesamt 1763,86 Mark, wurde zu gleichen Teilen auf die fünf Pfarreien Lauterecken, Reichenbach, Theisbergstegen, Neunkirchen und Jettenbach verteilt“.

Hinweis: Weitere Informationen im Internet unter www.zentralarchiv-speyer.de und www.findbuch.net.